| # taz.de -- Die Wahrheit: Adventskalender für rechte Heulsusen | |
| > Die Herren von der Berliner AfD haben sich etwas Besonderes einfallen | |
| > lassen: das peinlichste weiße Weihnachten aller Zeiten. | |
| Bild: Fahrrad im Schnee – keine gute Idee | |
| Wäre die „heute show“ auf die Idee gekommen, hätte das Publikum sich vor | |
| Lachen und Johlen gar nicht wieder eingekriegt, und man sieht Oliver Welke | |
| mit seinem unschuldig grinsenden „Wir haben doch gar nichts | |
| gemacht“-Gesicht direkt vor sich, wie er kleine Clips anmoderiert, in denen | |
| übertrieben heulsusig dargestellte weiße Schießbudenfiguren zu kitschigem | |
| „White Christmas“-Klaviergeklimper vor einer monströs-hässlichen | |
| Weihnachtspyramide wehklagen über die Diskriminierung weißer Männer und | |
| deren Verdienste lobpreisen unter dem Stichwort „Weiße Weihnachten“ und dem | |
| Hashtag #JaZuWeißenMännern. Das wäre eine ziemlich lustige Idee gewesen. | |
| Die allerdings dann doch nicht die „heute show“ hatte, sondern die | |
| AfD-Fraktion Berlin, deren weiße und männliche Abgeordnete nun also in | |
| einem „digitalen Adventskalender“ jeden Tag einen weißen Mann ehren, von | |
| Bertolt Brecht bis zu Papst Johannes Paul II. So weltoffen nämlich ist man | |
| dort, sogar Personen zu würdigen, die mit der gebückten Geisteshaltung der | |
| AfD wirklich gar nichts am Hut hatten. So auch den syrischstämmigen Steve | |
| Jobs. | |
| Dass das halbe Netz sich über dessen Whitewashing nun scheckig lacht, | |
| deutet man bei der AfD als Beleg für „rassistische Hetze“ und argumentiert | |
| dabei streng nach Nürnberger Rassegesetzen: „Wenn sie weiß sind, sind sie | |
| weiß. So einfach ist das. Die Ansicht, ein Halbsyrer könne nicht weiß sein, | |
| vertreten nur Rassisten.“ Außerdem ist er ja auch keine Frau: „Wir sind | |
| sicher, dass er heute in Kalifornien genauso als ‚weißer Mann‘ | |
| diskriminiert würde wie so viele andere. Wir fragen uns: Wäre eine Karriere | |
| wie die seine im Kalifornien von 2018 mit seiner Begeisterung für | |
| Genderismus, politischer Korrektheit und der Abneigung gegen alles, was dem | |
| Zeitgeist nicht huldigt, überhaupt noch möglich?“ | |
| Früher, als weiße Männer noch nicht überall diskriminiert wurden, hatten | |
| sie noch einen strengen Ehrbegriff. Ein militärischer Oberst wie | |
| AfD-Fraktionschef Georg Pazderski, der ganz offensichtlich seine Schlacht | |
| gegen politisch korrekte Frauen, Dunkelhäutige und Genderisten verloren | |
| hat, hätte ohne zu zögern den Vorderlader ergriffen und wäre in den Wald | |
| gegangen, um sich von seiner Schande zu befreien. | |
| Heute produziert er stattdessen einen digitalen Adventskalender und jammert | |
| vor der Kamera über seine Herabwürdigung. Darin kann man durchaus einen | |
| gesellschaftlichen Fortschritt erkennen. Eine Zertrümmerung des klassischen | |
| männlichen Rollenbildes: hysterische emotionale Aufwallungen, irrationale | |
| Gefühligkeit, einfach mal die Tränen in aller Öffentlichkeit fließen lassen | |
| und nicht mehr dauernd den harten Macker markieren müssen – es ist doch | |
| schön, dass auch weiße Männer heute dazu fähig sind. | |
| Und oft hilft es ja, die Dinge wieder klarer zu sehen, wenn man sich mal | |
| richtig ausgeheult hat. Auch für die weißen Männer der AfD besteht also | |
| vielleicht noch Hoffnung. | |
| 14 Dec 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Heiko Werning | |
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