Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne Lügenleser: Der Bedrohung von rechts begegnen
> Mit Rechten reden bringt nichts, das ist die Erkenntnis der vergangenen
> Jahre. Jetzt muss man den Neonazis entgegentreten: aktiv und
> praxisorientiert.
Bild: Manchen ist nicht mehr zu helfen
Die Zeit zu reden ist vorbei. Endgültig. Jetzt kann und muss es nur noch
darum gehen, klare Kante zu zeigen und nicht zuzulassen, dass den
inzwischen offen faschistischen Truppen der AfD weiterhin Straßenzüge,
Stadtteile oder ganze Bundesländer überlassen werden, und es gleichzeitig
immer noch Journalisten gibt, die von „rechtsgerichteten Demonstranten“
sprechen, wenn die versammelte Neonazi-Szene grölend ihren Wiederaufstieg
feiert. Es ist nicht fünf vor, sondern fünf nach zwölf.
Es mag ja Menschen geben, die an Amnesie leiden, aber wenn etwas aussieht
wie eine Ente, quakt wie eine Ente und schwimmt wie eine Ente – dann wird
es wohl eine Ente sein. Wer sich also mit Tausenden Leuten auf eine
Demonstration stellt, auf der Neonazis unter anderem den Hitlergruß zeigen,
und anschließend behauptet, es würde sich um linke Provokateure handeln,
dem ist nicht mehr zu helfen. Björn Höcke tat dies übrigens auch. Aber dem
ist ja sowieso nicht mehr zu helfen.
Wie soll man also mit Menschen diskutieren, die einem einerseits erzählen,
diese Flüchtlinge sollen sich wegen dem bisschen Bürgerkrieg nicht so
anstellen, und gleichzeitig behaupten, sie würden sich nicht vor die Tür
trauen, weil die muslimischen Horden vor der Tür nur auf sie warten? Wir
haben versucht, mit ihnen zu reden, und sind grandios gescheitert – das ist
die traurige Erkenntnis.
Es muss jetzt darum gehen, Menschen zu beschützen, die durch den rechten
Aufwind akut bedroht sind. Aktiv und praxisorientiert. Auf der Straße. Denn
unser Wunsch mit Nazis zu reden ist Teil ihrer Strategie. Zu denken, man
sei der Auserwählte und Überlegene, der sie entzaubern könne, ist eitel,
naiv und falsch.
Nazis bringen sich von jeher nicht konstruktiv in einen Diskurs ein,
sondern brutalisieren und zerstören jede Debatte. Das ist kein Zufall. Das
ist Teil ihrer Inszenierung, und jeder, der sich darauf einlässt – seien
das die inzwischen komplett absurden Talkshows, große Zeitungen oder auch
fucking YouTuber –, wird gewollt oder ungewollt Teil ihrer Inszenierung.
Die letzten Jahre haben das deutlich bewiesen.
Die Demonstrationen in Chemnitz und ihre Wirkung auf die noch schweigenden,
aber durchaus sympathisierenden Bevölkerungsteile in diesem Land sind der
wahr gewordene feuchte Traum eines Björn Höcke, der jetzt endgültig den
Schulterschluss mit der extremen Rechten praktizieren kann. Und es ist zu
befürchten, dass wir momentan verroht und abgestumpft genug sind, um auch
darauf mit Symbolpolitik und Konzertevents à la „Rock gegen rechts“ zu
reagieren. Doch das wird nichts helfen.
Je mehr die AfD und ihre faschistischen Horden zu Wort kommen, je mehr die
faschistische Sprache normal wird (und das wird sie bereits in
erschreckendem Maße) und je weniger militanten Widerstand wir leisten,
desto normaler wird Faschismus. Macht es ihnen nicht so leicht!
4 Sep 2018
## AUTOREN
Juri Sternburg
## TAGS
Lügenleser
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Neonazis
Chemnitz
Lügenleser
Twitter / X
Lesestück Meinung und Analyse
Lügenleser
Lügenleser
Schwerpunkt AfD
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kolumne Lügenleser: Die Höcke-Bewacher der Buchmesse
Am Freitag hielt Björn Höcke eine Veranstaltung bei der Frankfurter
Buchmesse ab. Polizei und Veranstalter verhinderten Proteste und
Berichterstattung.
Twitter zu angeblichem Hitlergruß: Die Absurdität von Fake-News
Ein gefakter Hitlergruß von Feine-Sahne-Fischfilet-Sänger „Monchi“ löst
eine Twitterdiskussion aus. Die „Bild“ teilt Gerüchte und ruft zur
Recherche auf.
Anleitung für eine bessere Streitkultur: Mit Linken reden
Solange Rechte morden und Menschen jagen, müssen sich Linke nicht den
kaputten Diskurs vorwerfen lassen. Ein Gesprächsleitfaden für Rechte.
Kolumne Lügenleser: Keine Macht für niemand
Gib jemandem eine Armbinde und er wird zum Scheusal. Am besten zeigt sich
das, wenn man S-Bahn-Securitys in Berlin beobachtet.
Kolumne Lügenleser: Was nicht aufregt, ist keine Meldung
Lauscht man den Diskussionen, glaubt man schnell, Deutschland stehe am
Rande einer Apokalypse. Was ist mit den eigentlich wichtigen Debatten?
Rezension „Mit Rechten reden“: Carl Schmitt und der HJ-Zwerg
„Mit Rechten reden“ ist ein als Sachbuch getarnter Mindfuck. Er dringt tief
in die Gehirnwindungen rechten Denkens ein.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.