| # taz.de -- Bilanz Prostituiertenschutzgesetz: Alle unzufrieden | |
| > Das Prostituiertenschutzgesetz ist seit Mitte 2017 in Kraft. Die Bilanz | |
| > in Bremen: Es gibt nur wenige angemeldete Sexarbeiter*innen – dafür umso | |
| > mehr Kritik am Gesetz. | |
| Bild: Viel Sexarbeiter*innen bleiben lieber anonym | |
| Bremen taz | Rund 115 Sexarbeiter*innen haben sich bisher in Bremen gemäß | |
| den Vorschriften des neuen Prostituiertenschutzgesetzes angemeldet. So geht | |
| es aus einem Bericht des Wirtschaftssenators hervor. Das ist nur ein | |
| geringer Teil derer, die schätzungsweise in diesem Milieu arbeiten. Der | |
| Verein Nitribitt, der sich für die Rechte von Sexarbeiter*innen einsetzt, | |
| sieht die Probleme vor allem im Gesetz. Auch Senator Martin Günthner (SPD) | |
| äußert sich dazu kritisch. | |
| Das Prostituiertenschutzgesetz trat Mitte 2017 bundesweit in Kraft. Es | |
| schreibt eine amtliche Anmeldung aller Sexarbeiter*innen vor. Mit Namen, | |
| Meldeadresse, Staatsangehörigkeit und Arbeitserlaubnis sowie mit zwei Fotos | |
| müssen umfangreiche persönliche Daten abgegeben werden. | |
| „Allerdings ist es dabei möglich, einen Alias-Ausweis zu erhalten. Damit | |
| können die Nutzer*innen ihren echten Namen geheim halten und unter einem | |
| Pseudonym arbeiten“, erklärte Marita Wessel-Niepel, Leiterin der Abteilung | |
| für Gewerbe- und Marktangelegenheiten. Mit der Anmeldung gingen ärztliche | |
| wie sozialpädagogische Beratungsgespräche einher. | |
| Personal- und Raummängel hätten in Bremen dafür gesorgt, dass erst im | |
| Oktober diesen Jahres mit einer konsequenten Umsetzung begonnen werden | |
| konnte, so Senator Günthner. | |
| Zeitweise seien deshalb Übergangsbescheinigungen ausgestellt worden. 584 | |
| Stück wurden davon beantragt. Anträge für die regulären Bescheinigungen | |
| gibt es nun gerade mal 115. 54 davon seien neue Anmeldungen, bei denen | |
| zuvor keine Übergangsformulare vorlagen. | |
| Die ausgestellten Dokumente gleichen einem „Prostituiertenausweis“, so | |
| nennt es Nitribitt. Bei der Arbeit muss dieser Ausweis nun mitgeführt | |
| werden – Geldbußen drohen bei Nicht-Anmeldung. | |
| Wessel-Niepel erklärte, zum Schutz vor Zwangsprostitution müsse es | |
| Kontrollen, Razzien und Durchsuchungen geben. „Die Polizei wird nach und | |
| nach die Bereiche auftun, in denen keine Anmeldungen stattgefunden haben. | |
| Hier kann interveniert und Beratung angeboten werden.“ Hierfür wurden die | |
| Kompetenzen der Polizei ausgebaut, sie darf nun Bordellräume ungefragt | |
| betreten und Einsicht in diverse Unterlagen einfordern. | |
| ## Schwierige Umsetzung | |
| Auch einige Dienstleistungen wurden im Gesetz verboten, etwa sexueller | |
| Kontakt ohne Kondome. Schon die Werbung dafür ist nun strafbar. „Allein | |
| hier sieht man eine gewisse Fragwürdigkeit. Mir stellen sich hunderte | |
| Fragen, was die Umsetzung dieser Regulierung angeht“, so Günthner. | |
| Außerdem regelt das Gesetz die Spielräume von Bordell-Betreiber*innen. | |
| Betriebskonzepte, Bauauflagen, Hygienevorgaben, sowie genaue Buchführung | |
| über Arbeitszeiten und Geldauszahlungen werden seit Sommer letzten Jahres | |
| vorgeschrieben. | |
| Nitribitt kritisiert das Gesetz scharf. Die Sexarbeiter*innen würden | |
| schikaniert, so die zweite Vorsitzende Sabiene Bolz. „Nicht überall wo | |
| Schutz draufsteht, ist auch Schutz drin“ sagt sie. Die Regelungen seien | |
| nicht im Sinne der Prostituierten. | |
| ## Gesellschaftliches Umdenken | |
| Für sie sei ein gesellschaftliches Umdenken die Alternative, die einen | |
| tatsächlichen Schutz gewähren würde: „Wir brauchen einen offenen Umgang mit | |
| dem Thema Sexarbeit – statt ewige Restriktion.“ Prostitution müsse als | |
| Beruf wie jeder andere verstanden werden. Bolz bezeichnet das Gesetz als | |
| Schnellschuss – und einen Trugschluss in Fragen der Sicherheit. | |
| Dass das Gesetz Zwangsprostitution reguliere und verringere, sieht Bolz | |
| nicht. In der jetzigen Form betreffe es lediglich freiwillige | |
| Arbeiter*innen. „Die Frauen, die von Zwangsprostitution betroffen sind, | |
| sind meist illegal in Deutschland. Eine Registrierung würde für sie die | |
| Offenlegung dieses Status bedeuten. Sie würden direkt abgeschoben – und | |
| registrieren sich eben deshalb nicht.“ | |
| Dass die Umsetzung des umstrittenen Vorhabens in Bremen so lange gedauert | |
| habe, sei, so Bolz, problematisch. „Die neue Stelle, die die mit der | |
| Registrierung einhergehenden Beratungen anbietet, schwebt zwischen | |
| Wirtschaft, Sozialem und Gesundheit. Da sind Verantwortlichkeiten schwer zu | |
| klären.“ | |
| 11 Dec 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Lea Schweckendiek | |
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