# taz.de -- Startschuss für „The Ocean Cleanup“: Der Plastikfänger legt ab | |
> Boyan Slat will die Ozeane von Plastikmüll säubern. Diesem Ziel kommen | |
> der junge Mann und sein Team jetzt näher. In San Francisco legt der | |
> riesige Müllfänger ab. | |
Bild: Soll bald von Plastikmüll befreit werden: das Meer bei San Francisco | |
SAN FRANCISCO dpa | Im Schneckentempo zieht eine riesige schwarze | |
Kunststoffröhre mit der Aufschrift „System 001“ durch die Bucht von San | |
Francisco. Die 600 Meter lange überdimensionale „Schwimmnudel“ hält am | |
Samstag im Schlepptau eines Schiffes Kurs auf den größten Müllteppich der | |
Welt, zwischen der Kalifornien und Hawaii. Der Große Pazifische Müllwirbel | |
– der Great Pacific Garbage Patch – gehört zu den fünf größten | |
Strömungswirbeln weltweit, an denen sich gigantische Mengen Plastikabfall | |
sammeln. | |
An diesem „historischen Tag“, wie der Niederländer Boyan Slat den | |
Startschuss für sein Projekt „The Ocean Cleanup“ nennt, strahlt die Sonne | |
über San Francisco. Segelboote und Kajaks eskortieren den Schwimmkörper, | |
Schaulustige winken von der Golden Gate Brücke. „Es sieht magisch aus“, | |
freut sich Slat, der mit Reportern aus aller Welt den Stapellauf von einem | |
Begleitboot verfolgt. „Es ist unsere Mission, die Weltmeere von Plastik zu | |
befreien“, erklärt der 24-Jährige. | |
Fünf Jahre lang hat das Team Modelle getestet, Expeditionen und Analysen | |
durchgeführt und die Konstruktion für das Projekt immer wieder verändert. | |
„System 001“ wurde seit März in der Bucht von San Francisco zusammengebaut, | |
knapp 500 Kilometer vor der Küste wird es nun zwei Wochen lang einer | |
Generalprobe im offenen Meer unterzogen. Dann soll es 2000 Kilometer weiter | |
gen Westen zum Pazifischen Müllwirbel gehen. | |
An dem Schwimmkörper hängt eine Art Vorhang aus dicht gewebtem Plastik drei | |
Meter tief ins Wasser. Die Konstruktion soll später mit der Meeresströmung | |
und von Wellen und Wind getrieben durch den Müllteppich gleiten. Wie | |
Fangarme sollen sich die beiden Enden des Kunststoffrohrs U-förmig um die | |
Plastikteile legen, so der Plan. | |
Doch viele Fragen sind noch offen, räumt Projektmanagerin Lonneke | |
Holierhoek ein. Welche Form nimmt die Röhre auf hoher See an? Wie viele | |
Plastikteile sammeln sich in der Filteranlage? Wie gut übersteht das System | |
Winterstürme und hohen Wellengang? „Wir sind zuversichtlich, dass wir | |
richtig kalkuliert haben, doch nun müssen wir diese Aspekte austesten“, | |
sagt die Ingenieurin Holierhoek. | |
## Nervenarufreibende Tests erwartet | |
Bedenken, dass sich Meerestiere in der schwimmenden Barriere verfangen, | |
weist das Team von „The Ocean Cleanup“ zurück. „Es gibt kein Netz, in dem | |
sie hängen bleiben könnten“, erklärt der Ozeanograf Laurent Lebreton. Tiere | |
würden an dem undurchlässigen Vorhang quasi abgleiten und mit der | |
Wasserströmung unter der Anlage wegtauchen. | |
Die nächsten Monate mit kritischen Tests werden „recht nervenaufreibend“ | |
sein, glaubt Slat. Er freue sich aber jetzt schon darauf, wenn das erste | |
Schiff mit einer Ladung Plastik in den Hafen einlaufe. Schiffe sollen wie | |
Müllwagen zu den Anlagen fahren und das umzingelte Sammelgut zur weiteren | |
Verarbeitung oder Entsorgung an Land bringen, so die Vorstellung des jungen | |
Erfinders. Läuft mit „System 001“ alles wie geplant, dann sollen 60 | |
derartige Anlagen installiert werden, nicht nur im Pazifik, sondern auch in | |
anderen Strömungswirbeln. Das Ziel von „The Ocean Cleanup“: Bis 2040 sollen | |
weltweit 90 Prozent des Plastikmülls in den Ozeanen beseitigt werden. | |
„Das ist ehrgeizig, wird aber von Wissenschaftlern und Berechnungen | |
unterstützt“, meint Projektsprecher Joost Dubois. Vorausgesetzt, dass in | |
den nächsten Jahren weniger Plastik in die Meere gelangt. Auch Slat betont, | |
es habe oberste Priorität, weitere Verschmutzung zu verhindern. | |
Verpackungen, Flaschen, Tüten, Fischernetze – schon jetzt verschmutzen | |
gigantische Mengen Plastik die Weltmeere. Wissenschaftler von „The Ocean | |
Cleanup“ und verschiedenen Universitäten sprechen von 1,8 Billionen | |
Plastikteilen alleine im am stärksten verschmutzten Pazifikgebiet, das sich | |
über eine Fläche von 1,6 Millionen Quadratkilometern erstreckt – mehr als | |
viermal die Fläche Deutschlands. Wie viel es weltweit ist, weiß keiner | |
genau. Schätzungen gehen von bis zu 150 Millionen Tonnen aus. Plastik kann | |
sich in kleinste Partikel zersetzen, auch giftige Stoffe gelangen in die | |
Nahrungskette. | |
## Als Jugendlicher mehr Plastik als Fische gesehen | |
Schon mit 16 Jahren war Slat beim Tauchen in Griechenland die Idee für | |
einen Clean-Up gekommen, als er im Wasser „fast mehr Plastik als Fische“ | |
sah. Er konnte Investoren sowie zahlreiche Universitäten und Unternehmen | |
für sein Millionenprojekt gewinnen. Vor der Nordseeküste wurden dann die | |
ersten Prototypen getestet. Die Zentrale wechselte kürzlich von Delft nach | |
Rotterdam. | |
Von dort wird auch Slat in den kommenden Wochen die ambitionierte | |
Reinigungsaktion am anderen Ende der Welt mitverfolgen. Die schwimmende | |
Anlage sammelt und schickt sämtliche Daten von Sensoren und Kameras, die | |
von Sonnenenergie gesteuert werden, über Satelliten in die Zentrale. Slat | |
glaubt fest an den Erfolg seines Projekts. „Ich bin von Natur aus recht | |
besessen, meine Ideen durchzuziehen“, sagt der 24-Jährige. „Und angesichts | |
der Größe des Plastikmüllproblems ist ein Scheitern einfach keine | |
Alternative.“ | |
9 Sep 2018 | |
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