# taz.de -- Großes Ägyptisches Museum in Gizeh: Die sechs Streitwagen Tutench… | |
> Das neue Große Ägyptische Museum soll 2020 eröffnen. Zu der | |
> altägyptischen Sammlung zählen 20.000 Artefakte, die erstmals öffentlich | |
> gezeigt werden. | |
Bild: Die Baustelle für das größte archäologische Museum der Welt. Dahinter… | |
Wenn es fertig ist, soll es das größte archäologische Museum der Welt | |
werden. Doch noch wird hektisch gebaut am Großen Ägyptischen Museum, das | |
bei seiner Eröffnung in zwei Jahren 50.000 Stücke aus der altägyptischen | |
Zeit zeigen wird. Darunter auch erstmals den gesamten Fund aus dem 1922 | |
entdeckten Grabes des Pharaos Tutenchamun. | |
Schon jetzt macht die Baustelle, direkt neben den Pyramiden von Gizeh, | |
großen Eindruck, mit ihrer Fassade aus Glas und Alabaster. Im riesigen | |
Atrium, in dem später einmal die ganz großen Artefakte, vor allem die | |
kolossalen pharaonischen Statuen ausgestellt werden sollen, wacht schon | |
jetzt die 3.200 Jahre alte und 80 Tonnen schwere Statue des Pharaos Ramses | |
II. über der Baustelle. Sie wurde bereits Anfang des Jahres als eine Art | |
pharaonische Vorhut hierher gebracht. Stoisch erträgt der einst größte | |
altägyptische Feldherr den Baulärm um ihn herum. | |
Das neue Museum auf einer Fläche von 50 Hektar ist fünfmal so groß wie das | |
116 Jahre alte ägyptische Nationalmuseum auf dem Tahrirplatz im Zentrum | |
Kairos, wo sich heute die altägyptische Sammlung befindet. Im neuen Museum | |
werden die Besucher von der prähistorischen Zeit bis hin zur Zeit der | |
Griechen und Römer in Ägypten geleitet. Sie werden sich zwischen | |
Architektur, wie ganzen Tempelwänden, Kunst und Kleinkunst bewegen. 20.000 | |
Artefakte sollen dabei erstmals einer Öffentlichkeit zugänglich gemacht | |
werden, Stücke, die bisher in Lagerräumen ihr Dasein gefristet hatten, weil | |
es nicht genügend Ausstellungsfläche gab. | |
## Die gesamten Funde aus dem Grab | |
Ein Beispiel sind die Funde des Grabes Tutenchamuns, das 1922 von Howard | |
Carter entdeckt worden war. „Bisher wurden nur 1.800 Stücke aus dem | |
Grabfundus gezeigt. Im Grab wurden allerdings über 5.400 Artefakte | |
gefunden. Das Große Ägyptische Museum wird zum ersten Mal die gesamten | |
Funde aus dem Grab zeigen“, erzählt Tarek Tawfik, der Direktor des neuen | |
Museumsprojekts, in fließendem Deutsch. Der Ägyptologe hat eine deutsche | |
Mutter und hat in Deutschland promoviert. | |
Erstmals durfte ein Team des ORF-Studios in Kairo auch die Labors und | |
Werkstätten besuchen, in denen die zukünftigen Ausstellungsstücke | |
hergerichtet werden. „Es ist das größte Restaurationszentrum der Welt im | |
Moment, mit 17 spezialisierten hochmodernen Laboren. Hierher wurden seit | |
2010 bislang 44.000 Artefakte transportiert, davon sind bereits 38.000 | |
Artefakte restauriert und konserviert worden. Über hundert Restaurateure | |
und Spezialisten arbeiten hier“, sagt Tawfik stolz bei einer Führung durch | |
die Labors. | |
Besonders delikat bei der Restaurierung sind die über 3.000 Jahre alten | |
Textilien, schildert er. Aber auch im Labor für Holz wird eifrig | |
gearbeitet. Sechs Streitwägen Tutenchamuns, die erstmals hier an einem Ort | |
zusammengebracht wurden, müssen hergerichtet werden, ebenso wie die Betten | |
des Pharaos. | |
## Objekte aus 1.000 einzelnen Stücken zusammenfügen | |
„Wie lange man für die Restauration eines Objekts braucht, hängt ganz von | |
seinem Zustand ab. Manchmal dauert es ein Jahr, manchmal nur eine Woche. Es | |
spielt natürlich auch eine Rolle, wie groß das Objekt ist“, erklärt der | |
Leiter der Holzabteilung Ahmad Abdel Rabo. Der Restaurateur hat ganz andere | |
Vorlieben als die späteren Besucher des Museums. „Normalerweise freut man | |
sich, ein möglichst gut erhaltenes Objekt vor sich zu sehen. Ich als | |
Restaurator sehe aber am liebsten ein Objekt in desolatem Zustand vor mir. | |
Das erfüllt mich mit Stolz, aus 1.000 einzelnen, kaputten Stücken ein | |
Objekt zusammenzufügen“, beschreibt er. | |
Die Vorgabe der ägyptischen Regierung lautet, dass es keine Teileröffnung | |
geben soll und alle Galerien bis zur Eröffnung 2020 fertig sein sollen. | |
„Das erhöht den Druck auf die Mitarbeiter, um dies in den vorgegebenen | |
Zeiten zu schaffen. Aber da wir bereits 38.000 Artefakte konserviert und | |
restauriert haben, ist das eine durchaus machbare Aufgabe“, meint der | |
Museums Direktor Tawfik. Dabei hat er aber eine ganz klare Prämisse: „Das | |
Stück braucht so lange zur Restaurierung, wie es eben braucht. Wenn ein | |
Artefakt bis zur Eröffnung nicht fertig sein sollte, dann ist es eben nicht | |
fertig. Denn das Artefakt ist unantastbar und unersetzbar“, erläutert er | |
kompromisslos. | |
Seien es Textilien, Leder oder Holz, hier geht es nicht darum, den | |
Ursprungszustand der Artefakte wieder herzustellen, um zu zeigen, wie sie | |
vor über 3.000 Jahren aussahen. „Die neue Schule der altägyptischen | |
Restauration gibt sich Mühe, das Artefakt, wie es ist, zu stabilisieren. | |
Falls von einer Statue ein Arm oder Bein fehlt, wird das nicht | |
nachmodelliert. Auch die Farben werden nicht verstärkt“, erklärt er. | |
Schließlich sei bereits beeindruckend, dass sich die Artefakte über so | |
viele 1.000 Jahre erhalten hätten. | |
Jetzt gilt es für die Öffentlichkeit zu warten, bis alle Stücke restauriert | |
und der Museumsbau 2020 fertig ist. Aber was sind schon die zwei Jahre bis | |
zur Eröffnung? Für Ramses II. und seine 3.200 Jahre alte Statue, die schon | |
jetzt im Atrium im Baulärm ausharrt, ist das nicht viel mehr als ein | |
winziger Klacks in der Geschichte. | |
9 Dec 2018 | |
## AUTOREN | |
Karim El-Gawhary | |
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