# taz.de -- 30 Jahre Hans-Rosenthal-Haus: Festgala war dalli, dalli ausverkauft | |
> Das Hans-Rosenthal-Haus in Zehlendorf wendet sich an Menschen jenseits | |
> der 50. Das Jubiläum am Sonntag wird mit einem Tag der offenen Tür und | |
> einer Gala gefeiert. | |
Bild: Hans Rosenthal während einer „Dalli-Dalli“-Sendung im Jahre 1978 | |
Das wird „Spitze“, da ist sich Bettina Starke, die Leiterin des | |
[1][Hans-Rosenthal-Hauses] in Zehlendorf, sicher, wenn die Freizeitstätte | |
für Menschen über 50 an diesem Sonntag ihr 30-jähriges Jubiläum feiert. | |
Schon vormittags wird zum Tag der offenen Tür geladen und Starke selbst | |
wird Interessierte durch das Haus führen. Abends gibt es eine Festgala mit | |
Showacts, die Veranstaltung war schnell ausverkauft. Extra zum Jubiläum | |
wurde außerdem eine exklusive Hans-Rosenthal-Gedenkmünze geprägt, und | |
Kultursenator Klaus Lederer höchstpersönlich hat bereits ein paar Grußworte | |
überbracht. | |
Was aber genau macht das Hans-Rosenthal-Haus, das im Normalfall nur | |
tagsüber geöffnet hat, so besonders? Was unterscheidet es von anderen | |
Altentagesstätten? | |
„Eigentlich alles“, sagt Bettina Starke, die das Haus seit drei Jahren | |
leitet. „Einmal sind die Leute, die zu uns kommen, noch vergleichsweise | |
mobil.“ Außerdem seien die Veranstaltungen, die angeboten werden, nun ja, | |
vielleicht etwas professioneller als in den meisten anderen Einrichtungen | |
für die etwas ältere Generation. Dort würde meist von Ehrenamtlichen ein | |
Unterhaltungsprogramm angeboten, während im Hans-Rosenthal-Haus richtige | |
Künstler auftreten würden, für die die Gäste auch Eintritt zahlen würden. | |
Die Einrichtung, deren Träger der Bezirk Steglitz-Zehlendorf ist, | |
funktioniert überhaupt eher wie ein Jugendzentrum, nur eben für Ältere. Man | |
kommt hierher, um aktiv zu sein, um etwas zu erleben. Etwa in einer der 30 | |
Gruppen, die sich im Haus gebildet haben und verschiedene Möglichkeiten zur | |
Freizeitgestaltung anbieten. Canasta, Schach, Seidenmalerei, für jeden | |
Geschmack ist etwas dabei. Sogar Feldenkrais wird angeboten, und wer mag, | |
kann eigene Keramik und Porzellan herstellen. Oder einfach nur ein wenig | |
Tischtennis spielen. | |
## Ein besonderer Fernsehstar | |
Mittagessen wird auch angeboten, „von Thailändisch bis Kartoffelpuffer“ sei | |
alles dabei, so Starke. Oder man verreist gemeinsam. Nicht unbedingt nach | |
Südamerika oder an den Nordpol, wie es auf der Homepage des Hauses heißt, | |
sondern eher in der Vorweihnachtszeit zum „Gänsebratenessen im Strandhotel | |
Buckow“. | |
Besonders macht das Haus sicherlich, dass es nicht nur nach dem in Berlin | |
geborenen Showmaster [2][Hans Rosenthal] benannt wurde, sondern sich auch | |
dessen Gedenken widmet. Hans Rosenthal war schließlich ein ganz besonderer | |
Fernsehstar im Nachkriegsdeutschland. Und das lag nicht unbedingt daran, | |
dass seine berühmte Quizshow [3][„Dalli Dalli“], die von den frühen | |
Siebzigern bis Mitte der Achtziger im ZDF lief, so beliebt war, sondern | |
daran, dass der Fernsehunterhalter Jude war und seine Eltern Opfer des | |
Holocaust wurden. Rosenthal wuchs deswegen als Vollwaise in Berlin heran. | |
Wie verklemmt der Umgang mit der Nazizeit in Rosenthals großer Zeit war, | |
das hatte erst vor kurzem die ARD-Dokumentation [4][„Kulenkampffs Schuhe“] | |
von der Regisseurin Regina Schilling nachgezeichnet. Sie legt offen, wie | |
die damals so ungemein beliebten Entertainer [5][Hans-Joachim Kulenkampff] | |
und Hans Rosenthal die Nation in ihren Shows immer nur unterhalten und | |
bloß nicht an vergangene, finstere Zeiten erinnern sollten. Und wie | |
Kulenkampff, der im Zweiten Weltkrieg an der Ostfront kämpfte, genauso wie | |
der Jude Rosenthal, immer mal wieder das tabuisierte Thema Drittes Reich | |
dann doch ansprachen. Auch wenn die jüdische Identität Rosenthals, so | |
glaubt Starke, vielen damals überhaupt nicht wirklich bewusst war. | |
Speziell Juden ansprechen tue man im Hans-Rosenthal-Haus jedoch nicht, sagt | |
sie. Ob Juden, Christen, Muslime, man wolle hier im Haus eigentlich jeden | |
erreichen. Und ob die Tatsache, dass Rosenthal Jude war, inzwischen | |
irgendeine Rolle bei ihren Gästen spiele, könne sie gar nicht sagen. „Ich | |
glaube aber, die Leute bei uns haben ganz andere Gesprächsthemen.“ | |
## Ein „akribischer Arbeiter“ | |
Sie selbst ist 50 Jahre alt und sie habe Rosenthal, der 1987 starb, ein | |
Jahr vor dem Bau des Hans-Rosenthal-Hauses, selbst gar nicht mehr wirklich, | |
vor dem Fernseher sitzend, erlebt. „Ich habe damals lieber so Sendungen wie | |
‚Formel 1‘ und den ‚Musikladen‘ gesehen, muss ich zugeben.“ Rate- und | |
Familienshows seien eben einfach nicht so nach ihrem Geschmack gewesen. | |
Aber nun, wo sie sich retrospektiv doch noch verstärkt mit Rosenthal | |
beschäftigt habe, müsse sie sagen, dass dieser wohl ein sehr angenehmer | |
Mensch gewesen sei und ein „akribischer Arbeiter, der schon sehr gut war in | |
dem, was er im Fernsehen machte“. | |
Und der, so lässt das auch Kultursenator Klaus Lederer in seinen Grußworten | |
anklingen, wohl sehr zufrieden damit wäre, was in seinem Namen alles so in | |
der Zehlendorfer Einrichtung seit 30 Jahren läuft. | |
27 Oct 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.hansrosenthalhaus.com/wir-ueber-uns | |
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Rosenthal | |
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Dalli_Dalli | |
[4] https://programm.ard.de/?sendung=28106786118364 | |
[5] https://nds.wikipedia.org/wiki/Hans-Joachim_Kulenkampff | |
## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
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verdankte. |