# taz.de -- Die Wahrheit: Bombige Spitznamen | |
> Es ist nicht ganz ungefährlich, im Flugverkehr wie anderswo, wenn man den | |
> gleichen brutalen Kosenamen trägt wie Ex-Fußballprofi Gerd Müller. | |
Der Pilot wollte gerade umdrehen und zurück nach Cardiff fliegen. Jemand im | |
hinteren Teil des Flugzeugs hatte mehrmals „Bomber!“ gebrüllt, und die | |
Stewardess informierte daraufhin den Piloten. Der Rufer war David Moran, | |
der die Aufmerksamkeit seines Freundes Eoin Liston fünf Reihen vor ihm | |
erregen wollte. Was die Stewardess nicht wusste: Listons Spitzname ist | |
„Bomber“. | |
Er und Moran gehörten einer Reisegruppe von 30 Mann an, die einen Ausflug | |
zum Pferderennen nach Cheltenham in Gloucestershire gemacht hatten und nun | |
auf dem Rückweg ins südirische Cork waren. Liston hatte früher Gaelic | |
Football, den irischen Nationalsport, für eine Grafschaftsauswahl gespielt. | |
Seinen Spitznamen haben ihm seine Freunde schon Anfang der siebziger Jahre | |
verpasst, weil er als rundlicher Knabe aussah wie Bayern Münchens | |
Mittelstürmer Gerd Müller, der „Bomber der Nation“. Da der Sitznachbar ihm | |
gerade das Ohr mit einer langweiligen Geschichte abkaute, hatte Liston die | |
Rufe Morans nicht gehört. Der googelte auf seinem Telefon geschwind Listons | |
Namen, um die Kabinenbesatzung von der Harmlosigkeit seines Freundes zu | |
überzeugen. | |
Man muss mit Spitznamen vorsichtig sein, das hätte man schon längst auch | |
Gerd Müller sagen sollen. Aber auch mit dem richtigen Namen kann man | |
Schwierigkeiten kriegen. Ende der siebziger Jahre, als ich noch in Berlin | |
wohnte, durfte ich vier geschlagene Jahre lang nicht in die DDR einreisen. | |
Ein Grund wurde mir nicht genannt. Schließlich schickte mir ein Freund, den | |
ich schon lange aus den Augen verloren hatte, einen Zeitungsbericht über | |
einen Ralf Sotscheck, und der war Großmeister der nationalen | |
Freimaurerloge. „Sieh mal an, was aus Dir geworden ist“, schrieb er | |
erstaunt. | |
Wer konnte ahnen, dass es einen zweiten Ralf Sotscheck in Berlin gab? Ich | |
meldete mich sofort beim DDR-Innenministerium: „Das bin ich nicht.“ Prompt | |
durfte ich wieder einreisen. Erst als ich später meine Stasi-Akte bekam, | |
stellte ich fest, dass man mich gar nicht mit dem Freimaurer verwechselt | |
hatte. Man hielt mich in Wirklichkeit für einen Kurier des Dissidenten | |
Robert Havemann, den ich aber nie getroffen habe. Vermutlich glaubten die | |
DDR-Behörden wegen meiner für sie rätselhaften Beteuerung, ich sei kein | |
Freimaurer, dass es sich bei mir um einen harmlosen Spinner handelte. | |
Selbst Tippfehler können manchmal verhängnisvoll sein. Ich hatte einer | |
Freundin namens Iris eine E-Mail geschickt, um ihr zu einer | |
Kunstinstallation zu gratulieren. „Glückwunsch, Iris, zu der erfolgreichen | |
Aktion“, schrieb ich. Sie verbot mir daraufhin jeden weiteren | |
Mailkontakt. Aus Versehen hatte ich „Isis“, englisch für den IS, statt | |
„Iris“ getippt. Es war der Tag nach dem IS-Anschlag auf den Berliner | |
Weihnachtsmarkt. Seitdem lese ich jede Mail genau durch, bevor ich sie | |
abschicke. Und meine CDs der US-Rockband The Killers habe ich | |
vorsichtshalber weggeschmissen. | |
26 Nov 2018 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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