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# taz.de -- Ausstellungsempfehlung für Berlin: Häuser ohne die, die darin woh…
> In Azade Kökers Rauminstallationen aus Papierhäuschen sind Traumata
> eingeschrieben. Die taz sprach mit der Künstlerin.
Bild: Azade Köker, „Relikte der Stadt“, 2018. Installationsansicht aus der…
Wohnt hier wer? Wer hat hier einmal gewohnt? Und warum nicht mehr? Die
Hochhausstädten nachempfundenen Rauminstallationen von [1][Azade Köker]
sind fragile Gebilde. Und verletzt erscheinen sie auch. Die Künstlerin
stellt sie aus zartem Japanpapier her, das sie vorher um gebrauchte,
rostige Baumaterialien wickelt, sodass es aussieht, als ob getrocknetes
Blut an den dünnen Häuserwänden klebte.
Im Falle von „Relikte der Stadt“ hat Köker mit Gaze eingegriffen, als wolle
sie Wunden verbinden. Die Wunden der Häuser, Menschen sind keine mehr da,
ihre Traumata – ausgelöst vielleicht durch Kriege oder Umweltkatastrophen –
haben sich aber anscheinend in die Architekturen eingeschrieben.
Es sind absolut unwirtliche Behausungen, deren düstere Wirkung noch
unterstreicht, dass sie ausgerechnet in den eleganten Räumlichkeiten der
[2][Zilberman Gallery] – in der Beletage eines Charlottenburger
Gründerzeithauses – ausgestellt sind.
Die einzigen Menschen, denen man in Kökers Ausstellung begegnet, sitzen
bezeichnenderweise auf Kampfjets – auf textilen Bildcollagen. Oben drauf,
nicht innen drin. Vorbild für diese seien die in Fluggeräte verwandelten
Eier bei Hieronymus Bosch, wie Köker erklärt. Kampfjet statt Ei, Zerstörung
statt Leben.
Köker bezieht sich in „Verblendet“ auf Paul Virilios „Die Verblendung in
der Kunst“, in dem dieser kritisierte, Kommunikationstechnologien würden
die Wahrnehmung der Umwelt verzerren. Köker will offenbar entgegenwirken,
Sehen und Fühlen lehren. Die Haptik ihrer Arbeiten ist der Schlüssel zu
beidem.
Einblick 750: Azade Köker, Künstlerin
taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt?
Und warum?
Azade Köker: Ich habe mir kürzlich die ständige Ausstellung von Helmut
Newton angeschaut. Im Unterschied zu Malerei stellt sich bei Fotografie für
den Betrachter von selbst der Wunsch ein, zu wissen, was, wo und wann
fotografiert wurde. All das macht bei den Bildern von Helmut Newton das
Ganze aus. Jede Realität hat eine Verbindung mit einer anderen Realität. In
allen Bildern Helmut Newtons fand ich ihn selbst, seine Haltung, sein
Weltbild, seine Verletzlichkeit und seine Ängste.
Hinzu kommt der formalistische Ansatz, mit dem er die gestalterischen und
methodisch-fotografischen Probleme abhandelt. Die kommerzielle Welt hat
Newton weltbekannt gemacht und vielleicht dadurch ausgenutzt, aber
innerhalb dieser glamourösen Unterhaltungsgesellschaft ist er Künstler
geblieben. Für uns Künstler ist das so wichtig, immer man selbst zu
bleiben.
Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen?
Ich besuche in den letzten Jahren fast nur Konzerte und Klubs im Ausland,
wie das Bimhuis in Amsterdam (Sun Ra Arkestra) oder das Babylon in
Istanbul.
Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet dich zurzeit
durch den Alltag?
Paul Virilios „Die Verblendung der Kunst“.
Was ist dein nächstes Projekt?
Ich werde weiter über Möglichkeiten nachdenken, in meinen Installationen
und Interventionen im öffentlichen Raum eine Begegnung zwischen Ereignis
und Kommunikation zu schaffen, die es Menschen erlaubt, eine neue
Erkenntnis und Erfahrung mit Raum und Zeit zu machen.
Die Ästhetik der Wohnräume wird bereits von den Designern übernommen,
unsere künstlerische Sorge besteht darin, die Raumrealität als neue
Realität zu dekonstruieren und auf diese Weise eine neue Gedankengrammatik
für den gewählten Raum zu schaffen.
Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten
Freude?
Ich liebe Rosen.
Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg
immer donnerstags in der Printausgabe der taz.
28 Nov 2018
## LINKS
[1] http://www.azadekoeker.com/
[2] http://www.zilbermangallery.com/
## AUTOREN
Beate Scheder
## TAGS
Einblick
Kunst Berlin
Installation
Einblick
Kinshasa
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