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# taz.de -- Ankerzentrum in Bamberg: Feuer und Zerbrochene Scheiben
> Erneut gab es in einem Ankerzentrum Zusammenstöße zwischen Bewohnern und
> Polizei. Kritiker mahnen, diese Form der Unterbringung fördere Konflikte.
Bild: Feuerwehrleute mussten mehrere Zimmer des Ankerzentrums löschen
München taz | Am Dienstagmorgen gegen 0.45 Uhr gab es im Ankerzentrum
Bamberg einen massiven Zusammenstoß zwischen der Polizei und Asylbewerbern,
die in der Einrichtung untergebracht sind. Der Polizei zufolge wollte der
Sicherheitsdienst der Anlage wegen Ruhestörung in einer Wohnung
einschreiten. Die Security sei attackiert worden, die Flüchtlinge hätten
sich in der Wohnung verbarrikadiert.
Die Polizei war mit insgesamt 100 Beamten im Einsatz. Diese seien mit
Gegenständen, auch Pflastersteinen, beworfen worden. Fensterscheiben wurden
eingeschmissen, in der Wohnung brach Feuer aus, das von der Feuerwehr
gelöscht wurde. Bewohner im Stockwerk über der Wohnung flüchteten auf den
Balkon, von wo sie in Sicherheit gebracht wurden.
Neun Menschen erlitten Rauchvergiftungen und mussten behandelt werden, ein
Polizist wurde leicht verletzt. Neun Flüchtlinge wurden vorläufig
festgenommen. Gegen sie wird wegen schwerem Landfriedensbruch und schwerer
Brandstiftung ermittelt. Die Festgenommenen sind laut Angaben eines
Polizeisprechers zwischen 16 und 28 Jahre alt. Den entstandenen Sachschaden
schätzte die Polizei auf 100.000 Euro.
## Lagerähnliche Zustände in Ankerzentren
Seit August dieses Jahres werden alle in Bayern neu ankommenden Flüchtlinge
zentral in den insgesamt sieben Ankerzentren des Freistaats untergebracht.
Dort müssen sie bleiben, bis über ihren Asylantrag entschieden wurde und
geklärt ist, ob sie ein Bleiberecht erhalten oder nicht.
Es ist nicht die erste Eskalation in einer solchen Einrichtung: Vor sechs
Wochen brachen in einer [1][Unterkunft im niederbayerischen
Stephansposching], das zum Zentrum Deggendorf gehört, Randale und Protest
aus, als ein Flüchtling aus Sierra Leone abgeschoben werden sollte. Aus
einer Unterkunft in Schweinfurt wurde schon zweimal über Messerstechereien
berichtet.
Kritiker sehen in den Zentren lagerähnliche Unterkünfte, in denen keine
Integration möglich sei. Immer wieder protestieren Menschen gegen die
Ankerzentren und kritisieren, dass die Unterbringung menschenunwürdig und
die Chancen auf ein faire Asylverfahren beschnitten seien.
## Abschiebung im Dunkeln
„12 bis 15 Personen leben in Bamberg in einer Wohnung auf engstem Raum
zusammen“, sagt etwa Thomas Bollheim vom Bayerischen Flüchtlingsrat. Einer
der beteiligten Flüchtlinge habe nach dem aktuellen Vorfall ausgesagt,
zuerst habe ein Security-Mitarbeiter einen Asylbewerber geschlagen,
daraufhin sei die Situation eskaliert.
Die generelle Stimmung in der Unterkunft beschreibt Bollheim als „gereizt“,
vor allem in der Nacht. Die Flüchtlinge würden kaum schlafen, auch aus
Angst vor Abschiebungen, [2][die in der Regel in der Nacht erfolgen].
Im Ankerzentrum Bamberg, wo Wohnhäuser eines früheren
US-Militärstützpunktes genutzt werden, sind laut Auskunft der Regierung von
Oberfranken derzeit 1.268 Personen untergebracht. Die Belegung, so ist es
festgelegt, sollte die Zahl von 1.500 nicht übersteigen. Die Menschen
stammen aus 28 Ländern, von Afghanistan über Marokko bis Togo. Unter den
jetzigen Flüchtlingen sind 483 Frauen sowie 291 Kinder und Jugendliche
unter 18 Jahren.
Mehrfach haben die Regierungen der zuständigen bayerischen Bezirke darüber
beraten, wie das Konfliktpotenzial in den Ankerzentren reduziert und
Ausschreitungen wie die in Bamberg verhindert werden könnten. Bisher kann
die Regierung Oberfranken allerdings nur mitteilen: „Nach Abschluss der
Ermittlungen werden auch die Erkenntnisse aus diesem Vorfall in die
Prozesse und Sicherheitskonzepte Einzug finden.“
11 Dec 2018
## LINKS
[1] /Aktivistin-ueber-Seehofers-Ankerzentren/!5526089
[2] /Ankerzentren-in-Bayern/!5548527
## AUTOREN
Patrick Guyton
## TAGS
Ankerzentren
Abschiebung
Bayern
Integration
Flüchtlinge
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Geflüchtete
Horst Seehofer
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