Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ausstellungsempfehlung für Berlin: Der paradoxe Lauf der Dinge
> Bei HORSEANDPONY Fine Arts – einst Metzgerei, dann Dönermanufaktur und
> heute Ausstellungsraum – interpretieren vier Künstler*innen den Fluss von
> Material, Ware und Sinn .
Bild: Anna Solal, „Morning Clouds“, 2018 (Courtesy Anna Solal und New Galer…
Vom Junk-Space zum Running Room, von der Metzgerei zur
Dönerfleischmanufaktur und schließlich zum Kunstraum – in dem Neuköllner
Ladengeschäft von HORSEANDPONY Fine Arts werden die architektonischen
Schichten zum Symbol widersinniger Materialströme. Vier Künstlerinnen
sondieren in der Ausstellung „Running Room“ zwischen Jugenstilkacheln,
cleanen Industriefliesen und roher Backsteinwand den schmalen Raum
zwischen Sinn und Überfluss.
Jesse Darling (s. u.) lässt aus erdigem, noch feuchtem Ton emsige Hände aus
der weißen Fliesenwand hervorlugen, die mit kleinen Bürsten die glatte
Oberfläche zu schrubben scheinen. Doch sobald der Ton trocknet, haften die
Hände nicht mehr und werden in einem paradoxen Lauf der Dinge zu
Dreckspuren an der Wand.
Anna Solal steckt Bilderrahmen aus zerbrochenen Handyscreens zusammen und
füllt sie mit einer handgezeichneten Wolkenromantik während Ari Sariannidis
mit seiner Installation aus Normregalen und Fotografien die sonst so
verdeckten Überwachungssysteme im Warenfluss offenlegt.
Aude Pariset kehrt den Entwertungsprozess um: Wachswürmer ließ sie sich
durch übliche Plastiktüten fressen. Ein Souvenirbeutel mit Katzenmotiv,
eine Alditüte – die Weichtiere nährten sich am Müll unseres Alltags, dessen
durchlöcherte Überreste Pariset nun aufgespannt und gerahmt als Gemälde
reinszeniert – oder als weitere Attrappe im Junkspace, folgt man der
Theorie des Architekten Rem Koolhaas. Eine Tonaufnahme von Koolhaas dringt
schließlich als zynische Botschaft vom offenen Keller in das fein
kuratierte, aber nicht überkuratierte Interieur: „Shopping is there to
eliminate reality“.
Einblick 752: Jesse Darling, Künstler*in
taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt?
Und warum?
Jesse Darling: Ich war ziemlich bewegt von der AA Bronson- bzw. General
Idea-Ausstellung bei Esther Schipper. Und ich mochte „Welt ohne Außen“ im
Martin-Gropius-Bau. Dort habe ich mir auch die Ausstellung von Philippe
Parreno ‑angeschaut, aber mein Kind fand sie irgendwie furchterregend und
ich kann verstehen warum: Hauptsächlich waren es die Besucher selbst, die
dort in demütiger Ruhe auf diesen sanften rotierenden Sofa-Skulpturen saßen
– die Ruhe war totenähnlich, die Atmosphäre begräbnisgleich. Alles Leben
schien aus den Räumen gesogen und von Kunst ersetzt zu sein. Ich glaube,
das heißt, es ist als künstlerische Arbeit erfolgreich, trotzdem mochte ich
es nicht.
Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen?
Ich gehe zur Zeit nicht genug aus, um etwas empfehlen zu können.
Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet dich zurzeit
durch den Alltag?
Immer Wikipedia, aber ich habe gerade ein Buch über Kunst und Theologie mit
dem Titel „Draw Your Weapons“ zu Ende gelesen.
Was ist dein nächstes Projekt?
Dafür müsste ich in meinem Kalender nachsehen.
Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten
Freude?
Ich lebe quasi für meine erste Tasse Kaffee am Morgen und ich liebe es, am
Kanal entlang zu laufen und auf die Vögel zu schauen.
Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg
immer donnerstags in der Printausgabe der taz.
17 Dec 2018
## AUTOREN
Sophie Jung
## TAGS
Kunsträume Berlin
Architektur
Einblick
Kunst Berlin
Palermo
## ARTIKEL ZUM THEMA
Ausstellungsempfehlung für Berlin: Das Denken, ein endloser Loop
Immer im Kreis herum geht es in der Ausstellung von Isabella Fürnkäs, die
gerade bei Italic zu sehen ist. Die taz sprach mit der Künstlerin.
Manifesta 12 in Palermo: Am richtigen Ort
Einen Parcours durch die Zeitgeschichte zeigt Katharina Sieverding. In die
Stadt der Manifesta hat sie der Verein Düsseldorf Palermo gebracht.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.