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# taz.de -- Studie zu Gliederfüßern in Puerto Rico: Insektensterben im Regenw…
> Steigende Temperaturen schaden tropischen Insekten massiv. Auch die
> Tiere, die für die Ernährung auf sie angewiesen sind, verschwinden.
Bild: Auch er lebt in den Regenwäldern Puerto Ricos: der blau schillernde Morp…
Das Insektensterben grassiert nicht nur in Europa. Wie eine neue Studie der
Biologen Bradford Lister und Andres Garcia zeigt, verschwinden Gliederfüßer
– deren artenreichste Klasse die Insekten sind – auch massenweise aus
tropischen Gefilden. Mit ihnen sterben gleichzeitig Echsen, Frösche und
Vögel in den Regenwäldern, weil ihnen die Nahrung fehlt. Die [1][in der
US-Fachzeitschrift PNAS veröffentlichten Ergebnisse aus Puerto Rico] lassen
zudem vermuten, dass der Klimawandel für Insekten vor allem in den Tropen
tödlich ist.
Das Insektensterben gilt zunehmend als eines der größten ökologischen
Probleme unserer Zeit. Eine kleine, aber wachsende Zahl von Publikationen
belegt inzwischen ihren besorgniserregenden Rückgang. 2017 hatte ein
Forscherteam um Caspar Hallmann für Aufsehen gesorgt, als es einen
[2][Rückgang der Insekten-Biomasse in deutschen Schutzgebieten um über 75
Prozent binnen 27 Jahren] nachwies. Die aktuelle Studie unterstreicht nun
die Dringlichkeit von Gegenmaßnahmen auf globaler Ebene.
Obwohl tropische Wälder die allermeisten Insekten beherbergten, so die
Autoren, sei wenig über Entwicklungen des tatsächlichen Vorkommens bekannt.
Um dies zu ändern, verglichen sie das heutige Gliederfüßer-Vorkommen im
Luquillo-Regenwald von Puerto Rico mit Zahlen aus den 70er Jahren.
Lister hatte bereits damals in verschiedenen Höhen Fallen aufgestellt und
war mit Netzen durchs Geäst gekrochen, um die Menge der kleinen
Waldbewohner zu messen. Genauso ging er auch 2011 bis 2013 mit seinem
Kollegen Garcia vor. Anschließend bestimmten die Experten abermals die
Biomasse ihres Fangs.
## Dramatischer Rückgang
Egal, welche Methode sie wählten: Die Ergebnisse waren erschreckend. In den
Netzen landeten 4- bis 8-mal weniger, in den Klebefallen waren sogar 30-
bis 60-mal weniger Gliedertiere. Dies bezeichnen Biologen als höchst
alarmierend.
Zwar berücksichtigt die Studie nur zwei Zeitpunkte sowie wenige Standorte
und Fangmethoden, basiert also auf einer kleineren Datenmenge als die viel
diskutierte deutsche Studie. Dennoch liefert sie durch den Bezug auf
frühere Messungen neue Belege für das weltweite Insektensterben.
Lister und Garcia betrachteten nicht nur den Schwund der Gliederfüßer
selbst, sondern auch dessen Effekt auf andere Tiere. Der zeitgleiche
Rückgang von Echsen, Fröschen und bestimmten Vogelarten stehe im direkten
Zusammenhang mit dem Sterben der Gliederfüßer, da sie sich von ihnen
ernähren. So sei die Zahl der Insekten fressenden Gelbflankentodis, einer
kleinen grünen Vogelart, zwischen 1990 und 2005 um 90 Prozent gesunken. Bei
den Roten Erdtauben hingegen, die sich rein pflanzlich ernähren, sei kein
Rückgang zu verzeichnen.
Damit bestätige die Studie das, worauf Biologen schon lange aufmerksam
machen: Der Insektenschwund hat weitreichende Folgen. Die sogenannten
Kaskadeneffekte auf andere Organismen fänden sicher auch in vielen anderen
tropischen Ökosystemen statt, argumentieren Lister und Garcia.
## Klimaerwärmung tötet Insekten
Ihre statistischen Berechnungen zeigen noch eine weitere Tendenz: In dem
Zeitraum, in dem Insekten und deren Fressfeinde seltener geworden sind, ist
die Durchschnittstemperatur im Luquillo-Regenwald um gut 2 Grad gestiegen.
Bisherige Studien zum Insektensterben hatten vor allem veränderte
Landnutzung und Pestizideinsatz als Gründe ermittelt.
Diese aber fallen im untersuchten Regenwaldgebiet praktisch aus: Es steht
schon über 100 Jahre als El Yunque National Forest unter Naturschutz und
gilt als vergleichsweise wenig vom Menschen beeinflusst. Die
Pestizidnutzung sei in Puerto Rico insgesamt seit den 1990er Jahren sogar
um 90 Prozent zurückgegangen.
Garcia und Lister bringen daher vor allem die Klimaerwärmung in die
Diskussion über die Ursachen des Insektensterbens. Nun könnte man meinen,
dass Insekten in den Tropen Hitze gewohnt sind. Da sie aber ihre
Körperwärme nicht regulieren können, seien sie gerade dort an ein enges
Temperaturspektrum angepasst. Vor allem Temperaturextreme würde den Tieren
zusetzen. In klimatisch gemäßigten Gebieten sei ihre Toleranzschwelle
dagegen höher.
Die Autoren resümieren, dass der Einfluss des Klimawandels auf tropische
Ökosysteme wohl deutlich größer ist als bisher angenommen. Damit
widersprechen sie nicht dem Forschungsstand, der auf mehrere Ursachen des
Insektensterbens verweist. Besonders bedroht sind Insekten – und ganze
Ökosysteme – dort, wo Pestizide, Klimawandel und andere Faktoren
zusammentreffen.
2 Nov 2018
## LINKS
[1] http://www.pnas.org/content/115/44/E10397
[2] /Studie-zu-Artensterben/!5453844
## AUTOREN
Andrew Müller
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