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# taz.de -- Kolumne „Durch die Nacht“: Ein Angriff auf den Hedonismus
> Es wird gefährlicher in den Clubs. Das legt eine Statistik nahe, über die
> man diskutieren könnte … Ein FDP-Mann fordert daher mehr Razzien – wegen
> Drogen.
Bild: So sieht eine Razzia der Berliner Polizei aus: hier in einem Vereinsheim …
Pearl? Von dem Club in Charlottenburg hatte ich bislang nie gehört. Dank
eines gewissen [1][Marcel Luthe von der FDP] hat sich das nun geändert.
Denn die auf dessen parlamentarische Anfrage hin veröffentlichte
Kriminalitätsstatistik rund um [2][Berliner Clubs] hat ergeben, dass der
Laden zumindest in den Kategorien Körperverletzung und Diebstahl mit den
Großen der Stadt mithalten kann. Aber gut, das wirklich nur am Rande. Viel
wichtiger: Es wird gefährlicher in den Clubs. Zumindest legt das diese
Statistik nahe, die für 2017 einen Zuwachs der Kriminalität um 25 Prozent
in und rund um Berliner Ausgehläden gegenüber dem Vorjahr ausweist.
Warum dieser Anstieg, darüber ließe sich nun diskutieren. Vielleicht sogar
mit Marcel Luthe von der FDP. Dem jedoch fallen zu den Zahlen ganz andere
Dinge ein: Wie kann es sein, dass so wenige Drogendelikte in diesen
enthalten sind, darüber zerbricht sich der Mann den Kopf. Und verlangt,
ganz so, als wollte er sich damit bei dieser Partei ein ganzes Stück weiter
rechts von der seinigen bewerben: Mehr Razzien in den Clubs!
Vielleicht weiß der Mann einfach nicht, dass eine Razzia aus gutem Grund
eine absolute Ausnahmemaßnahme sein sollte. Und in Sachen
Drogenkriminalität sowieso nichts bringt. Natürlich ließe sich gleich noch
an diesem Wochenende in einem x-beliebigen Club eine tolle Polizeiaktion
starten und man würde dabei sicher zig Drogen konfiszieren können. Allein:
An irgendwelche Dealerstrukturen würde man dabei eher nicht herankommen.
Und die meisten Drogenbesitzer dürften ihr Beutelchen Hasch sogar behalten.
Dafür würden sich Gäste belästigt fühlen und für Clubs könnte der Umstan…
dass man sich nicht mehr sicher sein kann, dass nicht gleich die Polizei
den Dancefloor entert, existenzbedrohend sein. Die Clubs wären dann ein
ganzes Stück weniger die Freiräume, als die sie weltweit bekannt sind. Der
Mythos der hiesigen Feierkultur würde verblassen und, um das mal so zu Ende
zu denken, dass es auch einer von der FDP versteht: Weniger Touristen
würden kommen, damit weniger Geld.
## „Berghain des Ostens“
Mitte des Jahres gab es eine Drogenrazzia in dem [3][Club „Bassiani“ in
Tiflis], der gerne das „Berghain des Ostens“ genannt wird. Der Club ist
bekannt dafür, sich für LGBTI-Rechte einzusetzen, in einem Land, in dem
Schwule, Lesben und Transsexuelle sonst nicht die allergrößte Wertschätzung
genießen. Man kann davon ausgehen, dass die Razzia, die zur zeitweiligen
Schließung des Clubs geführt hat, politisch motiviert war.
Klar, Berlin ist nicht Tiflis, aber auch in dieser Stadt gibt es Kräfte,
die den gelebten Hedonismus in hauptstädtischen Clubs am liebsten verbieten
oder eben mit Razzien gegen ihn vorgehen würden. Eigentlich sollte das
nicht im Interesse von jemandem sein, der zu einer vorgeblich liberalen
Partei gehört.
Ein paar Partydrogen hier und da, mal ein Handy weg – eigentlich hat die
Anfrage von Marcel Luthe sowieso nichts Spektakuläres zu Tage gebracht. Ab
nächster Woche gibt es bei Amazon die neue Serie „Beat“ zu sehen. Die geht
gleich mal damit los, dass in einem Club, der dem Berghain nachempfunden
ist, ein paar Leichen an der Decke hängen. Daraufhin wird im Umfeld des
Clubs wegen Waffenschmuggel und Organhandel ermittelt. Wenn es mal im
echten Berghain so weit kommt wie in dieser Serie, dann kann meinetwegen
Luthe noch einmal seinen Finger heben.
Drogen werden in der Serie übrigens andauernd genommen. Aber das
interessiert von den Ermittlern eigentlich niemanden.
4 Nov 2018
## LINKS
[1] http://www.fdp-fraktion.berlin/2017/02/08/marcel-luthe/
[2] https://www.berlin.de/clubs-und-party/clubguide/a-z/
[3] https://www.facebook.com/bassiani
## AUTOREN
Andreas Hartmann
## TAGS
Polizei Berlin
Kolumne Durch die Nacht
Drogenkonsum
FDP Berlin
Drogenpolitik
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