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# taz.de -- Kolumne Latino Affairs: Nicaraguas falscher Freund
> Der Journalist Max Blumenthal verteidigt Nicaraguas Präsidenten Daniel
> Ortega. Damit diskreditiert er die Proteste gegen das Regime.
Bild: Die Polizei greift hart durch: Proteste in Managua, Oktober 2018
Erinnern Sie sich noch an Max Blumenthal? Er war einer von zwei
Journalisten, die vor vier Jahren Gregor Gysi im Bundestag bedrängt und
[1][bis zur Toilette verfolgt] hatten. Sie wollten den Linken-Politiker zur
Rede stellen, weil er untersagt hatte, dass die israelkritischen
Publizisten im Namen seiner Fraktion in deren Sitzungssaal und der Berliner
Volksbühne sprechen. Am 9. November, dem Jahrestag der Pogromnacht von
1938, wollten beide dort für den Boykott Israels werben.
Blumenthal verwarf die Kritik als Hetzkampagne eines „antipalästinensischen
Netzwerkes“, hinter dem ein jüdischer Milliardär und das
Simon-Wiesenthal-Zentrum steckten. Den Umgang seiner Kritiker mit der
deutschen Geschichte beschrieb er in der taz als „intellektuell
rückständig“.
Intellektuell fortschrittliche Politik in seinem Sinne wollte Blumenthal
wohl in den letzten Monaten in Nicaragua zeigen. Zu einem Zeitpunkt, als
das Regime von Daniel Ortega schon mehrere Hunderte getötet hatte,
interviewte er den Präsidenten, ohne eine kritische Frage zu stellen. Er
bot dem Staatschef eine Plattform, um die [2][repressiven Maßnahmen] zu
rechtfertigen, mit denen dieser seit April gegen Oppositionelle vorgegangen
war. Kein Wort darüber, dass Ortegas Familie beträchtliche Pfründen
eingesackt hat und die Sandinistische Befreiungsfront (FSLN) zu einem
korrupten Haufen verkommen ist.
## Von der CIA gesteuert?
Blumenthal lässt auch sonst keinen Zweifel daran, dass er die
Demokratiebewegung für eine vom CIA gesteuerte Konspiration gegen die
US-kritische Ortega-Regierung hält. Am 26. September veröffentlichte er auf
dem Onlineportal Mint Press einen Artikel, in dem er den Journalisten Carl
David Goette-Luciak denunziert. Er bezichtigte Goette-Luciak, der für den
Guardian und die Washington Post berichtete, im Auftrag der Opposition Fake
News zu verbreiten. Der US-amerikanisch-österreichische Reporter sei das
Sprachrohr der Bewegung zur Erneuerung des Sandinismus (MRS), die im
US-Interesse den Regime Change verfolge.
In der MRS sammeln sich Ex-Guerilleros und Intellektuelle, die maßgeblich
den Sandinismus prägten, Ortegas FSLN aber längst den Rücken gekehrt haben.
Etwa der Autor Sergio Ramirez oder die Politikerin Dora Maria Tellez, die
zu den erfahrensten Kritikerinnen der autoritären FSLN zählen. Blumenthal
nimmt sie sich vor.
## Gezielte Hasskampagnen
Blumenthals Artikel folgte einer Serie von Angriffen auf Goette-Luciak in
sozialen Medien, in denen dieser als CIA-Agent denunziert wurde. Unbekannte
veröffentlichten seine Adresse, das internationale Journalisten-Netzwerk
CPJ sprach von einer gezielten Hasskampagne. Wenige Tage, nachdem
Blumenthals Artikel erschien, wurde Goette-Luciak festgenommen und unter
Androhung von Folter des Landes verwiesen.
Keine Frage: Blumenthal soll schreiben können, was er will. So sieht es die
Pressefreiheit vor, auch wenn sich Ortega einen Dreck darum schert. Und
auch wenn Blumenthal dabei die Stasi-Arbeit der Regierung übernimmt.
Allerdings sollte er sich nicht zu sicher fühlen. Jahrelang mussten Bücher
der Autorin Eva Golinger herhalten, um den Gringos den Schrotthaufen in
die Schuhe zu schieben, den das chavistische Regime in Venezuela
hinterlassen hat. Die Juristin hatte recherchiert, dass einige
Oppositionelle ein paar Millionen Dollar aus den USA bekommen haben.
Doch jüngst kritisierte Golinger, dass Staatschef Nicolás Maduro an einer
UN-Versammlung teilgenommen habe, um dort seinen US-Kollegen Donald Trump
zu treffen. Das war offensichtlich zu viel. Der Präsident der
Nationalversammlung und einflussreiche Chavist Diosdado Cabello erklärte
die Autorin daraufhin zur „Agentin des Imperialismus“.
18 Oct 2018
## LINKS
[1] /Antisemitismus-Streit-fuehrt-bis-zur-Toilette/!5028912
[2] /Verhaftungen-von-Oppositionellen/!5528029
## AUTOREN
Wolf-Dieter Vogel
## TAGS
Nicaragua
Daniel Ortega
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Sandinisten
Gründer*innentaz
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