| # taz.de -- Literatur aus Georgien: Heiliges Dunkel | |
| > Eine Anthologie deutscher und georgischer Schriftsteller wie Tamta | |
| > Melaschwili und Lucy Fricke, sowie Erinnerungen aus dem Gulagsystem. | |
| Bild: Passanten in Tiflis. Georgien hat schon seit über 1500 Jahren eine eigen… | |
| Vor der Frankfurter Buchmesse hatten einige Autor*innen aus Deutschland | |
| Gelegenheit, Georgien zu bereisen. Die Frankfurter Verlagsanstalt, in der | |
| auch die Romane von Nino Haratischwili und vieler georgischer Autor*innen | |
| erscheinen, hat nun deren Reiseeindrücke in der Anthologie „Georgien – eine | |
| literarische Reise“ (192 Seiten, 25 Euro) veröffentlicht. | |
| Mit dabei Lucy Fricke, Ulla Lenze, Volker Schmidt, Fatma Aydemir, Stephan | |
| Reich, Kadja Petrowskaja und von georgischer Seite Archil Kikodze, Tamta | |
| Melaschwili, Imra Tawelidse, Nestan Nene Kwinikadse, Anna | |
| Kordsaia-Samadaschwili und Abo Iaschaghaschwili. Der mit Collagen und | |
| Zeichnungen von Julia B. Nowikowa schön illustrierte Band ermöglicht eine | |
| erste Annäherung an das südkaukasische Land, das bereits zu Sowjetzeiten | |
| als Méditerranée des Ostens galt. | |
| Die in Deutschland lebende Harataschwili erzählt in der Einleitung mit | |
| dezenter Selbstironie, wie sie bei einer Reise zurück in ihre alte Heimat | |
| der Freundin den Exotismus austreiben wollte und beim Spaziergang durch | |
| Tiflis auf schwer korrekte Wissensvermittlung aus war. „Ich stritt und | |
| diskutierte mit ihr über die westliche Sehnsucht nach dem Zerfall“, so | |
| Harataschwili, „die Begeisterung der Europäer über die vermeintlich | |
| ‚ostalgischen‘ Gegenstände und Möbel“. Doch, so die spätere Erkenntnis, | |
| „indem ich ihren Blick versuchte zu formen, veränderte sich meiner“. | |
| Umgekehrt erzählt die deutsche Autorin Fricke in dem Band, wie sie durch | |
| die georgische Provinz Tuchetien reist und lernt, dass man auf einem Pferd | |
| nicht rauchen sollte. Schriftstellerin Lenze beschreibt den Widerspruch, | |
| von alter kirchlicher Kultur in der Landschaft Kachetiens fasziniert zu | |
| sein, obwohl die orthodoxe Kirche Georgiens allgemein als homophober Hort | |
| der Reaktion gilt. Und auch Autorin Fatma Aydemir wählt die Mittellage. Sie | |
| lässt eines von zwei Bieren zurückgehen, nachdem ihr erklärt wird: „Wenn | |
| Männergruppen unterwegs sind, geben sie immer ein paar aus, um mit den | |
| Frauen ins Gespräch zu kommen.“ | |
| Postsowjetischen Sarkasmus, Dissidenz und Historizität der georgischen | |
| Gesellschaft versteht man vielleicht am besten, so man ein Buch wie Lewan | |
| Berdsenischwilis „Heiliges Dunkel. Die letzten Tage des Gulag“ liest | |
| (Mitteldeutscher Verlag, 264 Seiten, 25 Euro). Mit Galgenhumor erzählt | |
| Berdsenischwili von den Menschen, die er im sowjetischen Gulag traf. Die | |
| wie er wegen despotischer Anschuldigungen noch in den 1980ern in den Lagern | |
| verschwanden. | |
| All den seltsamen Typen setzt er mit seinem authentischen Werk ein Denkmal: | |
| „Ich behaupte sogar, dass Georgi Chomisure auf den größten Führer aller | |
| Zeiten und Völker, den Generalissimus und Führer des internationalen | |
| Proletariats sehr viel allergischer reagierte als auf Hühnereier.“ | |
| 10 Oct 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Fanizadeh | |
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