| # taz.de -- Podcast „Passierte Tomaten“: Verschiedene Ziele | |
| > Die Fronten zwischen Queer- und Radikalfeminismus scheinen verhärtet. | |
| > *Trans Rapperin FaulenzA und Aktivistin Manuela Schon gehen ins Gespräch. | |
| Bild: Gemeinsam kämpfen – unmöglich? | |
| Verdrängt der Queerfeminismus die Anliegen des ursprünglichen Feminismus | |
| aus dem Bewusstsein? So lautet zumindest ein Vorwurf des Radikalfeminismus. | |
| Der Queerfeminismus hingegen fordert, sich mehr mit eigenen Privilegien | |
| aufgrund von Herkunft und Hautfarbe zu beschäftigen und eigenes | |
| Diskriminierungsverhalten zu reflektieren. | |
| Doch diesen Vorwurf verstehen manche Radikal- und andere Feminist*innen | |
| als Sprechverbote. So hat sich der Konflikt um den Queerfeminismus im | |
| letzten Sommer hochgeschaukelt und endete in großen Zeit-Artikeln [1][des | |
| Duos Judith Butler und Sabine Hark und von Alice Schwarzer], die sich darin | |
| gegenseitig antworteten, aber tatsächlich wenig auf die Argumente der | |
| jeweils anderen Seite eingehen. | |
| In unserem taz-Podcast wollen wir genau das versuchen – und zwar auf der | |
| einen Seite mit Manuela Schon. Sie ist Mitglied des | |
| [2][radikalfeministischen Bloggerinnenkollektivs Störenfriedas], das sich | |
| [3][kritisch gegenüber dem Queerfeminismus geäußert hat]. Und auf der | |
| anderen Seite mit FaulenzA, *trans Rapperin, Aktivistin und Autorin [4][des | |
| Buches „Support your Sisters not your Cisters“]. | |
| Manuela Schon hat einen Kritikpunkt an dem Buch: Das Kapitel über Morde an | |
| *trans Frauen unter anderem in der Prostitution sei das Kürzeste und es | |
| nehme nicht in den Blick, dass die Täter in der Regel Männer seien. „Mir | |
| ist beim Thema Prostitution generell wichtig, zu sehen, welche Rolle Männer | |
| in der Prostitution haben, was für einen Blick sie auf Frauen in der | |
| Prostitution und auf Frauen in der Gesellschaft generell haben.“ | |
| Es geht in Diskussion auch um Begrifflichkeiten. Für FaulenzA ist es als | |
| *trans Frau wichtig, dass es auch einen Begriff für das Gegenteil von | |
| *trans gibt: „Sonst gibt es nur *trans und das Andere und das Andere wird | |
| dann als das Normale gesehen. Anstatt zu sagen, dass *trans auch normal und | |
| gut ist.“ Manuela Schon lehnt es allerdings ab, sich selbst als *cis Frau | |
| zu bezeichnen, nur weil sie sich auch mit dem Geschlecht identifiziert, das | |
| sie bei ihrer Geburt zugewiesen bekam. „Ich identifiziere mich aber nicht | |
| mit den Erwartungshaltungen, die an eine Frau gestellt werden. Deshalb will | |
| ich nicht als *cis Frau bezeichnet werden.“ | |
| Aber worum geht es beim Streit zwischen Radikal- und Queerfeminismus | |
| eigentlich? Um einen unterschiedlichen Fokus im feministsichen Kampf? „Ich | |
| glaube, auch das Ziel ist ein anderes“, meint Manuela Schon. „Im | |
| Queerfeminismus ist das Ziel die Selbstermächtigung in den bestehenden | |
| Strukturen. Im Radikalfeminismus wollen wir ganz andere Strukturen.“ Dem | |
| kann FaulenzA nicht zustimmen. Ihr geht es um beides – und bei der | |
| Abschaffung bestehender Strukturen nicht nur um das Patriarchat sondern | |
| auch um den Kapitalismus. | |
| FaulenzA kreidet außerdem an, dass Radikalfeministinnen *trans Frauen nicht | |
| nur den Zugang zu Frauenräumen, sondern sogar zu Frauentoiletten verwehren | |
| wollen. „*Trans Frauen nicht als Frauen anzuerkennen, ist Diskriminierung“, | |
| sagt sie. Manuela Schon erzählt dazu: „Frauen in meinem Umfeld, die | |
| sexuelle Gewalt erlebt haben, können sonst nicht auf die Toiletten gehen, | |
| weil sie sonst damit rechnen müssen, eventuell einen Penis zu sehen. Mit | |
| einem schweren Trauma geht das nicht.“ FaulenzA besteht darauf, *trans | |
| Frauen in Frauentoiletten zu akzeptieren. Wären abschließbare Toiletten mit | |
| jeweils eigenen Waschbecken dann nicht eine Lösung? – fragt Manuela Schon, | |
| FaulenzA stimmt dem zu. | |
| Zum Schluss betont Manuela Schon die Wichtigkeit davon, zusammen gegen | |
| Ungerechtigkeit und das Patriarchat zu kämpfen, FaulenzA wiederholt ihr | |
| Lieblingsmotto: „Let's be careful with each other so can be dangerous | |
| together.“ (Auf Deusch: „Lasst uns achtsam miteinander umgehen, damit wir | |
| zusammen gefährlich sein können.“) Dass Radikal- und | |
| Queerfeminist*innen gemeinsam a einem Strang ziehen, ist also wohl | |
| doch nicht völlig unmöglich. | |
| *** | |
| Hier können Sie sich das ganze Gespräch zwischen FaulenzA und Manuela Schon | |
| anhören – über feministische Ziele, Prostitution, Zugang zu Frauenräumen | |
| und den Kampf gegen Patriarchat und Kapitalismus. | |
| *** | |
| Vom 9. bis zum 14. September 2018 veröffentlichen wir täglich ein neues | |
| Podcast-Gespräch zu feministischen Streitthemen auf [5][taz.de] und unseren | |
| Kanälen bei Spotify und iTunes. Alle Gespräche erscheinen zum Jahrestag des | |
| Tomatenwurfs am 13. September gedruckt in der taz. Mit diesem Spezial | |
| launchen wir außerdem auf taz.de einen [6][Schwerpunkt zu feministischen | |
| Themen]. Schließlich steht die taz seit 40 Jahren für kontinuierliche | |
| feministische Berichterstattung. | |
| 13 Sep 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Alice-Schwarzer-gegen-Judith-Butler/!5439384 | |
| [2] https://diestoerenfriedas.de/ | |
| [3] https://diestoerenfriedas.de/queerfeminismus-der-anfang-vom-ende-der-meinun… | |
| [4] https://www.edition-assemblage.de/support-your-sisters-not-your-cisters/ | |
| [5] /Podcast-Passierte-Tomaten/!t5533630 | |
| [6] /!p5190/ | |
| ## AUTOREN | |
| Juliane Fiegler | |
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