# taz.de -- Kommentar Mord an Viktoria Marinova: Unverständliche Passivität | |
> Nach dem Mord an der Journalistin Viktoria Marinova muss die EU handeln. | |
> Statt zuzusehen sollten Sanktionen gegen Bulgarien eingeleitet werden. | |
Bild: Der Demontage von Grundrechten und -freiheiten darf man nicht länger tat… | |
Nach dem [1][Mord an der bulgarischen TV-Journalistin Viktoria Marinova] | |
ist die Aufregung groß – wieder einmal. Das war auch im Februar dieses | |
Jahres so, als der slowakische Investigativjournalist Ján Kuciak und seine | |
Verlobte Martina Kušnírová regelrecht hingerichtet wurden. Kritische | |
Medienmacher werden in Mitgliedsstaaten der EU buchstäblich zum Schweigen | |
gebracht – ein Vorgehen, das aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion | |
bekannt, jedoch vielfach kaum noch einer Erwähnung wert ist. | |
[2][Über Kuciak spricht fast niemand mehr] und auch im Fall Marinova dürfte | |
die erste Empörung bald verpufft sein. Dabei war eine derart barbarische | |
Tat in Bulgarien – auch wenn die genauen Hintergründe noch unklar sind – | |
leider nur eine Frage der Zeit. | |
Denn Journalisten leben in dem Balkanstaat, der dieses Jahr auf dem | |
weltweiten Index für Pressefreiheit auf Platz 111 Schlusslicht in der EU | |
ist, gefährlich. [3][Bedrohungen von Journalisten sind an der Tagesordnung] | |
– manchmal vor laufender Kamera. Unbotmäßige Medien werden an ihrer Arbeit | |
gehindert, indem obskure Anschuldigungen gegen sie vorgebracht werden, die | |
in Ermittlungs- und Gerichtsverfahren münden. | |
Gelder aus Brüssel, die Bulgarien erhält, um über EU-Programme zu | |
informieren, verteilt die Regierung in Sofia so gezielt wie intransparent | |
an bestimmte Medien. Deren Vertreter üben sich im Gegenzug in Selbstzensur | |
und Gehorsam gegenüber den Machthabern. | |
Angesichts dieser negativen Entwicklung ist die Passivität der EU | |
unverständlich, ja sogar schädlich. Nicht nur, weil die Veruntreuung von | |
EU-Geldern in großem Stil für Teile des Regierungsapparats und Oligarchen | |
in Bulgarien bereits seit Jahren ein einträgliches Geschäft ist. Vor allem | |
geht es darum, der Demontage von Grundrechten und -freiheiten nicht länger | |
tatenlos zuzusehen. Rückhaltlose Aufklärung zu fordern ist richtig, aber | |
nicht ausreichend. | |
Brüssel muss jetzt handeln und im Rahmen seiner Möglichkeiten Sanktionen | |
gegen Bulgarien einleiten. Alles andere wäre eine Bankrotterklärung. | |
9 Oct 2018 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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