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# taz.de -- Kommentar Mord an Jamal Khashoggi: Her mit den Beweisen!
> Die These von der Drahtzieherschaft des mächtigen Autokraten in Riad
> klingt schlüssig. Aber Vermutungen helfen nicht weiter.
Bild: Es gibt Hinweise, dass der Kronprinz in den Mord verwickelt ist – aber …
Es war ein typisches Trump-Statement, das der US-Präsident am Dienstag
[1][zu der Frage abgab], ob der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman
über den Mord an Jamal Khashoggi im Bilde war: „Vielleicht war er es und
vielleicht war er es nicht!“ Nun [2][hagelt es Kritik]. Doch so klar, wie
es viele BeobachterInnen darstellen, ist die Lage nicht.
Seit Wochen setzt sich die Darstellung durch, dass Kronprinz MbS den Mord
an dem Journalisten persönlich angeordnet habe oder zumindest über den Plan
informiert gewesen sei – dass die Tat also in seinem Interesse gewesen sei.
Das deutet [3][die türkische Regierung] an, und davon [4][gehen auch die
CIA] wie ein Großteil der internationalen Medien aus.
Von [5][wenigen Recherchen] abgesehen, basiert diese These auf Tonaufnahmen
des Tathergangs sowie auf Audio-Mitschnitten von abgefangenen
Telefongesprächen. [6][Ausgewählte Informationen] aus diesem Tonmaterial
haben die Behörden in Ankara türkischen und amerikanischen Medien
zugespielt. Im Fall Khashoggi treiben nicht die Medien die Regierungen vor
sich her, sondern bestimmen Geheimdienste, was wann an die Öffentlichkeit
gelangt.
Zugegeben: Die These von der Drahtzieherschaft des mächtigen Autokraten in
Riad klingt schlüssig. Doch die Betonung liegt auf „klingt“. Dass „kaum
mehr jemand“ an ihr zweifelt, wie etliche [7][KommentatorInnen schreiben],
ist kein Beweis.
## Jeder Jura-Erstsemestler würde nur lachen
Die drei Hauptargumente, mit der die These unterfüttert wird, sind bei
genauerem Hinsehen mehr als fragwürdig: Erstens haben türkische
Geheimdienstler [8][der New York Times] von einem Telefonat Mahir Mutribs
berichtet, eines Mitglieds des Spezialteams, das Khashoggi wohl umgebracht
hat. Seinem Gesprächspartner soll Mutrib nach der Tat gesagt haben, er
solle „seinem Chef“ Bescheid geben, dass die Tat vollbracht sei. Wer war
der Chef? Natürlich: MbS. Jeder Jura-Erstsemestler würde über diese
Beweisführung nur lachen.
Zweitens zeigen [9][mehrere Fotos] den Kronprinzen in Begleitung Mutribs.
Die Aufnahmen weisen darauf hin, dass Mutrib im Sicherheitsteam des
Kronprinzen tätig war. Es gibt also Verbindungen. Dass aber MbS der
Auftraggeber war, ist damit aber noch lange nicht bewiesen.
Das dritte Argument ist kaum der Rede wert: Der mächtige Kronprinz muss von
einer so aufwendig durchgeführten Tat gewusst haben. MbS wusste also
Bescheid, weil er Bescheid gewusst haben muss. Ein Zirkelschluss.
Zusammengefasst: Es gibt Hinweise, dass MbS hinter der Tat steckt. Wissen
tun wir es nicht. Was sich dagegen mit Sicherheit sagen lässt: MbS und der
eigentliche König des Landes, sein Vater Salman, tragen die politische
Verantwortung für die grausame Tat – egal, was genau passierte.
## Ein Stop der Waffenexporte nach Saudi-Arabien ist richtig
Sollte die Ermordung tatsächlich, wie die Saudis behaupten, auf ein
schiefgelaufenes Verhör zurückgehen, scheinen nicht nur ihre Verhörmethoden
mehr als fragwürdig zu sein. Auch die Vertuschungsversuche nach der Tat
lassen die Saudis als Partner demokratischer Staaten ausscheiden.
Sollte hinter der ganzen Aktion dagegen ein „tiefer Staat“ stecken, also
ein Teil des Sicherheitsapparats, der der saudischen Führung um MbS gezielt
schaden wollte, dann hat der regierende Kronprinz seinen Laden ganz
offensichtlich nicht im Griff.
So oder so: Dass Deutschland Waffenexporte nach Saudi-Arabien ausgesetzt
hat, ist richtig und [10][ohnehin längst überfällig] (auch wenn das nur von
sehr kurzer Dauer sein dürfte). US-Präsident Trump sollte dem folgen, statt
die exzellente Partnerschaft mit den Saudis zu betonen, wie er es in seiner
[11][grotesken Erklärung] am Dienstag tat.
Doch statt Tag für Tag Vermutungen über die Drahtzieherschaft
wiederzukäuen, bis diese so oft wiederholt worden sind, dass sie als
Wahrheit erscheinen, sollten wir uns auf die Beweislage konzentrieren. Die
türkische Regierung sowie das CIA müssen offenlegen, worauf sie ihre
Vermutung stützen, dass MbS hinter der Tat steckt. Die Öffentlichkeit hat
ein Recht darauf, all die möglichen Beweise zu Gesicht und zu Gehör zu
bekommen, von denen seit Wochen die Rede ist. Also her mit den Aufnahmen!
21 Nov 2018
## LINKS
[1] https://www.whitehouse.gov/briefings-statements/statement-president-donald-…
[2] https://www.welt.de/newsticker/news1/article184229740/Kriminalitaet-Kritik-…
[3] /Kommentar-Erdoan-zu-Khashoggi/!5541253
[4] https://www.washingtonpost.com/world/national-security/cia-concludes-saudi-…
[5] https://www.nytimes.com/2018/10/16/world/middleeast/khashoggi-saudi-prince.…
[6] https://www.haberturk.com/yazarlar/cetiner-cetin/2225860-inkar-ve-itiraf-ka…
[7] http://www.spiegel.de/politik/ausland/jamal-khashoggi-die-eu-muss-sanktione…
[8] https://www.nytimes.com/2018/11/12/world/middleeast/jamal-khashoggi-killing…
[9] https://www.nytimes.com/2018/10/16/world/middleeast/khashoggi-saudi-prince.…
[10] /!5551857/
[11] https://www.whitehouse.gov/briefings-statements/statement-president-donald…
## AUTOREN
Jannis Hagmann
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