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# taz.de -- Bauindustrie kämpft mit Nachhaltigkeit: Sonderklausel für Bayern
> Während die Bauindustrie sich vor höheren Kosten für Holz, Stahl und
> Kunststoff fürchtet, will der Bundestag Regeln für Recyclingbaustoffe
> zustimmen.
Bild: Könnte noch teurer werden: Bauen in München
Berlin taz | Materialengpässe und stark steigende Preise machen der
deutsche Bauwirtschaft zu schaffen. Noch halte man zwar an der Schätzung
fest, dass die Erlöse im Bauhauptgewerbe 2021 stagnieren dürften, sagte der
Präsident des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie (HDB), Peter Hübner,
am Donnerstag beim virtuellen Tag der Deutschen Bauindustrie. Stiegen die
Preise weiter, müsse man die Prognose allerdings überdenken.
2020 haben die rund 79.000 Betriebe des Bauhauptgewerbes mit ihren 893.000
Beschäftigten laut HDB 143 Milliarden Euro Umsatz gemacht und ihre
Produktion um 5,8 Prozent gesteigert. Der Bau sei trotz der Viruspandemie
mit einem „historisch hohen Auftragsbestand“ in dieses Jahr gestartet, bis
Ende März habe er sich auf 62 Milliarden Euro erhöht, sagte Hübner. Wie es
weitergehe, sei aber ungewiss. „Im Stahl-, Holz- und natürlich auch
Kunststoffbereich haben wir das Problem, dass die Preise durch die Decke
gehen.“ Der Anstieg betrage bis zu 40 Prozent. Die Branche hofft nun vor
allem auf Investitionen der öffentlichen Hand, fürchtet aber, dass sich
klamme Kommunen mit ebensolchen Ausgaben zurückhalten könnten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte in ihrem Grußwort, politische
Maßnahmen für einen neuen Aufschwung müssten an den Klimazielen
ausgerichtet werden. Der Gebäudesektor war 2020 der einzige, der schon die
bisherigen Klimaziele nicht einhalten konnte. Deshalb soll
Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU) noch im Sommer ein Programm
vorlegen, wie der Bereich auf Kurs kommt.
Zuletzt hatte Seehofer in Sachen Nachhaltigkeit im Bau allerdings wenig
Ehrgeiz gezeigt. Um Sonderinteressen der bayerischen Bauwirtschaft und
Kiesgrubenbesitzer zu bedienen, brachte er fast ein jahrzehntelanges
Gesetzgebungsverfahren zu Fall. Dieses sollte verschiedene Regelungen der
Länder zur Verwendung und Entsorgung von Bauschutt und Recyclingbaustoffen
bundesweit in einer Mantelverordnung vereinheitlichen. Bauabfälle wie
Steine, Erden und Asphalt sind mit 220 Millionen Tonnen der größte
Abfallstrom in Deutschland.
## Bayern bleibt das Land der Kiesgruben
Traditionell wird in Bayern viel Bauschutt in alten Ton- und Kiesgruben
entsorgt – dies wäre mit der neuen Verordnung eingeschränkt worden.
Schließlich verhandelte Seehofer eine Sonderöffnungsklausel hinein, die
bislang nur Bayern nutzen will. In der Nacht zum Freitag soll die
Mantelverordnung nun im Bundestag beschlossen werden, Experten erwarten,
dass der Bundesrat danach auch zustimmt.
Die Lex Bayern sei „paradox“, sagt die umweltpolitische Sprecherin der
Grünen im Bundestag, Bettina Hoffmann. Der einheitliche Rechtsrahmen werde
gleich wieder torpediert. „Mit dieser vermeintlichen ‚Bayern
first‘-Strategie erweist die CSU dem Baustoffrecycling und Naturschutz in
ihrem Heimatland einen Bärendienst“, so Hoffmann.
Allerdings sind, bei aller Kritik, die meisten Wirtschaftsverbände der
Debatte um das Gesetz inzwischen müde geworden. Man müsse jetzt mit der
Mantelverordnung „durch die Tür“ kommen“, forderte etwa Thomas Reiche vom
Institut für Baustoff-Forschung auf einer Anhörung im Bundestag, Holger
Lösch vom Bundesverband der Industrie beklagte, man könne fast von einer
„unendlichen Geschichte“ sprechen.
Auch wenn es in der Bauindustrie Vorbehalte gebe, müsse der Gesetzgeber
jetzt endlich zum Abschluss kommen. Auch künftig gehe es um die Abwägung
zwischen zwei Gütern: der Schonung natürlicher Ressourcen einerseits und
Wasser- und Bodenschutz andererseits, so Lösch.
10 Jun 2021
## AUTOREN
Heike Holdinghausen
## TAGS
Bauwirtschaft
Kreislaufwirtschaft
Umwelt
Recycling
Baustoffe
Recycling
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