# taz.de -- Parlamentarische Anfragen in Berlin: Die CDU fragt am fleißigsten | |
> An Rot-Rot-Grün haben die Abgeordneten viel mehr Fragen als an die | |
> Vorgängerregierung, zeigt jetzt eine Statistik. Am wissbegierigsten: Ein | |
> FDP-Innenpolitiker. | |
Bild: Weiß man dank Abgeordneten-Anfrage: Der Regierende Müller (SPD) fährt … | |
Genau 160 ParlamentarierInnen sitzen in dieser Legislaturperiode im | |
Abgeordnetenhaus. Sie sind dafür gewählt worden, der Regierung auf die | |
Finger zu schauen (parlamentarische Kontrolle) und (je nach persönlichem | |
Themenzuschnitt) „ihren“ SenatorInnen an Volkes statt Löcher in den Bauch | |
zu fragen. Parlamentarische Anfrage heißt das Ganze, auf die die zuständige | |
Senatsverwaltung dann antworten muss. | |
In dieser Legislatur legen die Abgeordneten dabei einen geradezu | |
vorbildlichen Arbeitseifer an den Tag, wie jetzt eine Statistik zeigt, die | |
die Nachrichtenagentur dpa am Wochenende veröffentlicht hat. Demnach | |
beantworteten die Senatsverwaltungen in zwei Jahren Rot-Rot-Grün exakt | |
6.226 Anfragen. Zum Vergleich: 2013, nach zwei Jahren Rot-Schwarz, hatten | |
die Abgeordneten nur 2.739-mal eine Nachfrage zur Senatspolitik. | |
Besonders viele Fragen hat erwartungsgemäß die Opposition. Die nun nicht | |
mehr mitregierende CDU-Fraktion kommt auf 1.547 Anfragen, die SPD hingegen | |
nur auf knapp 1.000. Die Fraktion mit dem wenigsten Redebedarf sind die | |
Grünen (789). | |
Den Abgeordneten mit dem größten Wissensdurst stellt wiederum die FDP: | |
Innenpolitiker Marcel Luthe (499 Anfragen) wollte zuletzt im November von | |
der Innenverwaltung wissen, wie es um die „Autos in Berlin“ (Drucksache | |
18/16952) steht. Sinngemäße Antwort: Es geht ihnen so weit gut, sie werden | |
jedenfalls weniger häufig aus Gründen politischer Unzufriedenheit zerkloppt | |
oder angezündet als noch vor ein paar Jahren. | |
Mitunter überrascht diese in umständlichem Amtsdeutsch gehaltene | |
Frage-Antwort-Prosa auch mit so etwas wie Humor. Luthe fragte im | |
vergangenen Jahr unter dem schlichten Titel [1][„Kapitalismus“] bei der | |
linken Standentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) nach, wie sie | |
das denn neulich bei einer Veranstaltung eigentlich gemeint habe: „Wir | |
leben bis zum Hals im Kapitalismus. Das ist das Problem.“ Der Senat, teilte | |
Lompschers Staatssekretär knochentrocken mit, habe sich „zu diesem | |
Grundproblem keine abschließende Meinung gebildet“. | |
## Interessantes gibt es nicht geschenkt | |
Was man an vielen Parlamentarischen Anfragen auch sieht: dass nicht jeder | |
Abgeordneten die Kunst des Fragestellens beherrscht. Denn die | |
Parlamentarische Anfrage kann ein scharfes Schwert sein, aber dafür muss | |
sich die/der ParlamentarierIn in seinem Themengebiet auch tatsächlich | |
auskennen und genau fragen – die interessanteren Daten aus den | |
Senatsverwaltungen gibt es nicht geschenkt. | |
Joschka Langenbrinck (SPD) (Platz zwei mit 416 Anfragen) zum Beispiel | |
piesackt am liebsten Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD). Die | |
Ergebnisse der [2][Vergleichsarbeiten] der Berliner DrittklässlerInnen (sie | |
fielen übrigens semioptimal für die Senatorin aus) erstritt er sich mit | |
einem Hinweis auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu | |
Auskunftsrechten von Abgeordneten. | |
Gerne bieten die Abgeordneten (Small-)Talk-of-the-town verdächtige | |
Nachrichten den Redaktionen ihres Vertrauens „vorab“ an, also bevor sie | |
offiziell auf der Website des Parlaments veröffentlicht werden. Denn | |
natürlich wollen wir liebend gern wissen, welche/r SenatorIn das dickste | |
Auto mit dem höchsten Spritverbrauch fährt. | |
Das Angebot an die Redaktionen: exklusive Infos gegen den Abdruck eines | |
Zitats zum Thema, das er oder sie gern von sich lesen würde. Die | |
Redaktionen wiederum sind dann so frei, zu entscheiden, wann der oder die | |
Abgeordnete die Bühne verdient hat, Frage (und Antwort) also von einer | |
gewissen Relevanz sind. In dem Sinne: Das [3][dickste Auto] hat Michael | |
Müller, 11,6 Liter auf 100 Kilometer, und erfragt hat’s der | |
Grünen-Abgeordnete Georg Kössler. | |
23 Dec 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Berliner-Posse/!5450611 | |
[2] /Berliner-Drittklaessler/!5484085 | |
[3] /Dienstwagenflotte-in-Berlin/!5427120 | |
## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
## TAGS | |
Sandra Scheeres | |
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin | |
Berlin | |
Michael Müller | |
CDU Berlin | |
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin | |
Sandra Scheeres | |
Kapitalismuskritik | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Dienstwagen der Senatsmitglieder: Die Flotte stinkt etwas weniger | |
Immer mehr Regierungsmitglieder von Rot-Rot-Grün fahren Benziner statt | |
Diesel. Ein Fortschritt – aber nicht gut genug. | |
Berliner Drittklässler: Rechtschreibung mangelhaft | |
Die Vergleichsarbeiten Vera zeigen Defizite vor allem in Lesen und | |
Rechtschreibung. Bildungsverwaltung wollte die Ergebnissen erst nicht | |
veröffentlichen. | |
Berliner Posse: Wie hältst du's mit dem Kapitalismus? | |
Man kann sich als Abgeordneter mit Ampelanlagen beschäftigen. Man kann aber | |
auch Grundsatzfragen stellen – so wie der FDP-Mann Marcel Luthe. |