| # taz.de -- Bebauung des Dedesdorfer Platzes: Gemeinsam bauen und wohnen | |
| > Die Bewerbungsfrist für die Bauvorhaben am Dedesdorfer Platz in Walle hat | |
| > begonnen. Zwei Konzepte gemeinschaftlichen Wohnens stehen sich gegenüber. | |
| Bild: Gemeinsam Bauen kann super sein | |
| Bremen taz | Seit gut acht Jahren dauern die Planungen um die Bebauung des | |
| Dedesdorfer Platzes in Walle nun schon an, jetzt geht das Projekt in die | |
| entscheidende Phase: Drei Grundstücke sind ausgeschrieben, auf die sich | |
| Baugruppen und Mietgemeinschaften nun bis Ende Oktober bewerben können. | |
| Klar ist bislang: Nur etwa ein Drittel des rund 9.000 Quadratmeter | |
| umfassenden ehemaligen Sportplatzes werden bebaut – dafür hat eine | |
| Bürgerinitiative gesorgt, die den Platz am liebsten ganz ohne Wohnbebauung | |
| erhalten hätte – nur kann sich das eine Stadt in Zeiten akuter Wohnungsnot | |
| und hoher Mietsteigerungen im Bestand nicht mehr leisten. | |
| Die Drittel-Regelung ist ein durch langwierige Bürgerbeteiligung | |
| ausgehandelter Kompromiss. Eine weitere Prämisse ist die Bebauung mit | |
| Häusern, die gemeinschaftliche Wohnformen umsetzen. Die Stadtgemeinde | |
| Bremen fördert gemeinschaftliche Wohnprojekte besonders und bietet die | |
| Grundstücke zu günstigen Preisen im Rahmen eines Bewerber-Verfahrens an. | |
| Mehrere Baugruppen stehen dafür in den Startlöchern, um ihre Vorhaben auf | |
| einem der drei verfügbaren Grundstücke umzusetzen. | |
| Gemeinschaftliche Wohnformen gelten gemeinhin als förderlich für den | |
| Stadtteil, in dem sie entstehen: Immerhin bieten sie oftmals günstige | |
| Mieten, die auch dann noch stabil sind, wenn überall sonst die | |
| Immobilienhaie fleißig gentrifizieren. Viele Baugruppen verfolgen auch | |
| soziale Ziele und wollen über Gemeinschaftsflächen und Projekte auch | |
| kulturell in den Stadtteil hineinwirken. In erster Linie dienen | |
| gemeinschaftliche Wohnformen aber jenen, die darin wohnen. | |
| Die Baugruppe „waller leben e.V.“ etwa arbeitet seit 2015 an einem Konzept | |
| für gemeinschaftliches Wohnen am Dedesdorfer Platz, zehn Personen sollen in | |
| das von ihr geplante Haus einziehen. Ihr Modell ist das des | |
| Mietshäuser-Syndikats: Die MieterInnen sind in einem Hausverein | |
| organisiert, Eigentümerin wird jedoch eine extra gegründete | |
| „Hausbesitz-GmbH“, die vom Verein und vom Mietshäuser-Syndikat kontrolliert | |
| wird. | |
| Das bewirkt, dass das Gebäude im Prinzip nicht mehr verkauft werden kann | |
| und die Mieten sowohl in die Abzahlung der für den Bau benötigten Kredite | |
| als auch in die Instandhaltung des Gebäudes fließen. Das Gebäude wird so | |
| dem Immobilienmarkt entzogen, Investoren haben dort keine Chance mehr. | |
| Nach diesem Modell arbeiten in ganz Deutschland bereits rund 100 | |
| Baugruppen. Das Problem dabei: Die MieterInnen müssen für den Bau des | |
| Gebäudes erst einmal Eigenkapital aufbringen, damit die Bank den Bau | |
| finanziert. Entweder haben so nur MieterInnen eine Chance, die über die | |
| entsprechenden Mittel verfügen, oder es müssen Direktkredite etwa bei | |
| Freunden oder Verwandten eingeworben werden. | |
| ## Vorkaufsrecht für die MieterInnen | |
| Einen anderen Weg geht die LRP Immobilien GmbH, die sich ebenfalls um eines | |
| der Grundstücke am Dedesdorfer Platz bewirbt: Sie baut als Investor das | |
| Gebäude, einziehen soll dann eine Mietergemeinschaft. 25 Wohneinheiten | |
| sollen hier entstehen, mit einem Anteil von 25 Prozent an gefördertem | |
| Wohnraum. Ein Kooperationsvertrag mit der Stadt soll sicherstellen, dass | |
| die Preise hier ebenfalls nicht explodieren, auch wenn nach 20 Jahren die | |
| Sozialbindung der geförderten Wohnungen ausläuft: Die MieterInnen erhalten | |
| ein Vorkaufsrecht, der Kaufpreis soll gutachterlich festgelegt werden. | |
| Wer am Ende die Zuschläge erhält und dann am Dedesdorfer Platz seinen Traum | |
| vom gemeinschaftlichen Wohnen verwirklichen kann, entscheidet sich Ende des | |
| Jahres. Nach Ablauf der Bewerbungsfrist nimmt sich die Baubehörde zwei | |
| Monate Zeit, um die Konzepte zu prüfen. „Wir entscheiden nicht nur nach | |
| Aktenlage, wir wollen die Leute kennenlernen“, sagt der zuständige | |
| Koordinator Thomas Czekaj aus dem Bauressort. Anschließend erhalten die | |
| Favoriten neun Monate Zeit, um ihre Finanzierung sicherzustellen und den | |
| Kaufvertrag mit Immobilien Bremen zu unterschreiben. Bis am Dedesdorfer | |
| Platz tatsächlich gemeinschaftlich gewohnt wird, kann es daher durchaus | |
| noch einige Jahre dauern. | |
| 4 Sep 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Karolina Meyer-Schilf | |
| ## TAGS | |
| Stadtentwicklung Bremen | |
| Bremen | |
| Mieten | |
| Immobilien Bremen | |
| Städtebau | |
| Bremen | |
| Inklusion | |
| Grüne Bremen | |
| Bremen | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Zuschlag für solidarische Baugruppen: Dem Traumhaus näher | |
| Solidarische Baugruppen haben den Zuschlag für Grundstücke auf dem | |
| Dedesdorfer Platz in Bremen-Walle bekommen. | |
| Inklusion am Frühstückstisch: Alle unter einem Dach | |
| Inklusion hört nicht nach der Schule auf. Das zeigt ein neues Modellprojekt | |
| des Bremer Martinsclubs: In Schwachhausen gibt es jetzt eine inklusive WG | |
| Stadtentwicklung in Bremen: Baugemeinschaften sind sauer | |
| Indem es Grundstücke in Walle als Ganzes an einen Investor vertickt, | |
| verletzt Lohse-Ressort Absprachen und verhindert alternative Wohnprojekte | |
| Stadtentwicklung in Bremen: Baugemeinschaften außen vor | |
| Seit fast zehn Jahren hat Rot-Grün vor, alternative Wohnformen zu fördern. | |
| Die Verwaltung aber arbeitet dagegen und die Politik guckt weg |