| # taz.de -- Angela Merkel beim JU-Deutschlandtag: Germany's next feminist? | |
| > Angela Merkel kritisiert den männlich dominierten Bundesvorstand der | |
| > Jungen Union. Mehr Feminismus ist von ihr allerdings nicht zu erwarten. | |
| Bild: Findet den JU-Vorstand dann doch etwas zu männlich: Bundeskanzlerin Ange… | |
| Nach 13 Jahren Kanzler*innenschaft gibt es wenige Aussagen von Angela | |
| Merkel, die einen noch überraschen. Deutschland weiß, wie diese Frau denkt. | |
| Ihr „Wir schaffen das“ im Sommer 2015 war eine der wenigen Ausnahmen. Und | |
| seit dem vergangenen Wochenende gibt es noch eine. | |
| Beim [1][Deutschlandtag der Jungen Union in Kiel] spottet Merkel mit Blick | |
| auf den geschäftsführenden JU-Bundesvorstand: „Schön männlich. Aber 50 | |
| Prozent des Volkes fehlen.“ Und fuhr fort: „Ich sage Ihnen, Frauen | |
| bereichern das Leben. Nicht nur im Privaten, auch im Politischen. Sie | |
| wissen gar nicht, was Ihnen entgeht.“ | |
| Vor allem die Frauen der Jungen Union reagierten auf Merkels Kritik mit | |
| großem Applaus. Der ist berechtigt. Nach den Wahlen besteht der | |
| Bundesvorstand aus einem Vorsitzenden, vier Vize-Chefs und einem | |
| Schatzmeister – alles Männer. Von den 16 Bundesvorstandsmitgliedern sind | |
| nur fünf Frauen. | |
| Die Schlagkraft ihres „Wir schaffen das“ hat Merkels Männer-Kritik | |
| natürlich nicht, ungewohnt scharf ist sie trotzdem. Doch macht sie diese | |
| Aussage zur Vorkämpferin für die Gleichstellung von Frauen? | |
| ## Die mächtigste Frau der Welt | |
| Seit mehr als einem Jahrzehnt hat [2][Deutschland eine Frau als Kanzlerin], | |
| Angela Merkel wird als mächtigste Frau der Welt in die Geschichte eingehen. | |
| Der Gleichstellungspolitik in diesem Land nützt das nichts. Dass Merkel, | |
| wie sie vor einem Jahr beim Women20-Gipfel in Berlin deutlich machte, sich | |
| nicht als Feministin bezeichnen möchte, ist ihr überlassen. Ihre Aussage, | |
| sie möchte sich nicht mit Federn für Kämpfe schmücken, die sie nicht | |
| gekämpft hat, ist eigentlich nur fair. Hat Merkel doch immer wieder | |
| gezeigt: Gleichstellungspolitik liegt ihr nicht am Herzen. | |
| Das zeigt sich nicht nur an der Besetzung der Bundesregierung der letzten | |
| Jahre. In einer [3][aktuellen Recherche] hat Zeit Online aufgezeigt, wie | |
| schwer es für Frauen in der Politik ist, in Machtpositionen zu kommen. Die | |
| meisten Ministerien werden von Männern dominiert, Frauen leiten nur ein | |
| Viertel der Bundesbehörden, seit 1949 gab es mehr Staatssekretäre die Hans | |
| heißen als Frauen in der Position. | |
| Zahlen, die nur noch einmal mehr verdeutlichen, in was für einer von | |
| Männern dominierten Welt wir leben. Die Lohnlücke zwischen Männern und | |
| Frauen beträgt 21 Prozent, Frauen werden ständig mit sexueller Belästigung | |
| und Gewalt konfrontiert und übernehmen bis heute einen Großteil der | |
| Care-Arbeit. An manchen der patriachalen Strukturen, bewegt sich etwas, | |
| aber nur schrecklich langsam. Gerade auf dem Arbeitsmarkt könnten vor allem | |
| Gesetze einen Wandel beschleunigen. | |
| Gesetze, die unter Angela Merkel hätten entstehen können. Doch als Ursula | |
| von der Leyen, 2013 mit der rot-rot-grünen Opposition, die Frauenquote – | |
| ein wirkmächtiges Instrument in der Gleichstellungsfrage – einführen | |
| wollte, wurde sie von Merkel gestoppt. Im Frühjahr 2015 kam dann die Quote | |
| für Aufsichtsräte in Unternehmen, also zehn Jahre nachdem Merkel Kanzlerin | |
| wurde. Die Förderung von weiblichen Karrieren oder eine bessere | |
| Vereinbarkeit von Mutterschaft und Beruf, gehörten nie zu Merkels Kämpfen. | |
| Gleichstellungspolitik gibt es von der Kanzlerin immer nur dann, wenn es | |
| sich nicht anders vermeiden lässt. | |
| ## Scheinheilige Kritik | |
| Ihr die alleinige Schuld an der strukturellen Benachteiligung von Frauen zu | |
| geben, ist in keinem Fall fair. Doch die Kanzlerin hat ihre Macht nie | |
| genutzt um das Bild von Frauen in der Gesellschaft zu verändern. Sie selbst | |
| machte ihr Frausein nicht zum Thema, was vermutlich einer der wichtigsten | |
| Gründe ist, warum gerade Merkel in der männerdominierten Politik so | |
| erfolgreich ist. | |
| Wenn Merkel also wirklich etwas für die Frauenforderung tun möchte, reicht | |
| es nicht aus, das Geschlechterverhältnis des Bundesvorstandes der Jungen | |
| Union zu kritisieren. Das wirkt in Anbetracht ihrer Politik, eher | |
| scheinheilig. | |
| 8 Oct 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Deutschlandtag-der-Jungen-Union/!5541857 | |
| [2] /Debatte-Merkels-Rolle-fuer-die-Frauen/!5445134 | |
| [3] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-09/gleichberechtigung-frauen-d… | |
| ## AUTOREN | |
| Carolina Schwarz | |
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