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# taz.de -- AfD-Ausflug gegen Flüchtlingsprotest: Bierglas gegen Seebrücke
> Nach dem Ende einer Aktion für Seenotrettung auf der Berliner
> Oberbaumbrücke attackierte eine AfD-Gruppe die Protestierenden.
Bild: AfD-Reisegruppe an der Oberbaumbrücke
Berlin taz | Besuch des Reichstages und verschiedener Ministerien, eine
Diskussionsrunde mit Bundestagsabgeordneten, ein Abstecher zur russischen
Botschaft, eine Fahrt auf einem Spreedampfer und das Werfen von Bierkrügen
auf Linke. Die Besucher aus dem Wahlkreis des niedersächsischen
AfD-Abgeordneten und ehemaligen Landeschefs Armin-Paul Hampel hatten ein
volles Programm in den vergangenen zwei Tagen in Berlin.
Der letzte Punkt freilich stand so nicht im Programm, sondern ereignete
sich spontan. Auf der Oberbaumbrücke zwischen Friedrichshain und Kreuzberg
hatten am Mittwochabend etwa 200 Menschen an einer Aktion der
Seebrücke-Bewegung teilgenommen. Ausgestattet mit orangefarbenem
Rettungswesten, Tüchern und Schirmen hatten sie für etwa eine Stunde die
Fahrbahn blockiert und eine Kundgebung abgehalten, um für die Seenotrettung
Geflüchteter zu demonstrieren.
Als die vollkommen friedliche Aktion schon vorüber war, kam es zu dem
Zusammentreffen mit der AfD-Besuchergruppe, die an Deck eines
Ausflugsschiffes standen, der die Brücke passierte. „Das ganze Deck war
voll mit Leuten über 50“, sagt die Geschädigte Marie Leu (Name geändert),
der taz. „Wir wussten nicht, wer auf dem Schiff war, die haben uns sogar
zugewunken. Als das Schiff schon halb unter der Brücke war, zeigten sie uns
die Mittelfinger und riefen ‚AfD, AfD!‘“ Die Gruppe um Leu, etwa 10 bis 15
Personen, die zuvor an dem Flashmob teilgenommen hatten, sei völlig perplex
gewesen.
Etwa zehn Minuten später sei das Schiff zurückgekommen, „ultraschnell“, w…
Leu sagt. An Deck seien nur noch halb so viele Menschen wie zuvor gewesen.
Die Gruppe auf der Brücke rief „Nazis raus“, Leu fotografierte. Daraufhin
verbargen einige der Schiffsgäste ihre Gesichter hinter Plastikstühlen,
andere blieben entspannt sitzen, mindestens ein Gast warf mit einem
Bierglas. Leu wurde an der linken Wade getroffen. Danach erstattete sie
Anzeige bei Polizisten, die sich aufgrund des Flashmobs in unmittelbarer
Nähe aufhielten.
## Ermittlungen wegen versuchter Körperverletzung
Ein weiterer Zeuge, der auf der anderen Brückenseite Richtung Innenstadt
stand, schildert der taz, wie in dem Moment als das Schiff unter der Brücke
hervorkam, wieder ein Glas geworfen wurde. „Das ist zwei Meter neben mir an
der Brüstung eingeschlagen und abgeprallt“, so der Mann, der die Brücke
zufällig auf seinem Nachhauseweg überquerte. Er habe nicht sehen können,
wer es geworfen habe und danach ebenfalls Anzeige erstattet.
Selbiges tat auch der Kapitän des Schiffes, wie die Berliner Reederei Bruno
Winkler bestätigt. Einige Kilometer weiter, am Anleger an der
Friedrichstraße wartete dann bereits die Polizei, um Personalien
aufzunehmen. Auf einem auf Twitter verbreiteten Bild ist auch der
Abgeordnete Hampel zu erkennen. Tatverdächtig seien zwei Männer, 50 und 52
Jahre alt, so eine Polizeisprecherin auf Anfrage der taz. Ermittelt werde
wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und Landfriedensbruch.
Ebenso gibt es ein Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruch,
ausgegangen von Personen auf der Brücke. Angaben von Schiffsgästen zufolge,
soll es Flaschenwürfe auf das Boot gegeben haben, zudem sollen
Flüssigkeiten ausgeschüttet worden sein. Die Facebookseite „Initiativgruppe
der AfD Friesland-Wilhemshaven“ postete einen Beitrag mit einem Bild, das
Scherben auf dem Schiff zeigen soll, löschte diesen aber kurz darauf
wieder.
Leu sagt: „Wir waren überrumpelt, dass von unten auf uns geworfen wurde.
Ich habe definitiv nichts gesehen, was von der Brücke heruntergeworfen
wurde.“ Die Vorwürfe und Anzeigen von Seiten der AfD findet sie dennoch
logisch: „Die versuchen jetzt öffentlich nicht als Täter dazustehen.“ Auch
der zweite Zeuge von der anderen Brückenseite sagt über die behaupteten
Würfe auf das Schiff: „Nein, davon habe ich nichts mitgekriegt. Es wurde
ein bisschen gerufen, aber auch das war kein Vergleich zu sonstigen
Kreuzberger Demos.“ Für die Polizei werden sich die Ermittlungen „schwierig
gestalten“, auch weil „unheimlich viele Personaldaten aufgenommen wurden“,
so die Sprecherin.
16 Aug 2018
## AUTOREN
Erik Peter
## TAGS
Schwerpunkt AfD
Seebrücke
Spree
EU-Flüchtlingspolitik
Seenotrettung
Flüchtlinge
Schwerpunkt Flucht
Junge Alternative (AfD)
taz.leicht
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