# taz.de -- G20-Gipfel in Argentinien: Annäherung zwischen USA und China | |
> Die USA und China erzielen im Handelsstreit vorerst eine Einigung. Das | |
> Abschlusspapier des G20-Gipfels markiert dagegen Stillstand und | |
> Rückschritte. | |
Bild: Einigung beim Abendessen: US-Präsident Trump und Chinas Präsident Xi Ji… | |
Genf taz | Die einzig konkrete Erfolgsmeldung aus Buenos Aires kam erst | |
nach offiziellem Abschluss des [1][G-20-Gipfels]. Bei einem gemeinsamen | |
Dinner am Samstagabend vereinbarten US-Präsident Donald Trump und der | |
chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping eine vorläufige Einigung in | |
ihrem [2][seit Monaten eskalierenden Handelsstreit]. Die gegenseitigen | |
Strafzölle werden vorerst nicht ausgeweitet. Stattdessen wird neu | |
verhandelt. Allerdings nur 90 Tage lang, wie Trumps Sprecherin Sarah | |
Sanders erklärte. Diese Frist wurde von China bislang nicht bestätigt. | |
Die USA versprachen, ihre bislang schon erhobenen zusätzlichen Zölle auf | |
chinesische Einfuhren im Wert von 256 Milliarden US-Dollar anders als von | |
Trump vor dem G-20-Gipfel angedroht, vorerst nicht zu erhöhen oder | |
auszuweiten. Im Gegenzug sicherte China zu, seine Importe aus den USA zu | |
erhöhen, um das Handelsungleichgewicht zu verringern. „Es war ein | |
erstaunliches und produktives Treffen mit unbegrenzten Möglichkeiten sowohl | |
für die USA als auch China“, erklärteTrump nach dem über | |
zweieinhalbstündigen Abendessen mit Xi Jinping. | |
Der Burgfrieden ist nach Angaben des Weißen Hauses mit einer Frist | |
verknüpft, in der China weitere Konzessionen machen muss. Beide Seiten | |
wollen laut Trumps Sprecherin Sarah Sanders versuchen, ihre Differenzen | |
innerhalb von 90 Tagen zu beseitigen. Wenn bis dahin keine Einigung erzielt | |
werden könne, würden die USA ihre Pläne für eine Erhöhung der Sonderabgaben | |
auf Importe aus China im Wert von 200 Milliarden US-Dollar von zehn auf 25 | |
Prozent doch umsetzen. | |
Vorerst soll diese bisher zum 1. Januar vorgesehene Erhöhung aber | |
ausgesetzt werden. China habe sich im Gegenzug bereit erklärt, eine nicht | |
näher vereinbarte, „aber sehr bedeutende Menge“ an Produkten aus der | |
Landwirtschaft, dem Energie- und Industriesektor sowie anderen | |
Wirtschaftszweigen aus den USA zu importieren, berichtete Sanders. „China | |
hat zugestimmt, von sofort an landwirtschaftliche Waren von unseren Bauern | |
zu kaufen.“ | |
Die neuen Verhandlungen sollen sich mit „strukturellen Veränderungen“ | |
hinsichtlich zwangsweisem Technologietransfer, Urheberrechtsschutz, | |
Marktbarrieren, Cyber-Attacken, Dienstleistungen und Landwirtschaft | |
beschäftigen, erklärte Sanders. Chinas Außenminister Wang Yi bestätigte die | |
Vereinbarung, erwähnte aber die Frist von 90 Tagen nicht. Ziel der | |
Verhandlungen sei es, „alle zusätzlichen Zölle zu beseitigen“ – auch di… | |
Beginn des Handelsstreits schon verhängten 25-prozentigen Zölle auf weitere | |
Einfuhren aus China im Wert von 50 Milliarden US-Dollar. Mit beiden | |
Schritten war die Hälfte aller Importe aus China im Gesamtwert von mehr als | |
500 Milliarden US-Dollar betroffen. Auch würden keine zusätzlichen Abgaben | |
auf weitere Importe erhoben, berichtete der Vizeminister. Wang Yi sprach | |
von einer „wichtigen gemeinsamen Übereinkunft und „sehr positiven und | |
konstruktiven“ Gesprächen. | |
## Keine Verurteilung von Protektionismus | |
Vor der chinesisch-amerikanischen Verständigung verabschiedeten die | |
Teilnehmer des G-20-Gipfels ein gemeinsames Abschlusskommuniqué, dessen in | |
über 50 Verhandlungsstunden mühsam errungene Kompromissformeln Stillstand | |
und Rückschritte markieren im Vergleich zu den Erklärungen früherer Gipfel. | |
Wegen des Vetos der USA fehlt in dem Kommuniqué erstmals die von allen | |
anderen 19 Gipfelteilnehmern angestrebte ausdrückliche Verurteilung des | |
Protektionismus. In der Gipfelerklärung heißt es lediglich, das | |
multilaterale Handelssystem bleibe „hinter seinen Zielsetzungen zurück“, es | |
gebe „Spielraum für Verbesserungen“. Zudem wird ein allgemeines Bekenntnis | |
zur „Reform der Welthandelsorganisation“ aus früheren Gipfelerklärungen | |
wiederholt. | |
Auf Verlangen der USA wurde auch der Begriff des „Multilateralismus“, auf | |
den vor allem Bundeskanzlerin Angela Merkel großen Wert gelegt hatte, aus | |
dem ursprünglichen Entwurf des Dokuments gestrichen. Stattdessen bekunden | |
die G20 nur, „eine regelbasierte internationale Ordnung zu verbessern, die | |
wirksam auf eine sich schnell verändernde Welt reagieren kann“. Beim Thema | |
Klimaschutz wird in dem Papier die Formulierung des Hamburger G-20-Gipfels | |
von 2016 wiederholt. | |
Die 19 Unterzeichner des [3][Pariser Klimaabkommens] bekräftigten, dass das | |
Übereinkommen „unumkehrbar“ sei. Trump ließ seinerseits in dem Kommuniqué | |
festhalten: „Die Vereinigten Staaten bekräftigen ihre Entscheidung, sich | |
aus dem Übereinkommen von Paris zurückzuziehen.“ Mitglieder der | |
US-Delegation verspotteten das Abkommen als „Jobkiller“ und wiesen voller | |
Genugtuung darauf hin, auch die Türkei, China, Russland und andere | |
G-20-Mitglieder würden einen Rückzug aus Abkommen erwägen. | |
## Putin: Ukraine nicht an Frieden interessiert | |
Auch der [4][russisch-ukrainische Konflikt] war ihm Rahmen des G20-Gipfels | |
Thema. Merkel und die Präsidenten Russlands und Frankreichs, Wladimir Putin | |
und Emmanuel Macron vereinbarten neue gemeinsame Verhandlungen mit der | |
ukrainischen Regierung zur Deeskalation des russisch-ukrainischen | |
Konflikts. Putin erklärte mit Blick auf die Regierung in Kiew allerdings | |
auch: „Der Krieg wird weitergehen, solange sie an der Macht bleibt.“ | |
Zum ebenfalls heftig umstrittenen [5][Thema Migration] erklären die | |
G20-Staaten in zwei Sätzen, große Flüchtlingsströme seien ein „globales | |
Anliegen mit humanitären, politischen, gesellschaftlichen und | |
wirtschaftlichen Folgen“. Sie betonten zudem, gemeinsam Fluchtursachen | |
bekämpfen zu wollen. | |
Für den saudischen Machthaber Mohammed bin Salman gab es beim G20-Gipfel | |
einen freundlichen Empfang – trotz seiner höchstwahrscheinlichen | |
Verantwortung für die [6][Ermordung des regimekritischen Journalisten Jamal | |
Khashoggi], von der im Gegensatz zu Präsident Trump auch der | |
US-Geheimdienst CIA überzeugt ist. Trump und seine Tochter Ivanka | |
unterhielten sich am Rande des Gipfels freundlich mit dem Kronprinzen. | |
Fast schon überschwänglich fiel die Begrüßung zwischen Salman und Putin | |
aus, die sich kumpelhaft in die Hände klatschten. Anschließend nahmen die | |
beiden Männer nebeneinander Platz und unterhielten sich angeregt. Berichten | |
zufolge haben sich die beiden Ölförderländer Russland und Saudi-Arabien auf | |
eine Verringerung der Fördermengen verständigt, um den Rohölpreis zu | |
stabilisieren. | |
## Gute Stimmung zwischen China und Saudi-Arabien | |
Freundlich äußerte sich auch Chinas Staatschef Xi Jinping gegenüber Prinz | |
Mohammed. Xi Jinping unterstütze die Reformpläne der Führung in Riad | |
ausdrücklich, berichtete die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua. China | |
werde zudem mit dem Königreich weiter in Bereichen zusammenarbeiten, die | |
ihre Kerninteressen berührten, versicherte Xi Jinping dem Prinzen demnach. | |
Kritischer war die Begrüßung des saudischen Machthabers durch Macron. | |
Frankreichs Präsident sprach Salman laut Elysée-Palast auf den Fall | |
Khashoggi und die von Saudi-Arabien angeführte Militäroffensive im Jemen | |
an. Der französische Präsident verlangte demnach, internationale Experten | |
in die Ermittlungen zum gewaltsamen Tod von Khashoggi einzubeziehen, und | |
betonte die Notwendigkeit einer „politischen Lösung“ im Bürgerkriegsland | |
Jemen. | |
In einem von Mikrofonen aufgenommenen Wortwechsel der beiden ist zu hören, | |
wie Prinz Mohammed zu Macron auf Englisch „keine Sorge“ sagt. Macron | |
antwortet darauf: „Ich bin besorgt.“ Unklar war jedoch, worauf sich diese | |
Äußerungen bezogen. | |
Die Forderung des türkischen Präsidenten Erdogan nach unabhängigen | |
internationalen Ermittlungen durch die UNO zum Tod von Khashoggi fand in | |
Buenos Aires keine Unterstützung. Stattdessen bekräftigt das | |
Abschlusskommuniqué, dass der übernächste Gipfel 2022 in der saudischen | |
Hauptstadt Riad stattfinden soll. | |
2 Dec 2018 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
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