# taz.de -- Barley als Spitzenkandidatin nominiert: Nur noch kurz die SPD retten | |
> Katarina Barley stellt sich als Spitzenkandidatin für die EU-Wahl vor. | |
> Auf den Job als Justizministerin verzichte sie schweren Herzens. | |
Bild: SPD-Vorsitzende Andrea Nahles (l.) stellt Bundesjustizministerin Katarina… | |
BERLIN taz | „Da draußen brauchen sie mich jetzt / Die Situation wird | |
unterschätzt / Und vielleicht hängt unser Leben davon ab“, singt Tim | |
Bendzko. Und wäre der Song nicht schon vor sieben Jahren, erschienen, | |
könnte man meinen, er singt über Katarina Barley, die am Dienstag | |
überraschend [1][zur Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl] im Mai | |
nominiert worden ist. Barley, die innerhalb von drei Jahren drei Ämter inne | |
hatte – erst SPD-Generalsekretärin, dann Familienministerin und aktuell | |
Justizministerin. Und nun also Brüssel. Am Mittwoch trat Barley vor die | |
Presse, um ihre Motive zu erläutern. Es gibt zwei. | |
Sie wolle einerseits Verantwortung für Europa übernehmen, erklärte Barley. | |
„Die nächste Wahl ist eine Schicksalswahl.“ Die EU befinde sich am | |
Scheideweg: „Werden wir weiterhin mit den Mitgliedstaaten nach Lösungen zum | |
Wohle aller suchen oder verwandeln wir uns in eine Institution der | |
Egoisten, wo jeder nur noch nach seinem eigenen Vorteil strebt?“ Barley, | |
die einen deutschen und einen britischen Pass besitzt, bezeichnete sich als | |
geborene Europäerin. | |
Zugleich ist sie aber auch eingefleischte Sozialdemokratin: „Ich übernehme | |
Verantwortung für meine Partei“, erläuterte Barley ihren Grund Nummer zwei, | |
womöglich sogar der Hauptgrund. „Weil sie sich in durchaus schwierigem | |
Fahrwasser befindet.“ | |
## „Wechselnde Pegelstände“ | |
Das ist hübsch ausgedrückt. Bei der bayerischen Landtagswahl am Sonntag | |
halbierte sich die SPD und ist [2][nur noch fünftstärkste Kraft in Bayern]. | |
In eineinhalb Wochen wählt Hessen und der dortige SPD-Chef Thorsten | |
Schäfer-Gümbel unternimmt den dritten (und vielleicht letzten) Versuch, | |
Ministerpräsident zu werden. Die SPD liegt derzeit bei 23 Prozent und damit | |
deutlich hinter der CDU. | |
Die Partei braucht also dringend eine Aufmunterung. „Ich möchte meinen | |
Anteil dazu leisten, dass es nach oben geht mit der Sozialdemokratie“, | |
sagte Barley am Mittwoch. „Ich liebe diese Partei.“ | |
SPD-Vorsitzende Andrea Nahles, die Barleys Nominierung zuvor offiziell | |
verkündet hatte, nickte zu jedem ihrer Worte. Sie betonte, Barley sei ihre | |
erste Wahl gewesen, sie habe früh auf sie gesetzt und keinen anderen | |
Sozialdemokraten gefragt. Nahles und der Fraktionsvorsitzende der | |
Sozialdemokraten im Europaparlament, Udo Bullmann, nach Barley Platz zwei | |
auf der Liste, hatten sich schon vor einigen Monaten zusammengesetzt und | |
auf Barley geeinigt. Barley soll ihnen jedoch zunächst abgesagt haben. | |
Barley bestätigte das indirekt – „Es gab wechselnde Pegelstände.“ Zum | |
Schluss sei sie es aber gewesen, die auf Nahles zugegangen sei und gesagt | |
habe: „Ich mache es.“ Es falle ihr schwer, auf ihren Job als | |
Justizministerin zu verzichten, aber sie sei mit sich im Reinen. | |
## Ohne Gegenstimme | |
Im 17-köpfigen Parteipräsidium, das Barley nominiert hatte, gab es keine | |
Gegenstimme. Präsidiumsmitglied Ralf Stegner sagte der taz zu Barleys | |
Nominierung: „Das ist das positive Signal, das wir jetzt brauchen.“ Barley | |
stehe für eine moderne, progressive SPD. Ihre Nominierung, nach einigem Hin | |
und Her, sei eine sehr gute Entscheidung. | |
Barley muss nun noch von einer Delegiertenkonferenz am 9. Dezember | |
offiziell zur Spitzenkandidatin gewählt werden. | |
Bis zur EU-Wahl will sie Justizministerin bleiben und begründete das mit | |
wichtigen Vorhaben, die zu Ende gebracht werden müssten. Barley versprach | |
aber: „Sie werden sich nicht beschweren können über meinen Einsatz.“ Die | |
Latte liege hoch, das räumte Barley auch ein. Bei der vergangenen EU-Wahl | |
erzielte die SPD noch 27 Prozent, davon kann die Partei derzeit nur | |
träumen. Der damalige Spitzenkandidat: [3][Martin Schulz], zuletzt | |
SPD-Kanzlerkandidat. | |
18 Oct 2018 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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