# taz.de -- Startpage führt neue Funktion ein: Weniger Spuren bei Suche im Netz | |
> Anonym im Netz surfen, ohne etwas zu installieren – das soll eine | |
> Funktion der Suchmaschine Startpage bieten. Fachleute sind skeptisch. | |
Bild: Wer kennt es nicht: Im Netz ein Produkt suchen und danach wochenlang Werb… | |
BERLIN taz | Egal ob Schuhe, Smartphone oder die Kaffeemaschine: Nutzer, | |
die sich im Internet nach einem Produkt umsehen, machen häufig die | |
Erfahrung, dass sie danach wochenlang Werbung für eben selbes erhalten. Vor | |
dem dahinterstehenden Sammeln von persönlichen Daten will die | |
niederländische Suchmaschine [1][Startpage] die Nutzer nun mit einer neuen | |
Funktion schützen: Ein anonymer Modus soll das Surfen im Internet | |
ermöglichen, ohne Spuren zu hinterlassen – das Installieren einer | |
speziellen Software ist dafür nicht nötig. Die neue Option, die in den | |
vergangenen Wochen bereits testweise lief, soll am Wochenende standardmäßig | |
für alle Nutzer zu sehen sein. | |
Wer bislang bei Startpage sucht, bekommt [2][die von Google gelieferten | |
Suchergebnisse angezeigt, ohne dass persönliche Daten an den US-Konzern | |
gehen]. Doch dieser Schutz endet, sobald ein Nutzer über einen der | |
Such-Treffer die Seite aufruft und dort weiter surft. Persönliche Daten wie | |
IP-Adresse oder gesetzte Cookies gehen mindestens an den Seitenbetreiber, | |
in der Regel aber noch an mehrere Dutzend Unternehmen, die Werbung, Inhalte | |
oder zum Beispiel die Schrift auf der Seite ausliefern. Wer das verhindern | |
will, hat dafür unterschiedliche Tools zur Auswahl, wie den | |
Anonymisierungs-Browser Tor. Startpage verspricht nun, dass Nutzer ganz | |
ohne Installation oder spezielle Kenntnisse anonym im Netz unterwegs sein | |
können. „Wir wollen, dass auch Leute geschützt werden, die keine Ahnung | |
haben, wie sie ein Anti-Tracking-Tool oder ein VPN installieren“, sagt | |
Sprecher Jörg Bauer. | |
Dahinter steckt ein technisches Konstrukt, das – vereinfacht – so | |
funktioniert: Wer über Startpage beispielsweise die Seite example.com | |
aufruft und auf den Anonymisierungs-Link klickt, bekommt die Seite nicht | |
direkt vom Anbieter ausgeliefert. Stattdessen schaltet sich ein weiterer | |
Server – ein sogenannter Proxy – dazwischen. Der soll, so verspricht es | |
Startpage, Inhalte, die den Nutzer überwachen könnten, ausschalten. Für den | |
Nutzer soll das keinen Unterschied machen: Zwar dauert das Laden am Anfang | |
des anonymen Modus einen Tick länger. Danach ist die Geschwindigkeit aber | |
die gewohnte. Nur ein schmaler lilafarbener Rahmen um die Seite weist auf | |
den anonymen Modus hin. | |
Ein Test mit taz.de zeigt: Die Seite sieht aus wie gewöhnlich, lädt auch | |
nicht merkbar langsamer. Doch der Startpage-Proxy liefert nicht alle | |
Webseiten so unproblematisch aus – mal laden Fotos nicht, woanders baut | |
sich die Seite nicht vollständig auf. Und Videodienste wie YouTube | |
funktionieren derzeit gar nicht, hier sind aktuell nur graue Kästen zu | |
sehen. Laut Firmensprecher Bauer soll das im kommenden Frühjahr behoben | |
sein. Er rechnet auch damit, dass Seitenbetreiber künftig versuchen werden, | |
es der Anonymisierungsfunktion möglichst schwer zu machen. Schließlich | |
seien sie an den Nutzerdaten interessiert. | |
## Anonym statt offenes W-LAN | |
Nicht alle sind jedoch davon überzeugt, dass Nutzer im anonymen Modus | |
komplett unerkannt unterwegs sind. „Es gibt zahlreiche Punkte, an Hand | |
derer Nutzer doch identifiziert werden könnten, zum Beispiel die im Browser | |
installierten Erweiterungen“, sagt Mario Heiderich. Sein Unternehmen Cure53 | |
führt unter anderem sogenannte Penetration-Tests durch, mit denen Systeme | |
auf ihre Sicherheit getestet werden. Den Nutzer vor einem Großteil der | |
problematischen Inhalte zu schützen, halte er für realistisch, er bezweifle | |
aber, dass hundert Prozent erreicht werden könnten. Sogar renommierte | |
Werkzeuge wie der Tor-Browser könnten Anonymität nicht garantieren. | |
Heiderich empfiehlt Nutzern, unterschiedliche Browser-Profile anzulegen, | |
das ist heute mit wenigen Klicks möglich. In einem sollten sie dann | |
möglichst datensparsam unterwegs sein. | |
Padeluun vom Datenschutz-Verein Digitalcourage rät zum bewussten Umgang mit | |
Diensten. Zwar sei es zweifellos besser, Startpage zu nutzen als Google. | |
Und im anonymen Modus unterwegs zu sein, biete immer noch mehr Schutz „als | |
das offene W-LAN am Flughafen“. Aber genau wie bei anderen Anbietern von | |
Anonymisierungs-Diensten müssten die Nutzer letztlich selbst entscheiden, | |
ob sie hier Startpage vertrauen. Die Funktion immer und überall zu | |
verwenden und sich darauf zu verlassen, dass man komplett unerkannt | |
unterwegs sei, sei daher keine gute Idee. Er befürchtet sogar, dass einfach | |
zu benutzende, datenschutzfreundliche Dienste Menschen davon abhalten, | |
[3][selbst aktiv zu werden]. Sich mit dem Thema zu befassen, den | |
Tor-Browser zu installieren oder selbst einen schützenden Heimserver | |
aufzusetzen. | |
Auch Startpage-Sprecher Bauer sagt: „100 Prozent sind in der IT nie zu | |
erreichen, aber wir bieten 99 Prozent.“ So würden sie etwa sofort | |
reagieren, wenn sie eine Sicherheitslücke oder ein Skript entdeckten, dass | |
den Nutzer tracken könnte. | |
15 Nov 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.startpage.com/ | |
[2] /Alternativen-fuer-die-Suche-im-Internet/!5027622 | |
[3] /Debatte-Datenschutz-im-Netz/!5459006 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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