# taz.de -- Fans dürfen nicht gegen AfD protestieren: Politik hat Stadionverbot | |
> Nachdem sie im Stadion gegen die AfD protestierten, hat der VfB Oldenburg | |
> seinen Fans verboten, politische Banner zu zeigen. Das wirft Fragen auf. | |
Bild: Bunt soll draußen bleiben: Fankurve des VfB Oldenburg | |
Bremen taz | Anhänger des VfB Oldenburg sollen ihre politische Meinung im | |
Stadion nicht mehr äußern, wenn es nach der Vereinsführung geht. Nachdem | |
viele Fans des Viertligisten der Fußballregionalliga Nord gegen einen in | |
Oldenburg stattgefunden [1][Parteitag der AfD Ende Oktober] protestiert | |
hatten, sind ihnen Plakate und Banner gegen Rechts verboten worden. Während | |
eines Heimspiels habe der Sicherheitsdienst im Stadion versucht, | |
antirassistische Plakate und Banner zu entfernen. | |
Diese und weitere Vorwürfe machen Fans ihrem Verein in einem mehrseitigen | |
„Lagebericht“, der den Titel „Neutralität in Zeiten des Rechtsrucks“ t… | |
[2][Veröffentlicht wurde er auf der Website des Vereins „VfB für alle“] �… | |
einer alters- und lagerübgreifenden Fan-Initiative gegen Diskriminierung, | |
die 2015 für ihr zivilgesellschaftliches Engagement mit der | |
DFB-Auszeichnung des Julius-Hirsch-Preises ausgezeichnet wurde. Der Verein | |
hat sich bislang nicht zu den Vorgängen geäußert. | |
Nicht zuletzt infolge dieses Schweigens haben laut Fan-Verein nach rechts | |
offene Fan-Gruppen in der Kurve an Dominanz gewonnen. Zuletzt sei es bei | |
einem Auswärtsspiel beim SSV Jeddeloh aus den Fanclubs „Ammerländer Jungs“ | |
und „Suburban“ zu sexistischen, homophoben und antiziganistischen Gesängen | |
gekommen. Eine Person aus der Gruppe sei zudem gegenüber einer Frau mit | |
Regenbogen-Fahne tätlich geworden. | |
Im Umfeld des ehemaligen Fanprojekts, in dem heute die ehrenamtliche | |
Oldenburger Fan-Initiative sitzt, sei zudem mit „Zecken klatschen“ gedroht | |
sowie der Hitlergruß gezeigt worden. Die darüber informierte Vereinsführung | |
um den Geschäftsführer Benjamin Doll habe davon nichts wissen wollen und | |
die Vorgänge weitestgehend ignoriert, heißt es in dem Schreiben. Umso | |
pikanter wird das, weil die Fans dem Vereinsboss sogar eine gewisse | |
freundschaftliche Nähe zu einzelnen der nach rechts offenen Fan-Gruppen | |
nachsagen. | |
## VfB Oldenburg sind unsolidarisch | |
Nicht nur das wirft ein paar Fragen auf: Doll ist beim VfB Oldenburg seit | |
Anfang des Jahres als Geschäftsführer tätig. Zuvor war er Marketingleiter | |
beim Hammer SV in Nordrhein-Westfalen. Auch dort hat er sich schon einmal | |
in Widersprüche verwickelt, nachdem er [3][zusammen mit Rechtsradikalen in | |
einem Fanbus gesessen haben soll]. | |
Beim VfB Oldenburg ist das Klima laut dem Fan-Verein seit Saisonbeginn | |
rauher geworden. Seitdem hängt die Regenbogen-Flagge nicht mehr im Stadion | |
und eine geplante Infotafel mit verbotenen rechten Klamottenmarken wird | |
nicht aufgestellt. Ein Fan-Gedenken an das jüdische Gründungsmitglied | |
Leonard Moses Hirschtick ignorierte der VfB Oldenburg. Eine von Fans | |
erbetene Solidaritätsbekundung des Vereins für eine Mitarbeiterin des | |
Fanprojekts blieb aus: Bei ihr war eingebrochen worden, ihr Mobiliar wurde | |
mit Hakenkreuzen beschmiert. | |
Der Verein will sich zu den offenen Fragen nicht äußern. Auch auf | |
mehrmaliges Nachfragen der taz gibt es keine offizielle Stellungnahme. Der | |
ehrenamtliche Sprecher sei beruflich verhindert und der Geschäftsführer | |
ausnahmslos in Terminen, hieß es. Erst für den Donnerstagvormittag kündigte | |
der Verein eine ausführliche Antwort an. | |
Gegenüber den Fans hatte es als Grund für das Banner-Verbot geheißen, der | |
VfB Oldenburg sei konfessionell und politisch ‚neutral.‘ In einer | |
schriftlichen Mitteilung an die Fans von Vorstand, Geschäftsführung und | |
Sicherheitsbeauftragten hieß es, dass schriftliche Äußerungen diesbezüglich | |
nicht mehr zugelassen seien. Banner, Spruchbänder und Choreografien, die | |
über die Selbstdarstellung der Fangruppen hinausgingen, müssten zukünftig | |
angemeldet werden. Nicht angemeldete Plakate würden künftig entfernt. | |
Die Fans wünschen, dass sich diese eigenartige Vereinspolitik wieder | |
ändert: „Viele Jahre ist es uns gemeinsam mit den Verantwortlichen beim VfB | |
gelungen, für ein Klima im Stadion Sorge zu tragen, bei dem sich die | |
Menschen in geschützter Atmosphäre wohl fühlen können.“ Es sei wichtig, | |
schreiben sie, dass sich der Verein weiterhin deutlich für Menschenrechte | |
und gegen Rassismus positioniere. „Das Stadion ist kein apolitischer Raum.“ | |
Gerade jetzt, wo der Rechtsruck die Grenzen des Sagbaren und die | |
gesellschaftlichen Diskurse zunehmend nach rechts verschöben, sei es | |
wichtig, Position zu beziehen und eine klare Haltung einzunehmen. Lange | |
habe man sich schwer damit getan, mit den Vorwürfen an die Öffentlichkeit | |
zu gehen – aber man habe sich nicht ernst genommen gefühlt. | |
## Beim Fandialog mit Innenminister Pistorius (SPD) gibt es einiges zu | |
besprechen | |
[4][Jonas Gabler] von der staatlich geförderten „Kompetenzgruppe | |
Fankulturen und Sportbezogene Soziale Arbeit“, kann die Haltung des Vereins | |
nicht nachvollziehen. Der Politikwissenschaftler und Fan-Experte, der zu | |
Ultras und Rechtsextremismus geforscht hat, sagt: „Ich fühle mich | |
zurückversetzt in die Achtziger: Es ist fatal, wenn man nicht in der Lage | |
ist, Diskriminierung im Stadion zu unterbinden und dann auch noch Fans | |
Steine in den Weg legt, die sich aktiv gegen Diskriminierung einsetzen.“ | |
Neutralität hieße ja nicht, dass ein Verein sich nicht gegen rechte | |
Positionen positionieren dürfe. Das täten Vereine wie Werder Bremen und | |
Eintracht Frankfurt schließlich auch. „Ganz bestimmt muss man als Verein | |
auch keine parteipolitische Neutralität in der Kurve durchsetzen. Der | |
Verein unterbindet ja ebenso wenig jede Diskriminierung in der Kurve, auch | |
wenn möglicherweise in der Satzung steht, dass Diskriminierung unerwünscht | |
ist“, sagt Gabler. Die Vorwürfe durch „VfB für alle“ hält er für durc… | |
glaubwürdig. Deswegen hat er gemeinsam mit knapp 90 anderen Institutionen | |
und Personen eine [5][Solidaritätserklärung mit den Oldenburger Fans] | |
unterzeichnet. | |
Passend dazu findet am heutigen Donnerstag im Oldenburger Sportpark | |
Donnerschwee der dritte niedersächsische Fandialog mit Innenminister Boris | |
Pistorius (SPD) statt. Unter dem Titel [6][„Wohin steuert der Fußball – Das | |
Stadion spricht!“] soll über Konflikte innerhalb von Vereinen und Verbänden | |
diskutiert werden. In Oldenburg gibt es da offensichtlich einiges zu | |
besprechen. | |
5 Dec 2018 | |
## LINKS | |
[1] /!5546302/ | |
[2] http://www.vfbfueralle.de/?p=1406 | |
[3] https://www.wa.de/sport/hamm/nach-nazi-vorfaellen-beim-lippstadt-polizei-kr… | |
[4] /!5133897/ | |
[5] http://www.vfbfueralle.de/?p=1389 | |
[6] http://www.mi.niedersachsen.de/aktuelles/presse_informationen/dritter-niede… | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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