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# taz.de -- Berliner Kandidaten für die EU-Wahl: Europa ist nicht mehr nur fü…
> Der Kampf ums EU-Parlament beginnt. Einige Parteien haben ihre Kandidaten
> schon gewählt, am Wochenende folgen Grüne und CDU. Sicher ist: Viele sind
> jung.
Bild: Hier wollen die Kandidatinnen und Kandidaten hin: Das Europa-Parlament in…
Berlin wird nach der Europawahl am 26. Mai 2019 fast komplett mit neuen
Gesichtern im Straßburger Parlament vertreten sein. Allein bei der
Linkspartei deutet sich Kontinuität an. Bei den anderen im Abgeordnetenhaus
vertretenen Parteien hingegen – SPD, CDU, Grüne, AfD und FDP – treten an
aussichtsreicher Stelle durchweg nur Frauen und Männer an, die bislang
keine Europaparlamentarier sind.
An diesem Wochenende stellen Grüne und CDU ihre Kandidaten auf. Die SPD hat
sich schon im Juni festgelegt, die FDP folgte vor einer Woche. Die AfD
nominiert Mitte November, die Linkspartei erst Ende Februar. In Politrente
gehen im Mai unter anderem der grüne Verkehrsexperte Michael Cramer und
der frühere CDU-Landeschef Joachim Zeller.
Die 96 deutschen Sitze im Europäischen Parlament werden allein über die
Kandidatenlisten der Parteien vergeben, Wahlkreise wie bei Landtags- oder
Bundestagswahlen gibt es nicht. Den meisten Parteien liegt aber durchaus
daran, auf ihrer Liste Kandidaten möglichst vieler Landesverbände
unterzubringen, um bei dem vielen Wählern fernen Thema Europa regional
verankert zu sein.
Die einzige Partei ohne Bundesliste ist die CDU: Weil in Bayern die CSU
antritt, muss sie in jedem der anderen 15 Bundesländer eine Landesliste
aufstellen. Kleinere Landesverbände müssen bangen, einen Sitz für eigene
Leute zu bekommen. Das gilt auch für Berlin, auch wenn die hiesige CDU
stets einen Mann – eine Frau noch nie – im Europaparlament hatte. „Es ist
immer knapp“, sagt Generalsekretär Stefan Evers.
Der 39-Jährige galt selbst als interessiert an einem Sitz in Straßburg, wo
die meisten Plenarsitzungen des Parlaments ablaufen; in Brüssel tagen
vorwiegend die Ausschüsse. Das zeigt schon, dass längst nicht mehr der
lange zu hörende Spruch gilt: „Hast du einen Opa, schick ihn nach Europa.“
Was so viel hieß wie: verdienten älteren Parteifreunden einen gut bezahlten
Karriereausklang zu verschaffen. Europaabgeordnete verdienen mit rund
10.000 Euro so viel wie Bundestagsmitglieder, erhalten aber zudem
Sitzungsgelder von mehr als 300 Euro pro Tag.
Evers’ mögliche Kandidatur war allerdings schon im Vorfeld des
CDU-Europaparteitags am Samstag passé: Intern einigte man sich vorher auf
den in den Medien viel präsenten bisherigen Bezirksstadtrat von Mitte,
Carsten Spallek. Er soll die Landesliste anführen.
Auf Platz zwei, aber ohne Chance, tatsächlich ins Europaparlament zu
kommen, folgt Abgeordnetenhausmitglied Hildegard Bentele (42). Auch für den
47-jährigen Spallek sind Straßburg und Brüssel alles andere als ein
Abschiebebahnhof. Und das Mandat bleibt mit ihm in der Hand der CDU Mitte:
der aktuelle EU-Parlamentarier Zeller, 66, war in dem Bezirk lange
Bürgermeister und wie Spallek Stadtrat.
Noch deutlicher als bei der CDU fällt der Generationenwechsel bei den
Grünen aus: Auf den 69-jährigen Cramer, seit 2004 im Europaparlament,
dürfte höchstwahrscheinlich der mit 31 Jahren nicht mal halb so alte Erik
Marquardt folgen. Marquardt, ein früherer Bundeschef der Grünen Jugend, ist
vor allem mit Fotodokumentationen von Flüchtlingsrouten aufgefallen und
engagiert sich bei Hilfsaktionen im Mittelmeer.
Als Fotograf war er im August bei der Klausurtagung der
Grünen-Abgeordnetenhausfraktion in Hamburg dabei. Chancen auf
aussichtsreiche Plätze auf der Grünen-Bundesliste haben dem Vernehmen nach
ebenfalls Hannah Neumann (33), Anna Cavazzini sowie Sergey Lagodinsky (42).
Zu einer radikalen Verjüngung konnte sich die SPD bei ihrem Parteitag im
Juni nicht durchringen: Dort setzte sich die 57-jährige Gabriele Bischoff,
eine zuvor manchen Parteimitgliedern kaum oder gar nicht bekannte
langjährige Gewerkschaftsfunktionärin mit Europa-Schwerpunkt gegen die
25-jährige Juso-Landesvorsitzende Annika Klose durch. Die Noch-Abgeordnete
Sylvia-Yvonne Kaufmann (63) verlässt das Parlament nächsten Mai nach 15
Abgeordnetenjahren für die PDS, die Linkspartei und zuletzt die SPD, zu der
sie 2009 wechselte.
## Linke mit Schirdewan-Enkel
Die Linke, die sich erst im Februar festlegt, wird voraussichtlich als
einzige größere Partei in Berlin Kandidaten aufstellen, die schon einen
Sitz in Straßburg und Brüssel haben. Martin Schirdewan (43), der nach
Wunsch der Parteiführung sogar an der Spitze der bundesweiten Liste stehen
soll, rückte bereits Ende 2017 ins Parlament nach. Er ist der Enkel von
Karl Schirdewan, in den 1950ern hinter Walter Ulbricht einer der starken
Männer in der SED, 1958 aber geschasst.
Martina Michels (63), 22 Jahre lang Mitglied im Berliner Abgeordnetenhaus
und seit 2013 im Europaparlament, tritt zwar auch wieder an. Und vom
Linkspartei-Landesvorstand heißt es, man gehe davon aus, dass sie „einen
guten vorderen Platz“ auf der Kandidatenliste bekommt. Dass der Berliner
Landesverband aber zwei aus seinen Reihen ins EU-Parlament bringt – bei der
Europawahl 2014 gewann die Linkspartei insgesamt nur sieben Sitze –, gilt
allerdings nicht als sicher.
Die Berliner FDP hofft auf ein Comeback im EU-Parlament, wo sie von 2009
bis 2014 mit Alexandra Thein vertreten war. Schaffen soll das für sie der
gebürtige Belgier Carl Grouwet (53). Er ist als wissenschaftlicher
Mitarbeiter im Bundestag mit dem Parlamentsbetrieb gut vertraut und war in
mehreren Positionen Kulturmanager.
Aus dem Landesverband der AfD gelten Hugh Bronson und Michael Adam als
aussichtsreichste Berliner Bewerber beim Bundesparteitag Mitte des Monats.
Bronson ist im Abgeordnetenhaus europapolitischer Sprecher seiner Fraktion
und trat bereits 2014 erfolglos bei der Europawahl an. Adam wiederum ist
Pankower Bezirksvorsitzender der AfD.
9 Nov 2018
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Schwerpunkt Europawahl
Europaparlament
Abgeordnetenhaus
Monika Grütters
Schwerpunkt Europawahl
Lesestück Interview
Europäische Union
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