| # taz.de -- Gipfel zur Lage in Syrien: Wieder geht's um Wiederaufbau | |
| > Beim Gipfeltreffen am Samstag in Istanbul will Putin die Europäer | |
| > überzeugen. Sie sollen Geld für Syrien locker machen. | |
| Bild: Anti-Assad-Kämpfer in Idlib | |
| Athen taz | Auf Einladung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan | |
| treffen sich am Samstag die Präsidenten Russlands und Frankreichs sowie | |
| Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einem Syrien-Gipfel in Istanbul. Nicht mit | |
| dabei ist US-Präsident Donald Trump, der nicht eingeladen wurde. | |
| Bei dem Treffen soll es nach Vorabinformationen aus dem türkischen | |
| Präsidentenpalast darum gehen, den derzeitigen Waffenstillstand in der | |
| letzten Rebellenhochburg Idlib zu unterstützen und über die Finanzierung | |
| eines baldigen Wiederaufbaus des in weiten Teilen zerstörten Syriens zu | |
| beraten. | |
| Zwar soll der Friedensprozess für Syrien eigentlich unter der | |
| Schirmherrschaft der Vereinten Nationen stehen und Verhandlungen zwischen | |
| dem Assad-Regime und der syrischen Opposition umfassen. Doch bei den | |
| Treffen in Genf hat es seit Jahren keinen Fortschritt gegeben. | |
| Stattdessen hat sich im kasachischen Astana eine Gruppe von drei Staaten | |
| gebildet – Russland, Iran und die Türkei –, die quasi als Repräsentanten | |
| des Regimes und der Opposition auftreten. In eigenen Verhandlungen haben | |
| sie Vereinbarungen über sogenannte Deeskalationszonen in Syrien getroffen. | |
| Von der Provinz Idlib im Nordwesten des Landes abgesehen, wurden diese | |
| jedoch vom syrischen Regime unterlaufen. | |
| Für Idlib, die letzte Provinz, die noch von Rebellengruppen kontrolliert | |
| wird, haben Russland und die Türkei im September eine gesonderte | |
| Vereinbarung getroffen. Sie sieht eine von den beiden Ländern gemeinsam | |
| kontrollierte Pufferzone vor. Diese soll den Waffenstillstand zwischen | |
| Assad-Truppen und den Rebellengruppen gewährleistet. | |
| International besteht die Befürchtung, dass es bei einem Großangriff des | |
| Regimes auf Idlib zu Massakern an der Zivilbevölkerung kommen könnte und | |
| erneut hunderttausende Syrer in die Flucht geschlagen würden. Deshalb haben | |
| auch Deutschland und Frankreich ein Interesse daran, dass der | |
| Waffenstillstand rund um Idlib hält. Berlin und Paris unterstützen die | |
| Bemühungen von Russland und der Türkei in Idlib und sind langfristig wohl | |
| auch bereit, sich finanziell am Wiederaufbau in Syrien zu beteiligen. | |
| ## Dschihadisten sind nicht abgezogen | |
| Laut der zwischen Erdoğan und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin | |
| getroffenen [1][Vereinbarung] sollte bis zum 15. Oktober eine 20 Kilometer | |
| breite entmilitarisierte Pufferzone um Idlib geschaffen werden, aus der | |
| alle schweren Waffen abgezogen werden und die auch von den Kämpfern der | |
| diversen Rebellengruppen geräumt wird. | |
| Nach Auskunft von Beobachtern wie der „Syrischen Beobachtungsstelle für | |
| Menschenrechte“ in London wurde zwar der erste Schritt, der Rückzug | |
| schwerer Waffen, vollzogen. Einige Rebellengruppen, darunter die | |
| Radikalislamisten von Hai'at Tahrir al-Scham (HTS) – eine Gruppe, die sich | |
| überwiegend aus ehemaligen al-Kaida-Kämpfern zusammensetzt – seien aber | |
| nach wie vor in der geplanten Pufferzone präsent. | |
| Auch die Dschihadisten von HTS selbst haben erklärt, sie würdigten zwar die | |
| Vermittlungsbemühungen der Türkei positiv, würden aber trotzdem | |
| weiterkämpfen, da den Russen nicht zu trauen sei. Russland scheint bereit | |
| zu sein, der Türkei mehr Zeit zu geben, um doch noch alle Rebellengruppen | |
| dazu zu bewegen, sich aus der Pufferzone zurückzuziehen. | |
| So äußerte sich der Sprecher des Kreml, Dimitri Peskow, gegenüber | |
| Journalisten sichtlich entspannt zur Lage in Idlib: „Die Vereinbarung wird | |
| im Prinzip umgesetzt“, sagte er. „Das russische Militär vor Ort ist | |
| zufrieden mit der Art und Weise, wie die Türkei vorgeht“. Man könnte nicht | |
| erwarten, dass alles glatt geht, sagte Peskow, „aber die Arbeit geht | |
| voran“. | |
| ## Ausländer bei HTS | |
| Tatsächlich hatte die Türkei hinter verschlossenen Türen wohl darum | |
| gebeten, mehr Zeit zu bekommen, um insbesondere mit HTS zu einer Einigung | |
| zu kommen. Nach Einschätzung türkischer Beobachter kommt es den Russen auf | |
| zwei Punkte an. | |
| So sollen die Angriffe der Rebellen auf den russischen Luftwaffenstützpunkt | |
| Hmeimin unterbunden werden, die immer wieder aus der Provinz Idlib heraus | |
| erfolgten. Zweitens soll die Türkei garantieren, dass die ausländischen | |
| Dschihadisten von HTS nicht in ihre Heimatländer zurückkehren. | |
| Angeblich ist der türkische Geheimdienst erfolgreich in seinem Versuch, | |
| einen Keil zwischen Syrer und Ausländer bei HTS zu treiben. So soll der | |
| syrische Flügel zu einem Deal mit der Türkei bereit sein, während die | |
| Ausländer auch mangels anderer Möglichkeiten weiterkämpfen wollen. | |
| Sowohl Merkel als auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron werden beim | |
| Gipfel am Samstag darauf drängen, dass Putin weiter dafür sorgt, dass die | |
| syrischen Armee Idlib nicht angreift. Im Gegenzug könnten sie ihm anbieten, | |
| einen Wiederaufbau in Syrien finanziell zu unterstützen. | |
| 27 Oct 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jürgen Gottschlich | |
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