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# taz.de -- Die taz-Saisonprognose für die Bundesliga: Dann legt mal los!
> Die Bundesliga-Saison hat begonnen. Endlich gibt es wieder Themen zum
> Streiten. Die Stammtischvorlage der taz für die Saison 2018/19.
Bild: Schmucker Zierteller: Der Abstiegskampf dürfte spannender werden als das…
## 1. Wettbewerbsfähigkeit
Wo steht der deutsche Fußball? Aus der Liga der Weltmeister ist die Liga
der Vorrundenversager geworden. In der Champions League erwartet man nicht
einmal mehr von FC Bayern den ganz großen Erfolg, und wegen eines 0:0 in
der Europa League bei einer Mannschaft aus Osteuropa mit einem drolligen
Namen wird kein Bürgermeister die Mannschaft seiner Stadt auf den
Rathausbalkon einladen. Ganz Fußballland wird heiß diskutieren: Wenn wir
schon niemand mehr sind, wie können wir wieder wer werden?
## 2. FC Bayern
Was wäre die Liga ohne den Rekordmeister? Er ist der verlässlichste
Schlagzeilenlieferant der Liga. Alle hören hin, wenn die Steuerhinterzieher
an der Klubspitze über gutes Wirtschaften referieren. Und wer will schon
die hübschen Instagram-Posts von James Rodriguez (40 Millionen Follower)
missen. Wann Lewandowski sich warum in München nicht mehr wohlfühlt, das
Thema ist eh ein Dauerbrenner. Und wie lange Trainer Niko Kovac in den
Augen der Steuerhinterzieher (siehe oben) genau der Richtige für Bayern
ist, das ist sowieso eine Frage, die sich mit jedem Tor stellt, das die
Bayern kassieren.
## 3. DFB
Eigentlich hat der DFB mit der Liga nicht mehr allzu viel zu tun. Die
Nationalmannschaft braucht halt die Spieler aus der Liga. Über die wird
viel gesprochen werden. Die Scharte von Kasan gilt es auszuwetzen. Bis
jetzt macht der DFB keine gute Figur dabei. Er muss sich von Bayern-Boss
Rummenigge amateurhaftes Verhalten vorhalten lassen und zusehen, wie dem
Mann allüberall applaudiert wird. Die Profis sind dabei, den DFB zu entern.
Es könnte das Jahr werden, in dem sie sich endgültig vom altehrwürdigen
Ehrenamtsverband loslösen. Dem DFB blieben dann noch die echten Amateure,
die Basis, von der Verbandspräsident Reinhard Grindel so gerne redet. Ob er
damit glücklich wird?
## 4. Videobeweis
Das Topthema der Vorsaison schafft es diesmal immerhin auf Platz vier. Bei
der WM gab es so etwas wie ein Lobgebot für den Videobeweis. Ausgerechnet
die Fifa hat demnach vorgemacht, wie es gehen kann. Der DFB hat in der
vergangenen Saison nicht so recht gewusst, wann die Referees an den
Bildschirmen nun einschreiten sollen oder nicht. Verbandspräsident Grindel
wollte alles klarstellen und hat dabei für noch mehr Verwirrung gesorgt.
Jetzt soll alles besser werden. Beim Probelauf im Supercup zwischen dem FC
Bayern und Eintracht Frankfurt hielten sich die Videoschiris total im
Hintergrund. Wenn das die neue Linie ist, wird es viele heiße Diskussionen
geben.
## 5. Investoren
Martin Kind wird uns auch in der kommenden Saison nerven. Der Kampf des
Chefs von Hannover 96 gegen die 50+1-Regel, die den Vereinen das letzte
Wort bei Entscheidungen in den oft eigenständigen Fußballfirmen zusichert,
soll weitergehen. Kinds Satz zum Bundesligaauftakt: „Zu uns kommt Ronaldo
eben nicht.“ Nach dem Fall der 50+1-Klausel wäre das natürlich anders. Und
alle Welt würde sich freuen, wenn ein US-Hegdefonds, Katar oder
Saudi-Arabien Hannover 96 einen Spieler wie Neymar spendieren würde. Wer’s
glaubt. Weil aber die Sorge um die Wettbewerbsfähigkeit der Liga so groß
ist (siehe 1.), werden die Diskussion über die Verfasstheit der Klubs so
schnell kein Ende finden.
## 6. Kommerz
Jeder Eckball hat einen Sponsor, jeder Spieler ein gesponsertes Einlaufkind
an der Hand, wenn er den Platz betritt. Die Stadiennamen sind verkauft, und
die Übertragungsrechte für Spiele in China werden immer teurer verkauft.
Die Spieler werden immer besser bezahlt und tragen Kopfhörer, weil sie
dafür auch bezahlt werden. Manche sprechen von einer Blase und freuen sich
schon auf deren Platzen, andere haben die Schnauze voll und träumen vom
Fußball, wie er früher war. Die meisten konsumieren einfach weiter.
## 7. Trainer
Wer wird wohl Trainer sein, wenn der VfL Wolfsburg am Ende der Saison
wieder gegen den Abstieg spielt? Auf diese Frage gibt es für etliche
Witzbolde auf Twitter nur eine Antwort: Adi Hütter. Der Österreicher, der
die ersten zwei Pflichtspiele (Supercup, DFB-Pokal) mit Pokalsieger
Eintracht Frankfurt versemmelt hat, gilt vor dem Anpfiff der Liga als
heißester Kandidat für die erste Trainerentlassung der Saison. Geht ja gut
los.
## 8. Fans
„DFB, DFL & Co. – ihr werdet von uns hören!“ Dieser Satz war auf so manc…
Banner zu lesen, das Ultras bei Spielen der ersten Runde im DFB-Pokal
gezeigt haben. Die Zeichen stehen auf Konflikt. Worum es geht? Der neue
Strafenkatalog für Vereine, deren Fans auffällig werden, kommt nicht gut
an. In einer Erklärung haben ihn die Ultras als „willkürliches
Ersatzstrafrecht“ bezeichnet. Dass sich Ultras auch von der Polizei oft zu
Unrecht vorverurteilt sehen, zeigt die massive Fanbeteiligung an den
Protesten gegen überall neu formulierte Polizeiaufgabengesetze. Ultras
können sehr schwierig sein, als Streiter für Bürgerrechte könnte man sie
direkt ernst nehmen.
## 9. Taktik
Mit der Dreierkette ist der Steinzeitfußball deutscher Machart zu einem
neuen Frühling gekommen. Schalke 04 hat gezeigt, dass man mit dieser Art
des Verteidigungsfußballs Vizemeister werden kann, ohne allzu viel in die
Offensive investieren zu müssen. Dieser Graue-Maus-Fußball hat sich zum
prägenden Stil der Liga entwickelt. Damit können auch minderbemittelte
Klubs im Mittelfeld mitmischen. Das reicht dann von Platz 2 bis zu Platz
17. Taktisch wird die Liga eher so mittel sein.
## 10. Weltklasse
Wer noch jung ist und drei halbwegs anständige Bundesligaspiele auf den
Rasen bringt, der wird schnell zum Weltklassespieler erklärt. So wurde
einst der Angreifer André Schürrle beinahe wie der eingeborene Sohn des
Fußballgottes verehrt. Vor Julian Weigl, der gewiss ganz gut vor der Abwehr
spielen kann, ist die halbe Nation auf die Knie gegangen. Und dem sicher
recht begabten Joshua Kimmich widmete die Bild-Zeitung eine ganze
Doku-Serie, die man getrost als filmische Hagiografie bezeichnen kann. Sind
wir also gespannt, welchen Weltklassespieler die Liga in dieser Saison
produziert.
## 11. Abstiegskampf
Nürnberg steigt ab. Düsseldorf sowieso. Schon lange ist kein Aufsteiger so
ehrgeizfrei in die Saison gestartet wie die beiden Klubs. Das kann nicht
gut gehen. Weil aber in jedem Jahr auch ein vermeintlicher oder selbst
gefühlter Großer ganz unten mitspielt, wird über den Abstieg mehr geredet
werden als über die Meisterschaft (siehe 18). Das muss nicht immer schlecht
sein. Hertha BSC würde ein Abstiegskampf zum Beispiel ganz guttun –
aufmersamkeitsökonomisch gesehen. Selbst viele Berliner wissen schon gar
nicht mehr, dass in ihrer Stadt Erstligafußball gespielt wird.
## 12. Hamburger SV
Der als Bundesliga-Dino jüngst ausgestorbene Absteiger der Vorsaison bleibt
auch in der Zweiten Liga ein erstklassiges Thema. Die Meldung, dass im
VIP-Bereich des Stadions aus Kostengründen demnächst keine gefalteten
Servietten mehr ausliegen werden, zeigt, welches Potenzial dieser Klub
immer noch hat.
## 13. Fernsehen
Ja wo laufen sie denn? Drei Spiele gibt es live im Free-TV zu sehen. Eines
am ersten Spieltag, eines am 17., eines am 18. Die Samstagsspiele werden
für zahlende Sky-Kunden gezeigt. Montags muss man bei Eurosport für
Livefußball von der Bundesliga zahlen und fünfmal auch sonntags. Außerdem
gibt’s alle 30 Freitagsspiele bei Eurosport. Die Spiele am Samstag um halb
vier gibt es in der Zusammenfassung umsonst in der „Sportschau“. Für
zahlende Kunden des Streamingdienstes DAZN sind bald nach Schlusspfiff
Schnipsel von den Partien zu sehen. Und Ausschnitte aus allen Spielen für
lau zeigt ein Sender namens RTL nitro. Darauf muss man aber bis Montag um
22.15 Uhr warten. Also, wo laufen sie jetzt noch mal? Und wann?
## 14. Experten
Lothar Matthäus, Mario Basler, Stefan Effenberg, Reiner Calmund, Edmund
Stoiber, Simon Rolfes, Erik Meijer, Klaas Heufer-Umlauf, Matthias Borussia
Sammer, Oliver Kahn, Philipp Lahm, Peter Neururer, Steffen Freund. An
Experten mangelt es dem deutschen Fußball nun wahrlich nicht. Fast jede
Meinung wird vertreten. Suchen Sie sich eine aus!
## 15. Mesut Özil
Spieler, Betreuer oder Funktionäre, die so ungeschickt sind etwas Kluges
oder Blödes zur Causa Mesut Özil zu sagen, werden noch eine gute Zeit damit
leben müssen, dass ihre Aussagen rauf- und runterinterpretiert werden. Der
Medienmesutomat wird noch eine Weile laufen – und rund um die Entscheidung
der Uefa am 27. September über den Austragungsort der Fußball EM 2024
besonders heiß. Die Bewerber: Deutschland und die Türkei.
## 16. Montagsspiele
Wieder werden fünf Bundesligaspiele an einem Montagabend stattfinden. Die
Auswärtsfahrer wird das ärgern. Aber wer ist schon Auswärtsfahrer? Man wird
sich an den Spieltermin gewöhnen, auch wenn die Kurvenfans dagegen
agitieren werden (siehe 8). Wer sich Sorgen um die Wettbewerbsfähigkeit der
Liga macht (siehe 1), nimmt die weitere Zerstückelung der Spieltage eh gern
in Kauf. Die Sender zahlen und schaffen an. Das ist schon lange kein
Aufreger mehr.
## 17. Relegation
Leider gibt es ja keinen dritten direkten Absteiger. Erfahrungsgemäß setzt
sich dann der Erstligist durch. Die drögen Duelle will wirklich niemand
sehen, darüber sprechen schon gar nicht.
## 18. Meisterschaft
Bayern wird Meister. Darüber muss man nun wirklich nicht weiter
diskutieren.
25 Aug 2018
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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