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# taz.de -- Neues Album von Helena Hauff: Die Menschmaschinistin
> Die Hamburgerin Helena Hauff hat kürzlich ihr zweites volles Album
> „Qualm“ veröffentlicht. Es ist „rough“ in all seinen Bedeutungen.
Bild: Ein Dark-Wave-Schleier legt sich über ihre Musik: Helena Hauff
Wenn Helena Hauff aus dem Maschinenraum kommt, bringt sie meist ein gutes
Stück Musik daraus mit. Ihren Gerätepark hat die Hamburger Produzentin
praktischerweise bei sich zuhause eingerichtet, gefüllt mit Sequenzern,
Rhythmusmaschinen, 303- und 808-Synthesizern.
Düstere, technoide Sounds zwischen Acid, Electro und Industrial produziert
Helena Hauff damit; in aller Welt wird sie dafür geschätzt. Auch mit ihrem
zweiten vollen Album [1][„Qualm“] wird sich das nicht ändern – denn wie
viele ihrer Werke klingt es aufregend, eigenwillig, gewaltig.
Hauff hat in den vergangenen Jahren eine Produzenten- und DJ-Karriere
hingelegt wie hierzulande keine zweite – nur dass sie wohl nicht so gerne
„Karriere“ dazu sagen würde. Denn sie entstammt der widerborstigen
hanseatischen Subkultur, hat im [2][Golden Pudel Club] Anfang der
Zehnerjahre mit der Reihe „Birds and Other Instruments“ begonnen und war
später Resident DJ dort. Mit ihrer coolen, trockenhumorigen Art passt sie
auch bestens zu diesem Umfeld, nur ist sie mittlerweile wohl nicht mehr so
häufig am Fischmarkt anzutreffen, weil sie stattdessen durch die Welt
jettet.
„Qualm“ passt als Titel sehr gut zum Schaffen von Hauff, denn zum einen
kann die Musikerin dunklen, verrauchten Clubs etwas abgewinnen und widmet
ihrer aus der Mode gekommenen Leidenschaft für die Kippe auch schon mal
Songs ([3][„Fag Butts in the Fire Bucket“] – „Kippen im Ascheeimer“),…
anderen ist die englische Bedeutung des Wortes Qualm („Zweifel“,
„Bedenken“) ihrem Sound quasi eingeschrieben. Über den technoiden
Klanglandschaften schien bei Hauff schon immer ein hauchzarter,
tiefschwarzer Dark-Wave-Schleier zu liegen – ihre Musik wirkt wie gemacht
für feuchte, kleine Kellerclubs.
Auf ihrem neuen Album nimmt sich Hauff Zeit, es ist mit 56 Minuten
Spielzeit (bei 12 Stücken) ihre bislang längste Veröffentlichung. Das
Klangspektrum, das zu hören ist, ist gut in den Titeltracks abgebildet: In
„Qualm“ sind Sounds zu hören, die fast krautrock-/ambientmäßig anmuten, …
„No Qualms“ sind dann die gleichen Synthie-Melodien zu hören, während sich
aber ein knackiger Beat und Handclaps darüberlegen.
Diese Breite an Ausdrucksmöglichkeiten zeichnet das Album aus, da steht ein
verspielt-verquirlter Track wie „Entropy Created You and Me“ neben einem
von 80er-Electro beeinflussten Stück wie „The Smell Of Suds And Steel“ und
dem Eröffnungssong „Barrow Boot Boys“, der hypernervös und
krachig-aufgekratzt klingt. Der Sound der Hauff ist mit dem englischen
„rough“ in all seinen Bedeutungen gut umschrieben: Er ist hart, uneben,
grob, schwer, rau – und manchmal gewollt ungeschliffen.
Die düstere Anmutung und die postindustrielle Atmosphäre bleibt auf „Qualm�…
erhalten; sie habe sich immer schon für die dunkle Seite der Musik
interessiert, hat Helena Hauff einmal gesagt, allzu glückselige Musik komme
ihr immer so falsch vor. Hauff bevorzugt das Richtige im Falschen, bei ihr
ist intensive, alles andere als eindimensionale Menschmaschinenmusik zu
hören, die nur auf die Körper zu warten scheint, die sich von diesem Sound
ordentlich durchrütteln lassen. Am besten natürlich im verrauchten Club.
26 Sep 2018
## LINKS
[1] https://helenahauff.bandcamp.com/album/qualm
[2] https://pudel.com/
[3] https://www.youtube.com/watch?v=VhUcUQ8g7Rw
## AUTOREN
Jens Uthoff
## TAGS
elektronische Musik
Golden Pudel Club
Dancefloor
Tiflis
House
Berghain
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