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# taz.de -- Kolumne Geht’s noch?: Gar nichts abgeschlossen
> Im Mordfall Marinova wurde ein Verdächtiger festgenommen. Die Missstände,
> die ihr Tod offenbarte, sollen vom Tisch sein? Von wegen!
Bild: Marinova recherchierte über mutmaßlichen Betrug mit EU-Fördergeldern i…
Der Mord an der bulgarischen Fernsehjournalistin [1][Viktoria Marinova
scheint aufgeklärt.] Ein bulgarischer Staatsbürger ist in Deutschland,
wohin er sich geflüchtet hatte, festgenommen worden und soll in den
nächsten Tagen nach Bulgarien überstellt werden.
Abgeschlossen ist der Fall damit allerdings nicht: Denn gegenüber der
deutschen Staatsanwaltschaft hat der Mann lediglich zu Protokoll gegeben,
unter Einfluss von Alkohol und Drogen im Zuge eines zufälligen Streits
Viktoria Marinova geschlagen und in ein Gebüsch geworfen zu haben. Einen
Tötungsvorsatz bestreitet er ebenso, wie die Journalistin vergewaltigt und
beraubt zu haben.
Hier werden die bulgarischen Behörden, die von einer besonders brutalen Tat
und von Vergewaltigung sprachen, für Aufklärung der Widersprüche sorgen
müssen. Ein politisch-ökonomisches Motiv für den Mord an der Moderatorin,
die in ihrer letzten Sendung Recherchen über vermuteten Betrug mit
EU-Fördergeldern in Bulgarien Öffentlichkeit verschafft hatte, ist
jedenfalls noch nicht ausgeschlossen.
An diesem Punkt könnte also, wer von mafiösen Irreführungsstrategien
zumindest schon mal gehört hat, sich mit einiger Berechtigung weitere
Gedanken machen. Und genau dies: Bulgarien „mit Dreck“ zu bewerfen, hat der
bulgarische Ministerpräsident Boiko Borissow den Medien, der Opposition im
eigenen Land und der internationalen Gemeinschaft, insbesondere der EU
vorgeworfen.
Das hätte er mal lieber gelassen. Bulgarien nimmt auf der Rangliste der
Pressefreiheit von [2][Reporter ohne Grenzen] unter den EU-Staaten den
letzten Platz ein. Der Großteil der Medien gehört Oligarchen, die auf eine
Unterscheidung von PR und Journalismus keinen Wert legen. Vor einem Jahr,
am 16. Oktober 2017, wurde die Journalistin [3][Daphne Caruana Galizia] auf
Malta durch eine Autobombe getötet. Am 25. Februar 2018 wurden der
slowakische Journalist [4][Ján Kuciak] und seine Verlobte erschossen
aufgefunden. In beiden Fällen gab es Festnahmen, aufgeklärt sind sie nicht.
Die Peripherie der EU wirkt wie eine Art [5][Freihandelszone für
Organisierte Kriminalität]. Und die ist „ein Phänomen, das man nicht löst,
indem man wehrlosen Bürgern Heldenmut abverlangt, sondern indem die
staatlichen Institutionen ihre Pflicht tun“. Diese Forderung des 1992 von
der Mafia ermordeten Richters Giovanni Falcone hat nichts von ihrer
Aktualität verloren.
12 Oct 2018
## LINKS
[1] /Mord-an-bulgarischer-Journalistin/!5542156
[2] https://www.reporter-ohne-grenzen.de/bulgarien/
[3] /Mordanschlag-auf-maltesische-Journalistin/!5517546
[4] /Mord-an-Investigativjournalist-Jan-Kuciak/!5538911
[5] /Debatte-EU-Osterweiterung/!5462536
## AUTOREN
Ambros Waibel
## TAGS
Schwerpunkt Pressefreiheit
Bulgarien
Kriminalität
Daphne Caruana Galizia
Ján Kuciak
Daphne Caruana Galizia
Bulgarien
Ján Kuciak
Daphne Caruana Galizia
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