# taz.de -- Vorwurf an katholische Kirche: Missbrauch zu schlecht aufgearbeitet | |
> Im US-Bundesstaat Pennsylvania werden über 300 Priester des | |
> Kindesmissbrauchs bezichtigt. Das sind keine Einzelfälle. Der Vatikan | |
> spricht von „Scham“. | |
Bild: Sie wollten Gras drüber wachsen lassen: 300 Priester in den USA werden d… | |
Harrisburg/Rom/Berlin dpa | Nach Berichten über Tausende Fälle von | |
Kindesmissbrauch durch US-Priester hat der Missbrauchsbeauftragte der | |
Bundesregierung der katholischen Kirche eine unzureichende Aufklärung | |
vorgeworfen. „Aufarbeitung wird wohl noch zu oft als Gefahr für die eigene | |
Institution gesehen“, sagte Johannes-Wilhelm Rörig den Zeitungen der Funke | |
Mediengruppe. | |
Auch an der katholischen Kirche in Deutschland übte er Kritik. „Es sind | |
nicht nur Einzelfälle oder Einzeltäter – es sind immer auch strukturelle | |
Probleme, die sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen ermöglichen“, | |
sagte Rörig. „Diesen Strukturproblemen muss sich die katholische Kirche | |
auch in Deutschland stellen“, fügte er hinzu. „Es darf nicht mehr nur um | |
den Schutz und das Ansehen der Kirche gehen.“ Diese Haltung mache deutlich, | |
wie sehr Institutionen- und Täterschutz noch immer vor Opferschutz stehe. | |
Der Vatikan reagierte mit Bestürzung auf die Enthüllungen in den USA. Es | |
gebe lediglich zwei Worte zu dem US-Bericht: „Scham und Bedauern“, erklärte | |
der Vatikan am Donnerstagabend. Laut dem am Dienstag veröffentlichten | |
Bericht der Staatsanwaltschaft von Pennsylvania haben sich in den | |
vergangenen 70 Jahren mehr als 300 namentlich genannte Priester in | |
Tausenden Fällen an Kindern vergangen. Es sei die umfassendste Sammlung von | |
Missbrauchsvorwürfen in der katholischen Kirche der USA. | |
Die in dem Bericht angeführten Missbrauchsfälle seien „kriminell und | |
moralisch verwerflich“, erklärte Vatikan-Sprecher Greg Burke. Den Opfern | |
sei ihr Stolz und ihr Glauben geraubt worden. Die Kirche müsse „harte | |
Lektionen“ aus ihrer Vergangenheit ziehen. Sowohl die Verantwortlichen als | |
auch diejenigen, die diesen Missbrauch ermöglicht hätten, sollten zur | |
Rechenschaft gezogen werden. | |
Der Papst stehe an der Seite der Opfer, sie seien „seine Priorität“. Die | |
Kirche wolle die Opfer anhören, um den „tragischen Horror, der das Leben | |
der Unschuldigen zerstört“, auszumerzen. | |
## „Es gab keine Vertuschung“ | |
Nach der Erklärung von Pennsylvanias Generalstaatsanwalt Josh Shapiro geht | |
es um sexuellen Missbrauch bis hin zu Vergewaltigung und gezielte | |
Vertuschung. Die Vorwürfe erstrecken sich auf sechs der acht Diözesen in | |
Pennsylvania. Etwa 1.000 Opfer seien bisher identifiziert worden. | |
Der Bischof von Pittsburgh (Pennsylvania), David Zubik, bestritt am | |
Donnerstag eine systematische Vertuschung. „Es gab keine Vertuschung“, | |
sagte er. Jedoch entschuldigte er sich für die Geschehnisse. | |
Von einer „moralischen Katastrophe“ sprach der Präsident der Katholischen | |
Bischofskonferenz in den USA, Kardinal Daniel DiNardo. Außerdem forderte er | |
am Donnerstag den Vatikan auf, die Missbrauchsvorwürfe gegen den früheren | |
Erzbischof von Washington, Theodore McCarrick, zu prüfen. DiNardo drückte | |
seine „Traurigkeit, Wut und Scham“ über die Enthüllungen aus. | |
Erst vor wenigen Wochen hatte Papst Franziskus den Rücktritt von McCarrick | |
angenommen und ihm zudem Hausarrest verordnet. McCarrick muss sich in | |
seiner Heimat gegen Vorwürfe sexueller Belästigung Minderjähriger und | |
Priesteranwärter verteidigen. Er musste auch den ehrenvollen Kardinalstitel | |
abgeben. | |
## Auch hochrangige Kirchenverteter sind dabei | |
Zu dem aktuellen Bericht haben auch eine halbe Million Dokumente | |
beigetragen, die bislang in den Geheimarchiven der Bistümer unter | |
Verschluss gehalten worden waren. Die Ermittler in Pennsylvania hatten sich | |
mit juristischem Druck Zugang verschafft. | |
Mehrere der identifizierten Geistlichen hatten sich gegen die | |
Veröffentlichung ihres Namens gewehrt, was die Publikation des Berichts | |
verzögert hat. Insgesamt stehen mehr als 400 Priester unter Verdacht. | |
Darunter sind nach Angaben von Shapiro auch hochrangige Kirchenvertreter. | |
Für eine entsprechende Studie der Deutschen Bischofskonferenz hätten leider | |
nicht alle Bistümer ihre Archive geöffnet, bedauerte Rörig mit Blick auf | |
Deutschland. Um Missbrauchsfälle hierzulande aufzuarbeiten, hatte die | |
Deutsche Bischofskonferenz 2014 das Forschungsprojekt „Sexueller Missbrauch | |
an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche | |
Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ in Auftrag | |
gegeben. Die Ergebnisse sollen dem Bericht zufolge am 25. September im | |
Rahmen der Herbstvollversammlung der deutschen Bischöfe in Fulda | |
vorgestellt werden. | |
17 Aug 2018 | |
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