# taz.de -- Studie über Lärm im Alltag: WHO will das Leben leiser machen | |
> Die Weltgesundheitsorganisation hat neue Richtwerte für Lärm | |
> herausgegeben. Ein Appell an Politik und Wirtschaft: Es soll überall | |
> leiser werden. | |
Bild: Gefürchtete Lärmquelle: Flugzeugtriebwerk | |
BERLIN taz | Energie aus Wind ist gut fürs Klima. Aber sie beziehungsweise | |
der Wind macht auch richtig viel Lärm. So lautet das Ergebnis einer | |
Erhebung der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Erstmals hat die Behörde | |
Richtwerte für Windkraftanlagen, für Straßen-, Schienen- und Luftverkehr | |
bestimmt und Empfehlungen daraus formuliert. Demnach dürfen die Anlagen | |
tagsüber nicht lauter als 45 Dezibel sein. Sonst ist mit Schäden für die | |
Gesundheit zu rechnen, etwa mit Schlafstörungen oder | |
Herz-Kreislauf-Problemen. | |
Straßenverkehr sollte nicht lauter als 53 Dezibel sein, die Bahn Richtwerte | |
von 54 Dezibel nicht überschreiten und der Flugverkehr nicht lauter sein | |
als 45 Dezibel. Die WHO unterscheidet die einzelnen Verkehrsmittel, weil | |
sie unterschiedliche körperliche und seelische Auswirkungen haben. Bei | |
einer Autobahn gehen die Lärmexperten von einem dauerhaften Geräusch aus. | |
Züge und Flugzeuge machen kurzfristig Lärm. Die verschiedenen Intervalle | |
wirken sich jeweils anders auf das Wohlbefinden der Bevölkerung aus. | |
Die WHO hat erstmals solche konkreten Werte für Windparks formuliert. Die | |
Grenzbereiche etwa für Kneipen, Konzerte und anderen Freizeitlärm im | |
öffentlichen Raum hat die Behörde aktualisiert. Für genehmigungspflichtige | |
Anlagen in allgemeinen Wohngebieten gilt laut dem deutschen Umweltbundesamt | |
für die Lärmbelastung zurzeit ein maximaler Immissionsrichtwert von 55 | |
Dezibel tagsüber und 40 Dezibel nachts. An diese Vorschrift müssen sich | |
auch Windparks halten. Damit liegen die Anlagen mit ihrer Lärmbelastung | |
zwischen dem Sprechen im Flüsterton (30 Dezibel) und softer Radiomusik | |
(knapp 50 Dezibel). Zum Vergleich: Ein Haartrockner ist 70 Dezibel laut, | |
eine Kreissäge erreicht rund 100 Dezibel. | |
Der Bundesverband Windenergie reagiert prompt auf die WHO-Empfehlungen und | |
versucht zu beschwichtigen. „In Deutschland sind die Schallemissionen von | |
Windenergieanlagen bereits heute ein wichtiger Bestandteil der | |
immissionsrechtlichen Prüfung“, sagt Wolfram Axthelm, Geschäftsführer des | |
Lobbyverbands. In Teilen gingen die aktuellen Richtlinien sogar über die | |
Empfehlungen der WHO hinaus. Zum Beispiel, wenn es um Lärm in der Nacht | |
geht: In Wohngebieten dürften Schallemissionen 40 dB nicht überschreiten. | |
Thomas Myck vom Umweltbundesamt hält die Empfehlungen der WHO für | |
ambitioniert. Aber auch er sieht „deutlichen Handlungsbedarf“. Die | |
WHO-Analyse sei ein wichtiger und fundierter Meilenstein auf dem Weg, die | |
gesetzlichen Vorgaben entsprechend weiterzuentwickeln. | |
Die Leitlinien fallen strenger aus als die Werte, die derzeit in der | |
Europäischen Union gelten. Sie sind zwar nicht bindend, aber laut WHO ist | |
der Auftrag an die Politik eindeutig: Die Verantwortlichen, sowohl in den | |
Unternehmen als auch in Behörden oder auf der politischen | |
Entscheidungsebene sollen die Empfehlungen als Anstoß nehmen, für ein | |
leiseres Leben zu sorgen. | |
11 Oct 2018 | |
## AUTOREN | |
Tanja Tricarico | |
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