# taz.de -- Dokumentation „Mission Wahrheit“: Die „Times“ in Zeiten der… | |
> Eine kluge Doku nähert sich der „New York Times“ in Trump-Zeiten an. Sie | |
> startet mit der Amtseinführung und begleitet die Redaktion ein ganzes | |
> Jahr. | |
Bild: Trump und weitere Trolle – schwere Zeiten für die Presse | |
„Früher sprach die Wahrheit für sich selbst“, sagt der amerikanische | |
New-York-Times-Redakteur Matthew Rosenberg. Man hört häufig, dass früher | |
alles besser gewesen sein soll; das typische Klagelied der Nostalgischen. | |
Doch im Bereich der News scheint man auch ohne konservative Beißreflexe | |
schnell zustimmen zu können: Noch vor etwa fünf Jahren haben Wörter wie | |
[1][„Fake News“] oder „alternative Fakten“ niemandem etwas gesagt. | |
Heute bedeutet die Wahrheit zu melden immer weniger, denn Trolls, Bots und | |
US-Präsidenten haben längst den Diskurs verschoben. Das ist sicher nicht | |
nur ein Problem für Nachrichten und Zeitungen, sondern auch für | |
Dokumentarfilmer, deren Arbeit sich stets und unmittelbar an ihrer | |
Richtigkeit messen lassen muss. Wahrscheinlich war dies der Antrieb für | |
„Mission Wahrheit“, der neuen Dokumentar-Serie der amerikanische Filmerin | |
Liz Garbus, die sich in den letzten Jahren sowohl politischen als auch | |
kulturellen Themen zugewandt hatte. Ob amerikanische Kriegsverbrechen („The | |
Ghosts of Abu Ghraib“) oder Schachspieler („Bobby Fisher Against the | |
World“) oder auch unlängst die Soul-Sängerin Nina Simone ist das Feld ihrer | |
Arbeit breit gefächert. | |
Ihre Beschäftigung mit der New York Times, eine der größten und | |
angesehensten US-amerikanischen Tageszeitungen, begann noch vor der Wahl | |
Donald Trumps zum Präsidenten. Doch als dieser, entgegen der Erwartung der | |
meisten, gewählt wurde, wandelte sich die Ausgangslage des Projekts. Mit | |
einer gewissen Vorsicht öffnete die Politikredaktion ihre Türen der | |
Filmerin. Und das Jahr war nicht arm an Ereignissen: Russlandverwicklungen, | |
die Affäre um James Comey, den ehemaligen FBI-Chef, aber auch die | |
#MeToo-Debatte. | |
So beginnt „Mission Wahrheit“ mit der Amtseinführung des neuen Präsidenten | |
und begleitet die Redaktion ein ganzes Jahr. Entstanden sind fast vier | |
Stunden (aufgeteilt auf 4 mal 52 Minuten) äußerst spannendes Material, die | |
am Dienstag von Arte hintereinander ausgestrahlt werden. | |
## Die Skandaldichte treibt die Handlung voran | |
Von Erstaunen und Ungläubigkeit bis hin zu Wut und Trauer zeigt die Serie | |
alle Gemütszustände, die man aufseiten der Redakteur*innen auch hätte | |
vermuten dürfen. Vor allem Erschöpfung ist ein wiederkehrendes Thema, doch | |
ist sie kurzweilig inszeniert – die Themen sind zu spannend; so wirken die | |
vier Stunden eher wie zwei, was sicherlich eine große Leistung ist. Die | |
Skandaldichte des neuen Präsidenten treibt die Handlung voran, darüber | |
hinaus sieht man die aufwendige Arbeit der Redakteure, die stunden-, tage- | |
und wochenlang Storys entwickeln – alles in launigen Bildern, untermalt vom | |
Soundtrack von Trent Reznor von Nine Inch Nails. | |
Man hätte befürchten dürfen, dass sich das Thema Nachrichtenredaktion | |
schnell abnutzt. In den letzten zwei Jahren hat man medieninterne | |
Diskussionen sowohl off- als auch online verfolgen dürfen. Facebook-Filter | |
und Netzwerkdurchsetzungsgesetz waren nur zwei hot topics. | |
Die Komplexität des digitalen Strukturwandels fällt häufig gedanklichen | |
Schnellschüssen zum Opfer. Wie werden Twitter und Konsorten die | |
(Print-)Medien weiter vor Probleme stellen, wenn es um die prompte | |
Informationsbereitstellung geht? Was können Zeitungen und Magazine heute | |
noch bieten, was man eben nicht in 280 Zeichen fassen kann? Wie sehr werden | |
Desinformationsportale unsere tägliche Auseinandersetzung bestimmen? Und | |
[2][wie soll man mit einem Präsidenten umgehen], der [3][Reporter als die | |
„Feinde des Volkes“ bezeichnet]? | |
Die ganze Bandbreite dieser Diskurse kann und möchte die Serie gar nicht | |
von einer Expertenposition behandeln und zeigt stattdessen viel mehr, wie | |
sich die Arbeitswelt der Reporter heute schon gewandelt hat. Einige | |
Stolperer im Feld der sozialen Medien bleiben da nicht aus und werden hier | |
gezeigt, doch nicht verteufelt. „Mission Wahrheit“ deutet an, was sich in | |
den nächsten Jahren noch ergeben wird im Feld der Medien und lässt den | |
Protagonisten – vom Chefredakteur bis zum Volontär – genügend Platz, um | |
selbst zu mutmaßen. | |
6 Nov 2018 | |
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## AUTOREN | |
Lars Fleischmann | |
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