# taz.de -- Eintracht-Trainer Adi Hütter: Still und leise nach vorn | |
> Adi Hütter ist der wohl am meisten unterschätzte Trainer der Bundesliga. | |
> Dabei spielt Eintracht Frankfurt einen so attraktiven Fußball wie selten | |
> zuvor. | |
Bild: „Ich bin jetzt ein glücklicherer Trainer“: Adi Hütter | |
Frankfurt/M. taz | Als Adi Hütter sich am 30. Mai dieses Jahres im | |
prallvollen Pressekonferenzraum der Frankfurter Arena vorstellte, ließ der | |
Fußballlehrer noch viel Demut durchklingen. Beim Anflug über die Skyline, | |
verriet der 48-Jährige damals, habe ihn ein gewisser Stolz erfüllt: „Ich | |
habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich irgendwann einmal in der | |
deutschen Bundesliga arbeiten möchte. Ich habe fast zehn Jahre dafür hart | |
gearbeitet.“ | |
Doch würde sich ein Trainer mit solch einer Haltung bei einem Klub | |
behaupten können, der [1][unter Niko Kovač] mit dem Pokalsieg gerade ein | |
rauschhaftes Erweckungserlebnis gefeiert hatte? Knapp ein halbes Jahr | |
später spricht bei Eintracht Frankfurt niemand mehr vom Vorgänger. Weil ihn | |
der Nachfolger auch tabellarisch überflügelt hat. | |
Zum Auswärtsspiel beim FC Augsburg (Samstag 15.30 Uhr) reisen die Hessen | |
als Vierter und als Favorit – und danach ist Hütter erstmals Gast im | |
ZDF-Sportstudio. Eine Einladung, die in der Branche immer auch als | |
besondere Anerkennung verstanden wird. Angesichts der Erfolge, die Hütter | |
erzielt hat, erfolgte sie erstaunlich spät. Der aus Vorarlberg stammende | |
Familienvater wird noch immer ein bisschen verkannt, weil er vielleicht | |
nicht so spitzbübisch wie Lucien Favre (Borussia Dortmund), nicht so | |
selbstbewusst wie Dieter Hecking (Borussia Mönchengladbach) und nicht so | |
dominant wie Ralf Rangnick (RB Leipzig) wirkt. | |
Aber ein schlechterer Trainer als die vor ihm platzierten Kollegen ist er | |
deswegen bestimmt nicht. Im Gegenteil: Wer ihn unterschätzt, macht einen | |
gewaltigen Fehler. „Er hat eine ganz klare Analyse, ist eine klare | |
Persönlichkeit“, sagt Sportvorstand Fredi Bobic. Und Aufsichtsratsboss | |
Wolfgang Steubing lobt Ruhe, Gelassenheit und Kontinuität eines Trainers, | |
der seine Spieler schon immer auf fachlicher und menschlicher Ebene | |
abgeholt hat. Ein leiser Überzeugungstäter. | |
## Krasser Fehlstart | |
Hütter steht für eine nach vorne orientierte Spielphilosophie, die zur | |
längst nicht mehr launischen Diva vom Main perfekt passt; und die den | |
14-fachen österreichischen Nationalspieler schon beim Dorfklub SV Grödig | |
oder beim [2][Brauseverein Red Bull Salzburg] begleitete. Seine Devise: | |
„Die Zuschauer kommen ins Stadion, weil sie sehen wollen, dass nach vorne | |
gespielt wird. Ich stehe für den offensiven Fußball.“ Wobei diese | |
Einschränkung gilt: „Plan B ist nicht ausgeschlossen.“ | |
Dazu gehört bei ihm, sich auch Ratschläge abzuholen – und notfalls | |
anzunehmen. Als der Pokalsieger im Supercup (0:5 gegen den FC Bayern) und | |
DFB-Pokal (1:2 beim SSV Ulm) einen kolossalen Fehlstart hingelegt hatte, | |
und der neue Chefcoach so blass wirkte, dass bereits einige auf seine | |
baldige Entlassung wetten wollten, gab er sich als Pragmatiker zu erkennen. | |
Hütter griff auf das Kovač-System mit einer Dreierkette zurück, um die | |
Defensive zu stabilisieren: Der perfekte Plan, um hernach die Offensive | |
nach seinen Vorstellungen zu modellieren. | |
„Am Anfang haben wir so richtig einen auf den Deckel bekommen. Wir haben | |
uns gemeinsam aus dem Sumpf gezogen“, räumt Hütter ein. Viele Erfahrungen, | |
die er bei Young Boys Bern machte – den Klub führte er nach 32 Jahren | |
erstmals zur Schweizer Meisterschaft –, kämen ihm jetzt zugute, sagt er. | |
Der Spagat zwischen Bundesliga-Alltag und den Europa-League-Festspielen | |
gelingt seinem kraftvollen Multikulti-Ensemble fast mühelos, das seit neun | |
Pflichtspielen (acht Siege, ein Unentschieden) nicht mehr in die Knie | |
gezwungen wurde. So attraktiv wie aktuell hat die Eintracht vielleicht | |
zuletzt beim „Fußball 2000“ in den 90er Jahren gespielt. | |
Hütter („Ich bin jetzt ein glücklicherer Trainer“) lässt den Spielern in | |
jeder Hinsicht mehr Freiheiten als Kovač, spricht nach Darstellung der | |
Profis auch mehr mit ihnen. So tritt sein Team auch auf: erfrischender und | |
frecher, trickreicher und torhungriger. Allein sein furioses Sturmtrio mit | |
Luka Jović, Ante Rebić und Sebastién Haller hat 26 Mal getroffen. Der | |
Trainer lässt das Frankfurter magische Dreieck immer öfter gemeinsam auf | |
den Platz. | |
Sein Leitsatz: „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Spieler lieber | |
korrekt und mit harter Hand als ‚Laissez-faire‘ behandelt werden. Ich bin | |
kein Freund der Spieler, aber weit davon entfernt, ihr Gegner zu sein.“ Und | |
was hatte er bei seiner Vorstellung noch gesagt? „Ich glaube schon, dass | |
wir die Latte hier noch höher legen können.“ Viele in Frankfurt fragen sich | |
gerade: Wie hoch denn noch? | |
24 Nov 2018 | |
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## AUTOREN | |
Frank Hellmann | |
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