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# taz.de -- Wilfried Scharnagl mit 79 verstorben: Der Strauß-Intimus
> Wilfried Scharnagl und die CSU unter Franz Josef Strauß waren geradezu
> symbiotisch. Nun ist der ehemalige „Bayernkurier“-Chefredakteur
> gestorben.
Bild: Wilfried Scharnagl 2013 vor einer Sitzung des CSU-Vorstands
Natürlich war Wilfried Scharnagl ein eigener Kopf und ganz bestimmt ein
CSU-Original, und es wird ihm nicht gerecht, ihn nur über die Beziehung zu
einem anderen zu charakterisieren. Und doch: Die öffentliche Figur
Scharnagl beschreibt nichts so schön wie jener bekannte Satz von Franz
Josef Strauß: „Er schreibt, was ich denke, und ich denke, was er schreibt.“
Wenn auf irgendjemanden das Attribut „Strauß-Intimus“ zutraf, dann auf
Scharnagl. „Wir haben uns eigentlich schon blind verstanden“, beschrieb
Scharnagl selbst das Verhältnis. „Wir haben nie Streit gehabt.“
Scharnagl war von 1977 bis 2001 Chefredakteur des Bayernkurier, oder
besser: Scharnagl war der Bayernkurier. Zu dieser Zeit konnte man in der
Zeitung noch die publizistische Speerspitze der Partei sehen. Es war
weniger Journalismus als Wahlkampf, was Scharnagl hier betrieb – selbst
wenn gar kein Wahlkampf war.
Auch nach Strauß’ Tod im Jahr 1988 stand er der CSU-Spitze mit Rat zur
Seite, obgleich die Distanz größer wurde. Scharnagl drängte sich nicht in
den Vordergrund, war aber stets zur Stelle, wenn seine Meinung gefragt war.
Außerdem tat er seine Ansichten in diversen Büchern zu diesem und jenen
kund – etwa zum Umgang mit Russland oder der Europapolitik.
## Ein Relikt aus alten Zeiten
Für ein gewisses Aufsehen sorgte 2012 auch die Schrift „Bayern kann es auch
allein“. Ob dahinter mehr Provokation oder ernst gemeinter Separatismus
steckte, darüber lässt sich noch immer streiten.
Scharnagl war ein strammer Konservativer, aber einer mit Haltung und
Werten, keiner von den Angepassten. Er rettete ein bisschen vom
Strauß-Mythos hinüber in die Neuzeit. Weniger freundlich formuliert: Er war
ein Relikt aus der Ära des Großen Vorsitzenden.
Seiner CSU blieb er dabei immer treu, war bis zum Ende Mitglied im
CSU-Vorstand. Noch vor wenigen Wochen kam der zuletzt gesundheitlich stark
angeschlagene Scharnagl auf Krücken zum kleinen Parteitag der CSU.
## Stolzer Bayer
Angesprochen auf die Verfassung seiner Partei gab sich Scharnagl in der
letzten Zeit vor allem ratlos. „Wir haben schwierige Verhältnisse, wir
haben schwierige Personen“, sagte er [1][noch im Sommer im Gespräch mit der
taz]. Dennoch verstand er nicht, warum die Umfragewerte seiner Partei gar
so schlecht waren, konnte sich keinen Reim auf den Erfolg der AfD machen.
„Wohin das gehen soll – ich weiß das nicht.“
In der Öffentlichkeit trug Scharnagl in der Regel den Bayerischen
Verdienstorden – in Form einer kleinen weiß-blaue Rosette am Revers. Bei
besonderen Anlässen aber auch die Omega Speedmaster, jene Uhr, die Franz
Josef Strauß vor 30 Jahren kurz vor seinem Tod noch trug und die ihm die
Strauß-Kinder später überließen.
Zwei Tage nach der historischen Bayern-Wahl ist Scharnagl nun gestorben. In
zehn Tagen wäre er 80 Jahre alt geworden.
16 Oct 2018
## LINKS
[1] /Trennungsbeschluss-der-CSU/!5513802
## AUTOREN
Dominik Baur
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