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# taz.de -- Macron zu Protesten in Frankreich: Diplomatie mit den Gelbwesten
> Die DemonstrantInnen sind entschlossen, weiter zu protestieren.
> Frankreichs Regierung will verhandeln. Doch mit wem eigentlich?
Bild: Spuren der Proteste am Triumphbogen im Zentrum Paris'
Paris taz | Frankreich kommt auch nach dem Wochenende der Straßenschlachten
nicht zur Ruhe. Im Netz zirkulieren bereits Aufrufe zum „Vierten Akt“ im
laufenden Drama: die Gilets jaunes setzen ihren Protest fort. Am Montag
wurden in der französischen Hauptstadt zerschlagene Schaufenster von
geplünderten Geschäften repariert, ausgebrannte Autos abtransportiert und
die Reste der Barrikaden beseitigt.
Vor dem Triumphbogen, dessen mit Slogans besprühte Fassaden bereits
gesäubert worden sind, knipsten Touristen ihre Souvenirfotos. Die Spuren
der schweren Krawalle vom Samstag versinnbildlichen, dass Staatspräsident
Emmanuel Macron vor einem politischen Scherbenhaufen steht. Schuld an der
Eskalation ist er weitgehend selbst. Für ihn scheint dies aber keineswegs
ein Grund für einen Kurswechsel oder Selbstkritik zu sein.
Er setzt eher auf Repression als auf Versöhnung: Schon am Nachmittag
mussten rund 60 der mehr als 400 am Samstag bei den Zusammenstößen
Festgenommenen im Schnellverfahren vor Gericht antreten. Sie riskieren bis
zu sieben Jahre Gefängnis. Wie Justizministerin Nicole Belloubet bestätigt
hat, sollen die Schuldigen streng bestraft werden. Macrons Priorität ist
es, seine angekratzte Autorität als gewähltes Staatsoberhaupt gegen die
immer radikaleren Forderungen der „Gelben Westen“ zu verteidigen.
Macron hält sich weiterhin zurück. Er hat seinem Premierminister, Edouard
Philippe, den Auftrag gegeben, zuerst mit Vertretern der Parteien, der
Regionen und danach mit repräsentativen Sprechern der Protestbewegung über
einen Ausweg aus der Krise zu verhandeln. Das Problem des Regierungschefs
besteht darin, dass niemand wirklich repräsentativ ist für diese
vielschichtige, nicht identifizierbare und unberechenbare Bewegung. Wer
immer sich als SprecherIn zeigt, wird von der Basis wieder verunglimpft.
Vor einer Woche wurden in einem Onlineverfahren acht WortführerInnen
nominiert. Daraufhin wurde ihre Wahl derart kritisiert, dass sie nicht mehr
als Gesprächspartner auftreten konnten.
## Sich ausweitende Protestbewegung
Für Dienstag hat Premierminister Philippe eine zehnköpfige Delegation der
Gelbwesten zu einem Verhandlungsgespräch eingeladen. Zwei dieser aus den
Medien bekannten Personen, nämlich die bretonische Hypnosetherapeutin
Jaclin Mouraud und Benjamin Cauchy, ein Kleinunternehmer aus Toulouse,
haben ihr Fernbleiben bereits angekündigt – da sie Morddrohungen erhalten
haben. Ohnehin hatte Mouraud zuvor ihre Teilnahme von der Erfüllung der
Hauptforderungen der Bewegung abhängig gemacht. Dazu gehört die Rücknahme
der geplanten Erhöhung der Treibstoffabgaben am 1. Januar 2019.
Brenzlig wird die Lage für die Regierung aber auch deshalb, weil nun andere
Bewegungen von der Dynamik der Gilets jaunes profitieren und diese
gleichzeitig unterstützen wollen. So waren am Montag rund hundert
Mittelschulen besetzt worden. Auch die Studentengewerkschaften rufen dazu
auf, sich mit den Aktionen der Gelbwesten zu solidarisieren.
Spektakulär war am Montag auch eine Aktion der selbständigen
AmbulanzfahrerInnen, die wie die Gelbwesten mit rund 300 Fahrzeugen die
Pariser Seine-Brücke zwischen der Concorde und der Nationalversammlung
blockiert haben. Sie protestieren damit gegen eine Reform, die das Geschäft
des Patiententransports für die Konkurrenz öffnen soll. In anderen Städten
haben sich Gewerkschaften mit Kaufkraftforderungen den Gelben Westen
angeschlossen. Eine solche „Konvergenz der Kämpfe“, von der die Linke in
Frankreich träumte, hätte der Staatsführung gerade noch gefehlt.
3 Dec 2018
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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