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# taz.de -- Bahn streicht Züge im Raum Lübeck: Mobil – mit dem Taxi
> Die Bahn cancelt Verbindungen um Lübeck, weil Lokführer*innen fehlen.
> Stattdessen lässt sie die Fahrgäste mit Bussen und Taxis durch
> Schleswig-Holstein fahren.
Bild: Leere Bahnsteige: Einige Verbindungen um Lübeck kann die Bahn derzeit ni…
Bremen taz | Es klingt wie die Bankrotterklärung eines
Transportunternehmens: Weil es einen Engpass an LokführerInnen gibt, muss
die Bahn Zugverbindungen streichen – und lässt die Fahrgäste stattdessen
mit Bussen und Taxis durch Schleswig-Holstein kutschieren. Seit dem
vergangenen Montag kommen die Fahrgäste im Raum Lübeck in den zweifelhaften
Genuss einer Taxi- statt Bahnfahrt – und zwar „bis auf Weiteres“, wie die
Bahn auf ihrer Website verkündet.
Einzelne Verbindungen zwischen Lübeck und Lüneburg, Kiel, Travemünde,
Neustadt und Puttgarden sind betroffen. Man habe darauf geachtet,
versichert die Bahn, „dass Zugverbindungen entfallen, die aufgrund von
Tagesrandlagen deutlich weniger Fahrgäste betreffen“.
Der Personalengpass bei den LokführerInnen – in Schleswig-Holstein sollen
derzeit 27 Stellen unbesetzt sein – sei aber kein rein
schleswig-holsteinisches Problem, sondern beschäftige „aktuell die gesamte
Branche“, sagt Bahn-Sprecher Egbert Meyer-Lovis. Die DB Regio in
Schleswig-Holstein habe ihre Rekrutierungsanstrengungen bereits „deutlich
verstärkt“ und begegne dem Engpass mit einer „Ausbildungsoffensive“. Alle
zwei Monate beginnen neue Lehrgänge, zuletzt seien am 1. September „neun
neue Lokführer-Anwärter begrüßt“ worden.
Dass die Bahn zunehmend Probleme hat, Personal zu rekrutieren, ist
tatsächlich nicht ganz neu. Erst im vergangenen Jahr sorgte das Unternehmen
mit einer Art Massen-Speeddate für Aufsehen, bei dem in sieben Städten an
sieben Tagen 1.000 neue BewerberInnen rekrutiert werden sollten. Viele
Bahnberufe gelten aufgrund von Schicht- und Wochenendarbeit jedoch als
unattraktiv, frei werdende Stellen können daher nur schwer nachbesetzt
werden.
## Massen-Speeddating für Bahnberufe
Den schleswig-holsteinischen Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP)
überzeugt diese Argumentation nach Angaben seines Sprechers nicht: Ein
Unternehmen, dass sich um einen solchen Auftrag bewerbe und nach dem
Zuschlag vom Land dreistellige Millionenbeträge für den Betrieb der
Strecken erhalte, müsse dann auch in der Lage sein, ausreichend Personal
bereitzustellen, sagt Ministeriumssprecher Harald Haase. „Und dazu gehört,
sich auch rechtzeitig darum zu kümmern.“
Der Verkehrsminister will die Streichung der Verbindungen jedenfalls nicht
ohne Weiteres hinnehmen und bringt deshalb Strafzahlungen für die Bahn ins
Gespräch – Leistungen, die nicht erbracht würden, so die Logik, würden dann
eben auch nicht vergütet. Im Übrigen soll ein für Ende September
anberaumtes Treffen mit dem Vorstand der DB Regio Klarheit bringen.
Im für die Bahn schlimmsten Fall steht am Ende die ganze Strecke zur
Disposition – die Vergabe ist aktuell neu ausgeschrieben, ab dem Jahr 2022
könnte ein privater Betreiber den Zuschlag erhalten, sollte die DB Regio
nicht liefern.
## Den Schuss gehört
Ein weiterer Bahn-Brennpunkt im Norden ist die sogenannte
Marschbahn-Strecke nach Sylt. Auch hier gibt es massive Probleme, die
jedoch nicht am Personalmangel, sondern an der Strecke selbst liegen: Züge
von und nach Sylt sind verspätet oder fallen aus, viele Pendler bleiben
dabei täglich auf der Strecke.
Hier immerhin gibt es seit dem letzten Bahngipfel im nordfriesischen
Niebüll Hoffnung auf Besserung: „Ich habe das Gefühl, zumindest die DB Netz
hat den Schuss gehört“, sagt Verkehrsminister Buchholz. Denn die habe im
Sommer immerhin eine 160-Millionen-Investitionsoffensive für die Sylter
Marschbahn-Strecke aufs Gleis gesetzt. Die Hoffnung des Minister ruht jetzt
auf dem Treffen mit dem DB-Regio-Vorstand.
Und die Fahrgäste aus dem südöstlichen Schleswig-Holstein fahren bis dahin
weiter Taxi.
12 Sep 2018
## AUTOREN
Karolina Meyer-Schilf
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