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# taz.de -- Grünen-Politikerin über das Bamf: „Das Skandal-Gerufe war groß…
> Die Grünen fordern ein Qualitätsmanagement für das Bamf. Nur so könne man
> rechtsstaatliche Verfahren garantieren, sagt Luise Amtsberg.
Bild: „Wir sehen ja, wie viele Entscheidungen von den Gerichten kassiert werd…
taz: Frau Amtsberg, am Freitag diskutiert der Bundestag über einen Antrag
der Grünen, ein umfassendes Qualitätsmanagement beim Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge (Bamf) zu implementieren. Ist das Ihre Reaktion
auf den sogenannten Bamf-Skandal vom Frühling?
Luise Amtsberg: Naja. Ich wundere mich, dass wir die ersten sind, die mit
einem solchen Antrag kommen. Immerhin war im April das Skandal-Gerufe groß,
FDP und AfD haben einen Untersuchungsausschuss gefordert und seitens des
Innenministeriums wurde die Angelegenheit [1][als „hochkriminell, kollusiv
und bandenmäßig“ eingeordnet]. Und jetzt – herrscht Ruhe. Keine Vorschlä…
der Regierung oder von FDP oder AfD. Wir Grüne hingegen beschäftigen uns
schon seit Jahren mit dem Bamf und fordern Reformen zur
Qualitätsverbesserung. [2][Dieser Antrag fasst zusammen, wo es aus unserer
Sicht hakt.]
Vieles in Ihrem Antrag liest sich ziemlich selbstverständlich für die
Arbeit einer Behörde – so sollen Mitarbeiter*innen etwa qualifizierte
Ausbildungen und regelmäßige Fortbildungen erhalten. Wozu braucht es Ihren
Antrag?
Ja, so sollten die Dinge laufen – [3][aber es ist leider nicht lückenlos
so]. Aber nur auf diese Weise kann ein rechtsstaatliches Verfahren
garantiert werden. Die Entscheider müssen mit dem Befragungswesen genau so
vertraut sein wie mit der Lage in den Herkunftsstaaten. Wir finden gut,
dass der jetzige Bamf-Chef dafür sorgt, dass Anhörer und Entscheider wieder
ein und dieselbe Person sind. Das ist ein sinnvoller und in der Praxis
bewährter Umgang.
Ist das nicht auch kritisch? Angenommen, die anhörende Person hat
irgendwelche Vorbehalte gegen einen Schutzsuchenden, wer kontrolliert das?
Das Vieraugenprinzip, also eine weitere Person, die die Entscheidung
überprüft, bleibt natürlich erhalten. Dieses Prinzip gehört zu einer
selbstkritischen Behörde unbedingt dazu.
Steckt denn auch etwas Neues in Ihrem Antrag?
Vieles. Wir fordern zum Beispiel eine flächendeckende unabhängige
Asylverfahrensberatung. Asylbewerber*innen müssen wissen, wie das
Asylverfahren abläuft und worauf es in der Anhörung ankommt. Viele haben
Probleme, über ihre Erlebnisse und Traumata zu sprechen und wissen nicht,
dass diese Erlebnisse für die Anhörung hochrelevant sind. Sie müssen gut
vorbereitet sein, im Übrigen auch, damit Unregelmäßigkeiten durch
Bamf-Mitarbeiter*innen durch die Betroffenen selbst erkannt und angezeigt
werden können.
Eine unabhängige und flächendeckende Asylverfahrensberatung ist auch Teil
des Koalitionsvertrags zwischen Union und SPD.
Ja. Gesehen haben wir davon aber noch nichts. [4][In den Ankerzentren in
Bayern] übernehmen Bamf-Mitarbeiter*innen die Beratung. Wir Grüne sagen
aber: Das darf keine staatliche Institution machen. Das muss jemand sein,
der in erster Linie die Interessen der Schutzsuchenden im Blick hat. und
der nicht befangen ist. Da ist das Bamf naturgegebener Weise zu befangen.
Sie wollen, dass neben positiven auch negative Asylbescheide
stichprobenartig überprüft werden. Wie groß ist denn das Problem mit
fälschlich negativen Bescheiden?
Wir sehen ja, wie viele Entscheidungen von den Verwaltungsgerichten
kassiert werden. Das sind mitunter deutlich über ein Viertel der Fälle
insgesamt, bei Syrern und Afghanen sogar über 60 Prozent – eine
erschreckende Zahl. Diese Quote liegt weit über dem, was in anderen
Verwaltungsangelegenheiten üblich sein dürfte und wiegt umso schwerer, als
es sich hier um Fragen eines Grundrechts dreht. Von der unnötigen Belastung
der Gerichte ganz zu schweigen. Aber das Bamf und die Union meinen, genau
dafür seien die Gerichte ja da. Ich bin jedoch der Auffassung, dass es im
Eigeninteresse einer Behörde liegen müsste, eventuelle Muster zu erkennen,
die zu einer solchen Fülle von Falschentscheidungen führen, um sie
abzustellen.
Und wie könnte man diese Muster erkennen?
Wir schlagen vor, diese und weitere Fragen durch eine unabhängige
Expert*innen-Kommission bearbeiten zu lassen, bestehend aus
Wissenschaftler*innen, Verwaltungsmitarbeiter*innen, Anwälte*innen,
Richter*innen, Dolmetscher*innen und NGOs.
19 Oct 2018
## LINKS
[1] /Gericht-untersagt-Pressemitteilung/!5534280
[2] http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/048/1904853.pdf
[3] /Ueberforderte-BAMF-Mitarbeiter/!5521475
[4] /Fluechtlingspolitik-in-Bayern/!5525061
## AUTOREN
Dinah Riese
## TAGS
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)
Asylverfahren
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