| # taz.de -- Israel ehrt Berliner: Rettung im Häuschen am See | |
| > Zwei Tage vor dem Gedenken an die Novemberpogrome der Nazis ehrt Jad | |
| > Vaschem zwei Berliner, die Juden in höchster Not vor dem Tod bewahrten. | |
| Bild: Stolz auf die Vorfahren: Anneke Kim Sarnau (links), Urgroßnichte von Han… | |
| Hans Söhnker (1903–1981) gehört nicht unbedingt zu den Schauspielern, die | |
| dem heutigen Publikum noch geläufig sind. Wer erinnert sich noch an den | |
| „Forellenhof“ von 1965 oder gar an den „Zarewitsch“ von 1933? | |
| Wohl noch mehr ist Heinz Gützlaff (1905–1961) in Vergessenheit geraten. Der | |
| Kommunist war ab 1933 im Widerstand und geriet ins KZ und Gefängnis. Nach | |
| dem Krieg wurde er SED-Mitglied in der DDR und avancierte zum Staatsanwalt | |
| in Ostberlin. | |
| Doch an diesem Mittwoch waren Söhnker und Gützlaff wieder präsent. Die | |
| israelische Gedenkstätte Jad Vaschem in Jerusalem zeichnete die beiden | |
| Deutschen posthum als „Gerechte unter den Völkern“ aus. Diesen Ehrentitel | |
| erhalten all die Menschen, die uneigennützig während der Nazi-Zeit Juden | |
| in Not vor dem Tod gerettet haben. 616 Deutsche sind es zusammen mit | |
| Söhnker und Gützlaff, die so in Jerusalem geehrt sind; in der ganzen Welt | |
| rund 27.000 Menschen. Söhnker und Gützlaff sind schon lange verstorben, | |
| aber einer, der von ihrer Unterstützung profitierte, ist am Leben. Walter | |
| Frankenstein, Jahrgang 1924, war aus Stockholm gekommen und saß bei der | |
| Veranstaltung in den Räumen der Gedenkstätte Deutscher Widerstand neben den | |
| Nachfahren der Geehrten und dem israelischen Botschafter Jeremy Issacharoff | |
| in der ersten Reihe. | |
| „Ich wünsche mir, dass auch in Zukunft solche Menschen da sein werden, die | |
| Verfolgten helfen“, sagte Frankenstein, der mit seiner Familie von 1943 bis | |
| 1945 versteckt in Berlin überlebte. Dabei sei es ganz unwichtig, ob | |
| Menschen nun wegen ihrer Religion, ihrer Hautfarbe oder aus anderen Gründen | |
| Angst haben müssten. Frankenstein war es auch, der die Ehrung von Söhnker | |
| und Gützlaff mit einem Antrag bei Jad Vaschem initiiert hatte. | |
| Söhnker hatte er damals über eine Bekannte kennengelernt. Als „illegaler“ | |
| Jude trieb sich Frankenstein viel auf den Straßen Berlins herum, seine | |
| Schuhe waren mehr als nur abgelaufen. Söhnker, auf das Problem | |
| angesprochen, gab ihm den Abholzettel für seine Schuhe und sagte dem jungen | |
| Mann, er solle diese einfach behalten. | |
| ## Mut und Courage beweisen | |
| Mehr noch halfen Söhnker und Gützlaff anderen versteckten Juden beim | |
| Überleben und riskierten dabei ihre eigene Existenz. Gützlaff schenkte dem | |
| verfolgten Orthopäden Kurt Hirschfeld seine Kennkarte, ein anderer | |
| Illegaler mit grafischer Ausbildung, Cioma Schönhaus, montierte darin das | |
| Foto Hirschfelds ein. Gützlaff behauptete bei den Behörden, das Papier sei | |
| verloren gegangen. Von Januar 1945 bis zum Kriegsende versteckte Hans | |
| Söhnker Kurt Hirschfeld in seinem abgelegenen Wochenendhaus am Wünsdorfer | |
| See in der Nähe des brandenburgischen Zossen. | |
| Gützlaffs Tochter, Kathrin Reiher, und ihr Sohn nahmen die Ehrung, | |
| bestehend aus einer Urkunde und einer Medaille, entgegen. „Wir sind sehr | |
| stolz auf ihn“, sagte Reiher und weiter: „Unser Vater wollte mehr als | |
| möglich war. Er hatte Mut und Courage.“ | |
| Für Söhnker war dessen Großnichte, die Schauspielerin Anneke Kim Sarnau, zu | |
| der Ehrung gekommen. Sie appellierte an die junge Generation, | |
| Ungerechtigkeiten und Verfolgung nicht widerspruchslos hinzunehmen: „Haut | |
| den Älteren zur Not auf die Mütze, wenn sie Scheiße bauen“, sagte sie. | |
| 7 Nov 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Klaus Hillenbrand | |
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