| # taz.de -- Recycling von Bauabfall: Bauschutt im Bundesrat | |
| > Bauabfälle könnten nachhaltiger bewirtschaftet werden. Recyclingstoffe | |
| > stehen aber unter Verdacht, minderwertig zu sein. Jetzt wird | |
| > nachverhandelt. | |
| Bild: Die Bundesländer regeln den Einsatz von Recyclingbaustoffen jeweils unte… | |
| Wenn man nicht genau weiß, ob der Gaul noch lebt, auf dem man sitzt, was | |
| macht man dann? Peter Kurth veranstaltet in so einem Fall einen | |
| Parlamentarischen Abend. Vergangenen Montag hatte der Präsident des | |
| Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE) zu Wein und | |
| Buffet geladen. Thema: die Mantelverordnung Ersatzbaustoffe. Seit die | |
| damalige Bundesregierung sie 2017 verabschiedet hatte, vergammelt sie im | |
| Bundesrat. | |
| Es geht um die größte deutsche Abfallfraktion – 2016 machten rund 220 | |
| Millionen Tonnen Steine, Erde, Teer und Beton mehr als die Hälfte des | |
| deutschen Abfallberges aus. Erde findet meist in Deponien, Bauabbruch meist | |
| im Straßenbau Verwendung; auch die Verfüllung von Tagebauen, Stollen und | |
| Steinbrüchen gilt als „Verwertung“, daher die hohen Quoten von bis zu 95 | |
| Prozent. Etwa 25 Millionen Tonnen wurden 2016 auf Deponien gelagert. | |
| Ressourcenexperten sind sich einig: Bauabfälle könnten nachhaltiger | |
| bewirtschaftet und häufiger hochwertig in Neubauten eingesetzt werden. Bei | |
| privaten und öffentlichen Bauherren stehen Recyclingbaustoffe aber unter | |
| Verdacht, von minderer Qualität oder mit Schadstoffen belastet zu sein. | |
| Außerdem regeln die Länder ihren Einsatz jeweils unterschiedlich – für | |
| bundesweit planende Bauherren wie die Bahn ein Problem. | |
| Seit über zehn Jahren versucht der Bund, das Regelungswirrwarr zu | |
| entflechten. In der vergangenen Legislaturperiode gelang es der damaligen | |
| Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD), im Kabinett die | |
| Mantelverordnung zu verabschieden. „Der Kompromiss war gut“, sagt Daniel | |
| Bleher, Ressourcenexperte beim Öko-Institut in Darmstadt, „der Zielkonflikt | |
| zwischen Boden- und Wasserschutz auf der einen und der möglichst | |
| umfänglichen Verwendung von Ersatzbaustoffen auf der anderen Seite war | |
| weitgehend aufgelöst“. | |
| ## Der Kompromiss zum Kompromiss | |
| Der Entsorgerverband BDE stört sich zwar an manchen Einzelregelungen wie | |
| den Dokumentationspflichten, hält die Mantelverordnung aber für einen | |
| „wirklichen Fortschritt“. In Zukunft werde mehr gebaut, also gebe es auch | |
| mehr Bauabfälle. „Die Mantelverordnung ist eine Voraussetzung dafür, dass | |
| mehr Recyclingmaterial hochwertig eingesetzt werden kann“, so | |
| Verbandspräsident Peter Kurth. | |
| Allerdings müsste aufgrund der strengeren Grenzwerte auch mehr deponiert | |
| werden – etwa 10 bis 13 Millionen Tonnen. Schon warnt die Bauwirtschaft vor | |
| „Deponieengpässen“, die Opposition im Bundestag kritisiert, das Bauen werde | |
| durch höhere Entsorgungskosten teurer: Die Verordnung müsse gründlich | |
| überarbeitet werden, fordert Daniel Föst, bau- und wohnungspolitischer | |
| Sprecher der FDP. | |
| Einer der schärfsten Kritiker der Mantelverordnung ist Niedersachsen. Das | |
| Land „lehnt diese in der dem Bundesrat vorgelegten Fassung ab“, teilt das | |
| Bundesumweltministerium mit, „es geht davon aus, dass die Mängel dieser | |
| Verordnung im Bundesratsverfahren nicht vollzugstauglich behoben werden | |
| können“. | |
| Hartmut Haeming, Vorstandsvorsitzender der IG Deutsche Deponiebetreiber, | |
| vermutet, das Gesetz werde nur mit Öffnungsklauseln für die Bundesländer | |
| verabschiedet. „Dann bliebe der Flickenteppich an Regelungen bestehen“. | |
| Derzeit verhandelt der Bundesrat angeblich hinter den Kulissen – an einem | |
| Kompromiss zum Kompromiss. | |
| 16 Sep 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Heike Holdinghausen | |
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