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# taz.de -- #MeQueer zu LGBTIQ-Feindlichkeit: Deutschland hat die Hashtags nöt…
> Unter #MeQueer schildern Menschen ihre homo- und transfeindlichen
> Erfahrungen. Es ist wichtig, immer wieder den Finger in die Wunde zu
> legen.
Bild: Mit den Hashtags stirbt das Schweigen – sie können politische Verände…
Wieder ein neues virales Hashtag. Dieses Mal twittern LGBTIQ-Menschen ihre
Diskriminierungserfahrungen unter dem Hashtag #MeQueer. Ins Leben gerufen
wurde er von dem freien Autoren Harmut Schrewe. Der 51-Jährige ist seit
letztem Jahr mit seinem Mann verheiratet [1][und twitterte am 13. August]:
„Mein Mann ist mein Ehemann und nicht mein Kumpel. Wann hört das endlich
auf #Homophobie #MeQueer.“
In hunderten Tweets berichten daraufhin User*innen aus Österreich und
Deutschland am Wochenende von ihren homo- und transfeindlichen Erfahrungen
in ihrem Alltag. Viele finden dabei im Familien- und Bekanntenkreis, aber
auch in Schulen sowie von Unbekannten auf der Straße statt. Sie schreiben
von der Angst und den Reaktionen auf ihr Outing, aber auch Sprüche, die sie
sich immer wieder anhören müssen. Diese reichen von „Ach, das ist doch nur
eine Phase“ bis hin zu „Unter Hitler hätten wir dich wenigstens vergasen
können“.
Wie für Twitter üblich, gab es einen großen Backlash auf den Hashtag. Auf
die Erzählungen reagierten einige User*innen mit noch mehr Beleidigungen
oder relativierten die Aussagen („Aber in Afrika verhungern Kinder“).
## Three is a trend
Nun ist #MeQueer nicht der erste Hashtag, in dem Menschen von ihren
Diskriminierungen berichten. Im Oktober letzten Jahres startete im Zuge des
Harvey-Weinstein-Skandals die #MeToo-Debatte über sexualisierte Gewalt, die
international geführt wurde. Vor einem Monat wurde dann in Deutschland
unter [2][#MeTwo über Rassismus] diskutiert und nun eben über die
Diskriminierung von LGBTIQ-Menschen. Wie sagt, man so schön: Three is a
trend. Doch brauchen wir noch einen Hashtag, um über existierende
Diskriminierung in Deutschland zu sprechen?
Ein Hashtag schafft Diskriminierung nicht mit einem Schlag ab. Doch es kann
eine Initialzündung sein, eine neue Debatte anzustoßen. Die Tweets unter
#MeQueer zu lesen, ist schwer. Sie offenbaren Gewalt und Unterdrückung, sie
geben den Leser*innen einen Einblick darin, wie es ist, tagtäglich Hass
ausgesetzt zu sein, weil man ein Leben fernab der gesellschaftlichen Norm
lebt. Sie legen den Finger in die Wunde. Und das ist ein guter Start, denn
persönliche Erfahrungen erreichen uns Menschen meist häufiger als neu
vorgelegte Fakten und Zahlen zu dem Thema.
Doch das Wichtige ist, was nach dem Hashtag passiert. Nicht-Betroffene
müssen Selbstreflexion und Selbstkritik zu lassen, es muss Änderungen auf
politischer wie gesellschaftlicher Ebene sowie konkrete Lösungsvorschläge
geben. Doch die Hoffnung ist da, denn das System lebt vom Schweigen der
Betroffenen. Wenn die ihre Stimme erheben, beginnt es langsam zu brechen.
## Mehr als nur Hashtagaktivismus
Gerade #MeToo – was häufig als Hashtagaktivismus abgetan wurde – zeigt,
dass sich etwas verändern kann. Die Debatte über sexualisierte Gewalt hält
nun schon fast ein Jahr an, einige Täter haben ihre Jobs verloren, Gesetze
haben sich verändert. Aktuell zeigt sich das an [3][Kevin Spacey], dessen
erster Film nach den Missbrauchsvorwürfen gegen ihn floppt.
Am ersten Tag, an dem „Billionaire Boys Club“ in den US-amerikanischen
Kinos angelaufen ist, spielte er 126 Dollar ein, [4][das berichtete der
Hollywood Reporter]. Am zweiten Tag waren es 162 Dollar. Im Vergleich dazu:
Der Film „Baby Driver“, in dem Spacey eine Hauptrolle einnahm, spielte am
Eröffnungswochenende 2017 21 Millionen Dollar ein. Die Gesellschaft
reagiert auf die Missbrauchsvorwürfe – und die Debatte zeigt erneut reale
Folgen.
Im internationalen Vergleich hebt Deutschland sich in der #MeToo-Debatte
nicht positiv hervor. Um nur zwei Beispiele zu nennen: In Großbritannien
führten Missbrauchsvorwürfe zu Rücktritten von Regierungsmitgliedern. In
Schweden wurde ein neues Gesetz verabschiedet, nach dem jeder Sex, bei dem
nicht alle Beteiligten einverstanden sind, als Vergewaltigung gewertet
wird. In Deutschland wurde zwar auch debattiert und [5][Fälle von
sexualisierter Gewalt] wurden thematisiert– doch deutlich langsamer und
folgenloser.
Gerade deswegen braucht Deutschland immer wieder neue Anstöße, um
Diskriminierung sichtbar zu machen und über sie zu sprechen. Die Reaktionen
einiger User*innen zeigen, dass ein Teil der Mehrheitsgesellschaft davon
ausgeht, mit der Einführung der [6][Ehe für alle] die Diskriminierung von
LGBTIQ-Menschen abgeschafft zu haben. Doch so wenig wie EIN Hashtag unsere
Gesellschaft verändern kann, tut es EIN Gesetz. Doch es ist ein erster oder
weiterer Schritt auf dem langen Weg der Gleichstellung.
20 Aug 2018
## LINKS
[1] https://twitter.com/HartmutSchrewe/status/1028938066189328384
[2] /Kolumne-Minority-Report/!5524655
[3] /Nach-Vorwuerfen-der-sexuellen-Gewalt/!5488218
[4] https://www.hollywoodreporter.com/news/box-office-kevin-spaceys-billionaire…
[5] /Hilfe-bei-Missbrauch-in-Film-und-TV/!5508867
[6] /Kommentar-Oeffnung-der-Ehe/!5422452
## AUTOREN
Carolina Schwarz
## TAGS
Schwerpunkt #metoo
#MeTwo
Hashtag
Aktivismus
Twitter / X
Diskriminierung
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