# taz.de -- Investitionen in Ruanda: Chinas neue Textil-Werkbank | |
> Unternehmer aus Fernost entdecken das ostafrikanische Ruanda. | |
> Steuererleichterungen und Vorteile beim Export in die EU locken sie an. | |
Bild: „Werkbank der Welt“: Arbeiterinnen in einer chinesischen Textilfabrik… | |
KIGALI taz | Die Fabrikhalle glänzt in Signalfarben. Auf Hunderten | |
Nähtischen liegen Stoffe in Orange und Gelb. Hier werden Warnwesten | |
hergestellt. Mehr als 1.000 Mitarbeiter beschäftigt die erste chinesische | |
Textilfabrik in Ruanda – betrieben vom Unternehmen C&H. In der | |
Sonderwirtschaftszone der Landeshauptstadt Kigali lassen die Investoren aus | |
Übersee seit 2015 nicht nur Sicherheitskleidung, sondern auch | |
Militäruniformen und Poloshirts fertigen. | |
Man denkt in großen Maßstäben. „Wir sind mit 400 Mitarbeitern gestartet. | |
Innerhalb der kommenden fünf Jahre wollen wir aber 10.000 Beschäftigte | |
haben“, sagt Geschäftsführerin Malou Jontilano selbstbewusst und schreitet | |
durch die endlos wirkenden Reihen aus Nähmaschinen. | |
Mit knapp 13 Millionen EinwohnerInnen gehört der ostafrikanische Staat zu | |
den kleineren Ländern der Region. Ohne Meeresanbindung ist Ruanda | |
eigentlich als Produktionsstandort unattraktiv. Präsident Paul Kagame hat | |
mit seiner „Vision 2020“ trotzdem ehrgeizige Ziele formuliert. Ruanda soll | |
bis 2020 vom Entwicklungsland zum Staat mit mittleren Einkommen aufsteigen. | |
Das dürfte angesichts einer Armutsquote von 39 Prozent (Stand: 2014) zwar | |
nicht gelingen, allerdings kann Ruanda ein durchschnittliches | |
Wirtschaftswachstum von 7 Prozent in den vergangenen vier Jahren vorweisen. | |
Die Infrastruktur im Land gilt als vorbildlich. In Kigali wurde vor zwei | |
Jahren ein internationales Kongresszentrum eröffnet. | |
Und die ruandische Regierung versucht, Investoren ins Land zu locken. Wer | |
mehr als 10 Millionen Dollar investiert, zahlt keine Unternehmensteuern, | |
die Firmengründung ist vergleichsweise unkompliziert. Außerdem gilt das | |
Land als relativ sicher. In einer Sonderwirtschaftszone in Kigali hat | |
Volkswagen gerade [1][eine kleine Fertigungsstätte] eingeweiht. | |
## Chinesische Gerichte und Massagen | |
Viel deutlicher und sichtbarer sind aber die chinesischen Investments. | |
Unternehmen aus Fernost sind vor allem im Infrastrukturbereich wie dem | |
Straßenbau tätig. In Kigali haben sich Hotels auf finanzstarke Gäste aus | |
Fernost fokussiert: Sie bieten chinesische Gerichte und Massagen an. | |
„Für uns ist vor allem die Zollfreiheit für den Export in die EU wichtig“, | |
sagt Malou Jontilano. Über den Handel mit den USA spricht sie lieber nicht. | |
Die US-Regierung hat Ruanda gerade erst teilweise vom Agoa-Abkommen | |
ausgeschlossen, dass zollfreien Export von Textilien aus mehreren | |
afrikanischen Staaten ermöglichte. | |
Der Grund: Ruanda erschwert den Import von Secondhandkleidung aus den USA | |
und möchte eine eigene Textilindustrie aufbauen. Dabei helfen sollen die | |
Chinesen. Ein Teil der Kleidung soll für den ruandischen Markt produziert | |
werden. Hauptabnehmer für die Warnwesten ist das Vereinigte Königreich. | |
Paul Kagame und den chinesischen Präsidenten Xi Jinping soll laut | |
Beobachtern eine Art Freundschaft verbinden. Ende Juli besuchte Xi als | |
erster Regierungschef seines Landes den Ministaat und brachte weitere | |
Investments auf den Weg. Am Montag wurde bekannt, dass China | |
[2][Milliardenkredite auf dem gesamten afrikanischen Kontinent] vergeben | |
will. C&H investiert vor allem wegen der niedrigen Löhne in Ruanda. Einst | |
war das der Grund für Investitionen in China. Stattdessen ist die einstige | |
„Werkbank der Welt“ nun Großinvestor in Afrika. | |
China schafft damit Jobs für Geringqualifizierte. „Solange man physisch | |
dazu imstande ist, die Maschinen zu bedienen, kann man hier arbeiten“, sagt | |
Geschäftsführerin Jontilano trocken. Knapp 2 Dollar am Tag verdienen die | |
ArbeiterInnen in der C-&-H-Textilfabrik. Das ist etwa das x-Fache des | |
ruandischen Durchschnittslohns. Rekrutiert werden die Arbeiter von der | |
ruandischen Regierung in den Schulen des Landes. | |
Kagames Regierung ist darauf bedacht, dass Management-Positionen | |
vornehmlich mit Einheimischen besetzt werden. Daran hält man sich bei C&H | |
offenbar. Aus China kommt nur die Vorstandschefin. Weitere chinesische | |
Firmen wollen hier investieren. Dire Huajian Group plant eine Schuhfabrik | |
mit mehr als 20.000 Mitarbeitern in Kigali. | |
Recherchiert im Rahmen einer Journalistenreise der Deutschen Gesellschaft | |
für die Vereinten Nationen | |
3 Sep 2018 | |
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## AUTOREN | |
Jörg Wimalasena | |
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