Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Twitter zu angeblichem Hitlergruß: Die Absurdität von Fake-News
> Ein gefakter Hitlergruß von Feine-Sahne-Fischfilet-Sänger „Monchi“ löst
> eine Twitterdiskussion aus. Die „Bild“ teilt Gerüchte und ruft zur
> Recherche auf.
Bild: Sänger „Monchi“ von Feine Sahne Fischfilet auf dem #wirsindmehr-Konz…
„Können wir uns darauf einigen, dass der Hitlergruß nicht okay ist?“,
[1][fragte der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen während seines
Bürgergespräches nach den Großdemonstrationen in Chemnitz]. Gegen mehrere
Teilnehmer der Veranstaltungen, zu denen unter anderem die rechtsextreme
Initiative „Pro Chemnitz“, die AfD und die ausländerfeindliche Pegida
aufgerufen hatten, wird wegen ebenjener Geste ermittelt. Zwischenzeitlich
kursierten sogar Gerüchte, dass „linke Journalisten“ diese gefaket hätten,
was sich aber als unhaltbare Behauptungen herausstellte. Dies blieben nicht
die einzigen „Fake News“.
Nun gibt es eine neue Hitlergruß-Diskussion. Losgetreten hat sie Julian
Reichelt, Chefredakteur der BILD-Zeitung. Montagabend, nach dem Konzert in
Chemnitz unter dem Motto „#wirsindmehr“, [2][twitterte er einen Screenshot
von Sebastian Schmidtke. Darauf sollte ein angeblichen Hitlergruß des Feine
Sahne Fischfilet-Sängers Jan Gorkow, besser bekannt als „Monchi“, zu sehen
sein]. Dazu schrieb Reichelt: „Auf Twitter kursiert ein Foto von
@feinesahne Sänger Gorkow, der in Chemnitz den Hitlergruß zeigen soll.
Allerdings weist das Foto am Handansatz zwei auffällige Pixel auf, die auf
Montage hindeuten könnten. Handelt es sich um eine Fälschung? Wer kann
helfen?“
Schmidtke ist ehemaliger NPD-Landeschef von Berlin, der schon wegen
Volksverhetzung und Körperverletzung vor Gericht stand. [3][Während der
„Trauermärsche“ und „Pro Chemnitz“-Demos war die NPD breit vertreten],…
das oft mit eindeutigen Zeichen. Ermittlungen wegen dem Benutzen des
Hitlergrußes und „verfassungswidrigen Kennzeichen“ laufen, und die
Vermutung liegt nahe, dass die NPD hier mitgemischt hat. Reichelt
rechtfertigte das Nutzen einer solch problematischen Quelle mit
Dokumentationszwecken.
Die Forderung Schmidtkes nach Strafverfolgung, mit dem Verweis darauf, die
Woche zuvor sei „ja auch wegen allem ermittelt“ worden, zielt darauf ab,
die tatsächlichen Straftaten zu relativieren. Nach der Verschiebung der
Grenze des Sagbaren soll nun auch die der Symbolik ausgeweitet werden. Wie
weit Chemnitz hier in Teilen schon abgestumpft ist, zeigt Kretschmers
Ringen um Konsens auf grundlegendste Verbote.
## Wütende bis satirische Kritik
Der Vorfall zeigt, wie problematisch es für einen Journalisten ist,
Gerüchte auf Twitter zu teilen. Daran ändert auch eine halbherzige
Einschränkung durch die Frage, ob das denn eine Fälschung sei, nichts.
Twitter-Nutzer entlarvten das Bild schnell als Fake – eine Arbeit, die ein
Journalist, der die „Zwei Quellen-Regel“ kennen sollte, normal selbst
erledigt.
Schnell traten andere Twitter-Nutzer dem Gerücht sachlich entgegen.
[4][Morten Wenzek, selbst beschäftigt bei BILD, verlinkte als Antwort das
Video von dem fraglichen Vorfall], das klar zeigt: Es war kein Hitlergruß,
den „Monchi“ hier zeigte, sondern kämpferisches Gestikulieren. [5][Sogar
die Polizei Sachsen meldete sich, und kommentierte die unbestätigte
Meldung]: „Erste Ermittlungen ergeben aus unserer Sicht nur einen Schluss:
Das Foto ist ein Fake!“
Weitere Twitter-User reagierten emotionaler. Reichelts journalistische
Fähigkeiten wurden in Frage gestellt, andere waren der Meinung, er wisse
sehr genau um die Provokation. Die Idee, der Sänger einer linken Band, die
eben gerade gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit angespielt hatte,
könne rechtsextreme Symbolik benutzen, wurde als weltfremd abgetan.
„Propaganda“, „Brandstiftung“, „Hetze“ lautete die Kritik an dem Po…
[6][Jan Böhmermann beteiligte sich in gewohnter Manier mit Satire. Er
postete eine – offensichtlich gefakte – Collage], die Reichelt bei einem
vermeintlichen Hitlergruß und mit eingenässter Hose zeigen soll. Als
Grundlage nutzte er ein bekanntes Foto von zwei Zuschauern der
rassistischen Angriffe in Rostock-Lichtenhagen 1992 von Fotograf Martin
Langer. Dazu fragte er, ob ihm jemand helfen könne, herauszufinden, ob
dieses Foto Fake sei. In den Antworten darauf wurden immer absurdere Thesen
aufgestellt. Feine Sahne Fischfilet retweetete Böhmermanns Post – weiter
äußerten sie sich nicht zu dieser Twitter-Posse.
Verschiedene Medien sind dabei, [7][die Fake-News der letzten Tage
aufzuarbeiten]. In die Welt gesetzt wurden sie meist von rechten
Netzwerken. Von einem angeblichen zweiten Toten in Chemnitz bis hin zu
einer vermeintlichen betrunkenen Gegendemonstrantin wars alles dabei.
4 Sep 2018
## LINKS
[1] /Michael-Kretschmer-in-Chemnitz/!5529525
[2] https://twitter.com/jreichelt/status/1036707424906997760
[3] /Beteiligung-an-Demos-in-Chemnitz/!5529104
[4] https://twitter.com/morten_wenzek/status/1036708999863980034
[5] https://twitter.com/PolizeiSachsen/status/1036717528175788032
[6] https://twitter.com/janboehm/status/1036887657392037888
[7] https://www.watson.de/deutschland/analyse/595029414-hitlergru-von-links-ins…
## AUTOREN
Sarah Kohler
## TAGS
Twitter / X
Fake News
Chemnitz
Feine Sahne Fischfilet
Julian Reichelt
Jan Böhmermann
Medienpreis
Feine Sahne Fischfilet
Chemnitz
Lügenleser
Chemnitz
Schwerpunkt Rassismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Preis für diskriminierenden Journalismus: Bild-Chef erhält „Goldene Kartoff…
Julian Reichelt bekommt als Erster die „Goldene Kartoffel“ verliehen.
Medien, die unsachlich und verzerrt berichten, können den Preis bekommen.
Stiftung Bauhaus sagt ZDF-Konzert ab: Feine Sahne Fischfilet nicht erwünscht
Die Stiftung Bauhaus Dessau hat ein ZDF-Konzert von Feine Sahne Fischfilet
abgesagt. Linke und Grüne sind empört, der Wunsch von Rechten wurde
erfüllt.
Kommentar Benefizkonzert Chemnitz: Party oder Protest? Party-Protest!
Im Spätsommer 2018 ist die Situation in Chemnitz keine, in der
Protestformen klassifiziert werden sollten. Wichtiger ist, dass etwas
geradegerückt wurde.
Kolumne Lügenleser: Der Bedrohung von rechts begegnen
Mit Rechten reden bringt nichts, das ist die Erkenntnis der vergangenen
Jahre. Jetzt muss man den Neonazis entgegentreten: aktiv und
praxisorientiert.
CDU zu Feine Sahne Fischfilet in Chemnitz: Auch Annegret liebte Punk
2016 feierte CDU-Generalsekretärin Kramp-Karrenbauer noch ein Festival mit
Feine Sahne Fischfilet. Jetzt sieht sie Werbung für deren Auftritt
„kritisch“.
#wirsindmehr-Konzert gegen Rassismus: Alles anders in Chemnitz
Mehr als 50.000 Menschen sind am Montagabend für das Konzert von Kraftklub
& Co in Chemnitz. Gegenüber rechten Hetzern sind sie definitiv in der
Mehrheit.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.