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# taz.de -- Eröffnung Mercedes-Platz in Berlin: Wenn Investoren Stadt bauen
> In Friedrichshain eröffnet am Samstag der Mercedes-Platz mit Kino,
> Konzerthalle und Bowlingbahn. Kann der Retortenort mit Leben gefüllt
> werden?
Bild: Erst mal gucken, was hier los ist
Ungewohntes verlangt manchmal einen Vergleich. Und weil ein Platz wie der
Mercedes Platz in Berlin noch keine Vorbilder hat, wird José Ramón Alegre
gefragt, ob hier ein Berliner Times Square entsteht. Der
Vorstandsvorsitzende der Verti Versicherung AG, die am Mercedes Platz die
Verti Music Hall gebaut hat, freut sich über die Frage, spricht über sein
Leben als Spanier in Berlin und die Internationalität der Stadt, so als ob
Berlin gar keinen Vergleich mit New York mehr nötig hätte.
Nein, vergleichen mit anderen Städten muss sich Berlin nicht mehr, und auch
der neue Platz vor der Mercedes Benz Arena in Friedrichshain, der am
Samstag eingeweiht wird und am Donnerstag der Presse vorgestellt wurde,
soll ein Unikat werden. Als einen „Marktplatz“ bezeichnet ihn Michael
Kötter, Vizepräsident der Anschutz Entertainment Gruppe, die bereits 2008
die Arena an den Start gebracht hatte. Nun ist Mercedes Benz statt des
Handynetzbetreibers O2 als Namensgeber eingestiegen, doch die Idee ist
dieselbe geblieben: Sport, Unterhaltung, Massenevents. Was daran Marktplatz
sein soll, bleibt Kötters Geheimnis.
## Kegeln und Kino
Dennoch ist er, für Berliner Verhältnisse, ein Unikat. Zur Arena mit ihren
130 Veranstaltungen und 1,3 Millionen Besuchern pro Jahr kommt die Music
Hall mit bis zu 4.500 Plätzen. Das neue UCI Luxe Kino gegenüber zählt in 14
Sälen 1.700 Sitze, dazu gesellt sich eine Bowling World mit 28 Bahnen.
Insgesamt, so Kötter, sollen am Mercedes Platz alleine in der Arena und der
Music Hall 250 Events pro Jahr veranstaltet werden.
Nun ist es nicht so, dass es nicht auch an anderen Orten Berlins
Vergnügungszentren gibt. Der Potsdamer Platz hat seine Kinos, das Sony
Center ist gar als „Urban Entertainment Center“ gebaut worden – eine
Hommage an die Geschichte des Ortes, in der Vergnügungslokale den Mythos
der fiebrigen zwanziger Jahre begründeten.
Doch der Potsdamer Platz blieb, trotz Sony, ein europäischer Platz, auch
wenn sich die Investoren am Ende mit ihrer Vorstellung von Stadt
durchsetzen konnten. Am Mercedes Benz Platz ist die europäische Tradition
von Stadt dagegen nur noch ein Feigenblatt, wie Anschutz-Mann Kötter
erklärt. „Bei dem Teil des Platzes, der zur Spree liegt, gibt es typische
Berliner Fassaden und keine Medientürme.“ Das habe man mit dem Baukollegium
von Senatsbaudirektorin Regula Lüscher abgestimmt. Unmittelbar vor der
Arena stehen dagegen acht Türme mit jeweils zwei Bildschirmen, auf denen
die neuesten Mercedes Benz Produkte beworben werden. Leuchtreklame statt
steinerner Fassaden, das ist tatsächlich amerikanisch.
Die Benennung des Platzes nach einem Unternehmen ist also folgerichtig,
auch wenn sich die Anschutz-Gruppe alle Mühe gibt, Bodenständigkeit zu
demonstrieren. „Wir wollen bei der Eröffnung am Samstag das Signal senden,
dass das ein Platz ist, auf dem jeder willkommen ist“, sagte der zweite
Vizepräsident der Gruppe, Michael Hapka. „Der Mercedes Platz wird ein Ort,
wo man aufregende Dinge erleben, sich aber auch mit Freunden treffen kann.“
Es sei deshalb, so Hapka, „ein großartiges Geschenk, so einen Platz in
Betrieb nehmen zu dürfen.“ Ob der Ort aber, wie Hapka hofft, „lebendig“
wird, ist offen: Jede Retortengeburt steht am Anfang vor der Frage, ob sie
lebensfähig wird oder zur Totgeburt.
## Noch 'ne Shopping Mall
Bis das ganze Quartier um die Arena und den Platz herum in „Betrieb“
genommen werden kann, dauert es noch eine Weile. Erst 2022 soll alles
fertig sein. Noch im Herbst wird allerdings die Eastside-Shopping Mall an
der Warschauer Brücke ihre Türen öffnen, um die ebenfalls im Baukollegium
von Regula Lüscher gerungen wurde. Das daneben geplante Hochhaus, so
wünschte es sich Lüscher, solle „wilder“ werden und sich so wohl an die
„wilde“ Umgebung von Friedrichshain-Kreuzberg anpassen.
Vom Mercedes Benz Platz dagegen wünscht sich keiner mehr Wildheit. Von
Friedrichshain und Kreuzberg war beim Pre-Opening jedenfalls nichts zu
bemerken. Der Protest gegen die Media Spree, zu dem auch das Anschutz-Areal
gehört, scheint zur Ruhe gekommen zu sein, nachdem mit Genossenschaften wie
dem Spreefeld und dem Holzmark auch alternative Projektentwickler zum Zuge
gekommen sind. So hat jeder sein Stück Spreeufer bekommen – der eine mehr,
der andere weniger.
Und der Vergleich mit dem Times Square? Der hinkt noch aus einem anderen
Grund. Zwar ist der Platz am Broadway tatsächlich ein Theater- und
Vergnügungszentrum. Der vielleicht bekannteste New Yorker Platz ist aber
auch ein öffentlicher Raum, an dem demonstriert wird und auf dem die
jährliche Silvesterparty in New York stattfindet. Dass die Berliner Feier
zum Jahreswechsel vom Brandenburger Tor zum Mercedes Platz umzieht, ist
dagegen nicht zu erwarten.
11 Oct 2018
## AUTOREN
Uwe Rada
## TAGS
Friedrichshain-Kreuzberg
Spreeufer
Mercedes
Schwerpunkt Stadtland
RAW-Gelände
Musikindustrie
Shopping
Journalist
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