# taz.de -- Neuland-Fleisch bei Aldi: Kooperation sorgt für Zoff | |
> Mit Aldi und dem Fleischriesen Tönnies kooperieren? Damit ist der halbe | |
> Vorstand der Alternativbauern-Lobby „AbL“ nicht einverstanden. | |
Bild: Was bedeuten Discountpreise für das Wohl dieses Ferkels? | |
Berlin taz | In der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) ist | |
ein Streit über den von ihr mitgetragenen Neuland-Verein für Fleisch aus | |
artgerechterer Haltung ausgebrochen. Anlass ist, dass Neuland seit Ende | |
August den [1][Discounter Aldi in vier Bundesländern mit Schweinefleisch | |
beliefert]. Die Tiere werden von Deutschlands größtem Schlachtkonzern, | |
Tönnies, getötet und zum Beispiel zu abgepacktem Hack oder Schnitzel mit | |
Neuland-Siegel verarbeitet. | |
Von dieser Zusammenarbeit haben sich die Hälfte des AbL-Bundesvorstands und | |
5 Mitglieder von Landesvorständen nun in einem Leserbrief in der aktuellen | |
Ausgabe der Mitgliederzeitschrift Unabhängige Bauernstimme „in aller | |
Deutlichkeit“ distanziert. Unter ihnen sind einflussreiche Aktivisten wie | |
Ottmar Ilchmann, Philip Brändle, Jan Wittenberg und Michael Grolm. | |
Ein hoher Anteil der Mitarbeiter von Tönnies bekomme miserable Löhne, | |
schreiben sie. Die meisten seien nicht fest angestellt, sondern | |
Leiharbeiter oder „Menschen mit Werkverträgen, meist aus Osteuropa“. Die | |
Behörden ermittelten bereits etwa wegen des Verdachts auf Verstöße gegen | |
Mindestlohnvorschriften. In anderen Staaten wolle Tönnies selbst | |
„Großstrukturen“ zum Mästen von Schweinen errichten. | |
Die Autoren loben, dass Neuland mit Aldi einen für die Bauern günstigen | |
Vertrag mit einer langen Laufzeit von 5 Jahren ausgehandelt hat. „Aber was, | |
wenn Neuland seine Produktionskapazitäten in den nächsten Jahren so | |
ausgeweitet hat, dass es nach Auslauf des Vertrages keine andere Wahl mehr | |
hat, als Aldi oder eine vergleichbare Struktur zu bedienen?“ Dann könnte | |
Aldi die Bauern um jeden Cent drücken. Außerdem trage die Kooperation mit | |
den Giganten Aldi und Tönnies dazu bei, dass kleine Händler und Schlachter | |
aufgeben müssen. Dabei seien diese kleinen Partner wichtige Abnehmer für | |
kleine Bauern. | |
## Leicht zu entscheiden ist die Frage nicht | |
„Für uns ist klar, dass Neuland durch die Kooperation mit Aldi und Tönnies | |
massiv an Glaubwürdigkeit und Authentizität einbüßt“, so der Brief weiter. | |
Ein weiteres AbL-Mitglied kritisiert in einem anderen Leserbrief, dass | |
Tönnies Schweine vor der Schlachtung mit Kohlendioxid betäube, was für die | |
Tiere sehr schmerzhaft sei. „Das Verfahren steht deshalb in der Kritik, | |
u.a. vom Tierschutzbund“, der auch ein Träger des Vereins ist. | |
Das niedersächsische AbL-Mitglied Eckehard Niemann, Autor eines in der | |
alternativen Agrarszene bekannten E-Mail-Newsletters, forderte sogar, dass | |
die AbL ihre Trägerschaft bei Neuland aufgibt. Denn diese hindere AbL | |
daran, sich stärker für bessere Haltungsbedingungen auf allen, nicht nur | |
auf Neuland-Höfen einzusetzen. „Zugunsten eigener Vorteile opfert man die | |
Interessen der allermeisten Schweinehalter“, so Niemann. | |
Darauf wollte AbL-Bundesvorsitzender Martin Schulz, der selbst | |
Neuland-Funktionär und -Bauer ist, auf Anfrage der taz nicht eingehen. Er | |
gehört zur zweiten Hälfte des Bundesvorstands, die in der | |
Mitgliederzeitschrift eine Antwort auf die Leserbriefe veröffentlichte. | |
Darin räumen diese Vorständler ein, dass Tönnies und Aldi immer wieder | |
durch schlechte Arbeitsbedingungen und Druck auf die Erzeugerpreise auf | |
sich aufmerksam machten. Aber die Kooperation ermögliche eben „mehr | |
bäuerlichen Betrieben“, für Neuland zu arbeiten. | |
Der Protest wird die Kooperation wohl nicht stoppen. Die Verträge sind | |
unterschrieben, das Fleisch liegt in den Filialen. „Wir wollen mit dem | |
Leserbrief aber erreichen, dass in Zukunft die Mitgliederversammlung, der | |
Vorstand und der Länderbeirat so früh über solche Entscheidungen informiert | |
werden, dass man da noch eingreifen kann“, sagte der niedersächsische | |
Landesvorsitzende Ilchmann der taz. | |
Neuland, das nicht mit dem Bio-Siegel zu verwechseln ist, schreibt etwa | |
mehr Platz im Stall als in herkömmlicher Haltung vor. | |
8 Oct 2018 | |
## LINKS | |
[1] /!5519826/ | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
## TAGS | |
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft | |
Tierhaltung | |
Discounter | |
Aldi | |
Landwirtschaft | |
Lidl | |
Landwirtschaft | |
Landwirtschaft | |
Grüne | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ackerland in Ostdeutschland: Ausverkauf an Aldi-Erben | |
Wieder profitiert ein langjähriger Agrarlobbyist von einem Deal mit dem | |
Discounter-Clan. Solche Investoren treiben die Bodenpreise in die Höhe. | |
Lidl kopiert Lemonaid-Produkte: Gleiche Optik, anderer Inhalt | |
Die Produkte der einen Marke sind Bio, Fairtrade. Pro verkaufter Flasche | |
wird ein Betrag für soziale Projekte gespendet. Das Plagiat ist von Lidl. | |
Bauern gegen Verbot von Ferkelkastration: Hoden ab – ohne Betäubung | |
Der Bauernverband will verhindern, dass ab Januar Ferkel nur noch unter | |
Betäubung kastriert werden dürfen. Er könnte das schaffen. | |
Die Dürre und die Landwirtschaft: Es fehlt an Grün, an Matsch, an allem | |
In ganz Deutschland leiden die Bauern unter dem trockenen Wetter. Auch ihre | |
Rinder müssen sie früher schlachten, weil es an Futter mangelt. | |
Solidarische Landwirtschaft: Bauernland in Genossenhand | |
Kleine Bauernhöfe leiden unter hohen Pachtpreisen für Land. Jetzt fordern | |
die Grünen, alternativen Betriebsmodellen zu helfen. |