| # taz.de -- Chronologie einer Polizeikontrolle: Überforderung in Dresden | |
| > Seit einer Woche wird über eine Polizeikontrolle von Journalisten | |
| > diskutiert. Die taz konnte das gesamte Bildmaterial sichten. Ein | |
| > Protokoll. | |
| Bild: ZDF-Journalist Arndt Ginzel (rechts) bei der Polizeikontrolle in Dresden … | |
| Berlin/Leipzig taz | Seit der Fernsehjournalist Arndt Ginzel bei Twitter | |
| ein Video hochgeladen hat, das ihn und seinen Kameramann bei einer | |
| umständlichen Polizeikontrolle am Rande eines Merkel-Besuchs in Dresden | |
| zeigt, wird erbittert darüber gestritten: Hat die sächsische Polizei sich | |
| zum Handlanger von Pegida-Demonstranten gemacht? Oder lief alles korrekt | |
| ab? Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer hatte schon | |
| Stunden, nachdem das Video online ging, eine eindeutige Meinung: „Die | |
| einzigen Personen, die in diesem Video seriös auftreten, sind Polizisten“, | |
| schrieb er auf Twitter. Wie konnte er das so schnell beurteilen? | |
| Arndt Ginzel und die Redaktion von Frontal 21, in deren Auftrag die | |
| Aufnahmen entstanden, haben es der taz am wochenende ermöglicht, das | |
| Filmmaterial in voller Länge zu sichten. Die Aufnahmen zeigen eine | |
| überforderte Polizei, die die aktuelle Rechtsprechung offenbar nicht kennt, | |
| Journalisten bei ihrer Arbeit behindert und streitsüchtigen | |
| Pegida-Demonstranten weit entgegenkommt. | |
| Weil hier grundsätzliche Fragen der Pressfreiheit berührt werden, hat die | |
| taz am wochenende entschieden, als erste Zeitung ein möglichst genaues | |
| Protokoll der Ereignisse zu veröffentlichen. Redundante Passagen wurden für | |
| die bessere Lesbarkeit zusammengefasst. Das Filmmaterial wurde mit der | |
| Darstellung der sächsischen Polizei abgeglichen, dabei zeigten sich einige | |
| Widersprüche. | |
| Von der Kontrolle existieren im Rohmaterial elf gefilmte Minuten. | |
| Allerdings wird die Kamera häufig an- und abgeschaltet, auch auf Verlangen | |
| der Polizisten. Die tatsächliche Länge der Polizeikontrolle kann daher aus | |
| den Filmaufnahmen nicht exakt rekonstruiert werden. Ginzel spricht von etwa | |
| 45 Minuten. Die Polizei bestätigt das. | |
| *** | |
| Donnerstag, 16. August, 17.40 Uhr. Der Kameramann Gerald Gerber filmt | |
| Pegida-Demonstranten, die gegen den Besuch von Angela Merkel in Dresden | |
| protestieren. Sie kommen vom Sächsischen Landtag und sind auf dem Weg | |
| Richtung Messegelände. Dort soll die Kundgebung laut Polizeibericht fünfzig | |
| Minuten später fortgesetzt werden. | |
| Gerald Gerber hat schon 34 Minuten Filmmaterial auf Band, als er seine | |
| Kamera einschaltet und die Menge filmt, die mit erhobenen Schildern eine | |
| Straße entlangläuft und „Lügenpresse“ skandiert. „Mach die Kamera aus�… | |
| hört man aus dem Off. | |
| Nach zwanzig Sekunden sieht man zum ersten Mal, wie ein Mann und eine Frau, | |
| beide mit schwarz-rot-goldenen Deutschlandhütchen, durchs Bild laufen. „Du | |
| dicker Mann bist nicht unser Volk“, sagt ein Mann mit Basecap, der am Rand | |
| steht. „Nie im Leben seid ihr unser Volk.“ Er deutet auf einen Mann im | |
| schlammfarbenen T-Shirt. Es ist nach taz-Informationen René Seyfried aus | |
| Freital, der dort die Proteste gegen das Asylbewerberheim mitorganisiert | |
| hat. | |
| ## Mitarbeiter des sächsischen Landeskriminalamts | |
| Seyfried schimpft zurück. Neben ihm steht der Mann mit Deutschlandhut, er | |
| zeigt mit ausgestrecktem Zeigefinger auf den Kameramann und skandiert: | |
| „Lügenpresse!“ Später wird sich herausstellen: Er ist ein Mitarbeiter des | |
| sächsischen Landeskriminalamts. Er heißt Maik G., ist 43 Jahre alt, aus | |
| Dresden und im Ermittlungsdezernat für Wirtschaftskriminalität tätig. | |
| Plötzlich löst er sich aus der Menge und geht auf den Kameramann zu. Er | |
| stellt sich vor die Kamera und sagt: „Hören Sie auf, mich zu filmen. Sie | |
| halten die Kamera direkt auf mich zu. Sie begehen eine Straftat.“ Die Sätze | |
| wiederholt er mehrere Male. | |
| „Gehen Sie doch weiter“, sagt der Kameramann. | |
| „Sie haben mich ins Gesicht gefilmt, das dürfen Sie nicht“, sagt der | |
| LKA-Mann mit dem Deutschlandhütchen. „Frontalaufnahme. Sie haben eine | |
| Straftat begangen. Wir klären das jetzt polizeilich.“ | |
| Die Frau, die mit ihm unterwegs ist, hält die Kamera zu. Der Mann sagt: | |
| „Wir warten jetzt, bis die Polizei kommt oder ich setze Sie vorläufig fest; | |
| das Recht habe ich als Bürger.“ „Wollen Sie mich festnehmen oder was?“, | |
| fragt der Kameramann. „Nein, nicht festnehmen. Ich setze Sie vorläufig | |
| fest. Weil wir jetzt die Polizei holen. Und die Polizei, der Einsatzleiter, | |
| schaut sich an, was Sie für Aufnahmen gemacht haben. Ich untersage Ihnen | |
| hier öffentlich, mich zu filmen. Wenn eine Aufnahme irgendwo auftaucht, im | |
| Netz oder in den Medien, werde ich Sie verklagen.“ | |
| Schnitt. Als die Kamera wieder angeht, hört man den Kameramann, wie er mit | |
| dem Journalisten Arndt Ginzel telefoniert. Er hat sich dazu ein Stück von | |
| den Demonstranten entfernt. Ginzel ist noch nicht vor Ort. Er fährt gerade | |
| im Auto zur Veranstaltung und hat die Diskussion über seine | |
| Freisprechanlage verfolgt. | |
| Der Hütchen-Mann kommt nun wieder direkt auf den Kameramann zu. „Sie filmen | |
| frontal ins Gesicht“, sagt er. „Das ist eine Straftat. Bitte gehen Sie mit | |
| zur Polizei, ich habe Sie offiziell aufgefordert.“ Er zeigt auf die | |
| Polizisten, die wenige Meter entfernt stehen. | |
| Ein jüngerer Mann in einem grünen T-Shirt kommt dazu, er macht eine | |
| aggressive Bewegung Richtung Kamera. „Mach die Kamera weg“, ruft er. | |
| „Lassen Sie mich in Ruhe“, sagt der Kameramann. | |
| „Es wurde Ihnen untersagt und Sie kommen jetzt mit zur Polizei. Ich habe | |
| Sie mehrmals aufgefordert“, sagt der Hütchen-Mann. | |
| Der Kameramann nähert sich der Polizei. Schnitt. | |
| In der nächsten Aufnahme sieht man, wie ein blonder Polizist auf den | |
| Kameramann zugeht. „Gehen Sie mal her“, sagt er und deutet nach rechts. | |
| Drei Polizisten gehen mit dem Kameramann ein Stück zur Seite. „Haben Sie | |
| den Presseausweis mit?“ „Ja, hab ich“, sagt der Kameramann. Der Polizist | |
| nickt auffordernd. „Geben Sie den.“ Ein Mann in kariertem Hemd kommt und | |
| filmt den Kameramann mit seinem Smartphone. „Ich will doch mal wissen, wer | |
| das ist hier.“ Die Polizei schiebt den Mann im Hemd zur Seite. | |
| ## Der Kameramann zeigt seinen Ausweis | |
| Die Aufnahme bricht ab. Als es weitergeht, hört man den Kameramann, wie er | |
| sagt: „Wir können auch rübergehen, dann zeige ich Ihnen meine Papiere, da | |
| ist mein Auto.“ Der Kameramann filmt den Mann im Hemd, der zwischen zwei | |
| Polizeifahrzeuge geführt wird. Jemand hält seine Linse zu. „Lassen Sie mich | |
| doch jetzt mal arbeiten, bitte“, sagt der Kameramann. „Solange die Papiere | |
| nicht da sind, bleibt die Kamera aus“, sagt der Polizist. | |
| Die Aufnahme bricht wieder ab. Der Kameramann geht nun mit den Polizisten | |
| zu seinem Auto und zeigt seinen Ausweis – davon gibt es keine Bildaufnahme. | |
| In der nächsten Einstellung ist der Journalist Arndt Ginzel zu sehen, wie | |
| er neben dem Kameramann auf dem Parkplatz steht. „Personalausweis zurück“, | |
| sagt einer der Polizisten, der eine Sonnenbrille trägt. „Presseausweis | |
| behalte ich noch.“ Er hält ihn locker in der Hand. | |
| „Ich möchte gerne, dass Sie ihm den Presseausweis wieder zurückgeben“, sa… | |
| Ginzel. „Ja, der wird noch überprüft“, sagt der Polizist. „Warum müsse… | |
| ’nen Presseausweis überprüfen?“, fragt Ginzel. Der Polizist schweigt. „… | |
| ich auf der Fahndung oder was?“, fragt der Kameramann. Der Polizist nickt | |
| und schaut weg. Er schweigt. | |
| „Warum kontrollieren Sie hier in Sachsen einen Presseausweis eines | |
| Journalisten, der sich ausgewiesen hat beziehungsweise der sich gar nicht | |
| ausweisen muss?“, fragt Ginzel. | |
| „Äh“, sagt der Polizist. Es klingt wie ein Stöhnen. | |
| „Bitte?“, fragt Ginzel. | |
| „120 von 151 kommen“, sagt der Polizist in sein Funkgerät. | |
| Ginzel sagt zum Kameramann: „Ist doch so, dass sie letzten Endes den Willen | |
| des Pegida-Demonstranten exekutieren.“ | |
| Ginzel sagt zum Polizisten: „Also, die Polizei in Sachsen lässt sich | |
| Presseausweise auf Anforderung von Pegidanten auf der Straße zeigen. | |
| Sympathisieren Sie mit denen?“ | |
| Der Kameramann zoomt auf das Gesicht des Polizisten: Es ist ausdruckslos, | |
| er hat immer noch seine Sonnenbrille auf. „Warten Sie mal ganz kurz“, sagt | |
| er. | |
| „Warum weisen Sie sich nicht aus uns gegenüber?“, fragt der Kameramann. | |
| „Ja“, sagt der Polizist. Er dreht langsam den Kopf zum Kameramann. | |
| „Was ja?“, fragt der Kameramann. | |
| „Nach welchem Gesetz, aus welchem Grund beschlagnahmen Sie hier einen | |
| Presseausweis?“, fragt Ginzel. | |
| „Sie bekommen ihn gleich wieder, er wird nur überprüft“, sagt der Polizis… | |
| „Was wollen Sie denn da überprüfen?“, fragt Ginzel. „Wollen Sie beim | |
| Deutschen Journalistenverband nachfragen?“ | |
| „Die Tatsache war ja jetzt – Sie hatten keinen bei sich, als Sie gefilmt | |
| haben“, sagt der Polizist. „Und die Person, die Sie gefilmt haben, hat auch | |
| gesagt, dass sie nicht gefilmt werden möchte.“ | |
| „Niemand muss seinen Presseausweis in Sachsen auf Demonstrationen zeigen“, | |
| sagt Ginzel. „Warum hier?“ | |
| „Ich frag gerade ab“, sagt der Polizist. „Aber es ist alles voll. Ich komm | |
| nicht raus.“ | |
| Es geht hin und her. Der Polizist bleibt einsilbig. Ginzel sagt zum | |
| Kameramann: „Was Schönes für ,Zapp' (das Medienmagazin des NDR, Anmerkung | |
| der Redaktion). Das wird lustig.“ | |
| „Die Presseausweise hab ich überprüft“, sagt der Polizist in sein | |
| Funkgerät. „Sehen richtig aus. Würde ich jetzt wieder zurückgeben, | |
| Presseausweis, und zurückkommen.“ | |
| Der Polizist gibt dem Kameramann seinen Presseausweis zurück. „Ihr | |
| Presseausweis. Alles in Ordnung.“ | |
| Laut dem Sprecher der sächsischen Polizei, Thomas Geithner, dauerte dieser | |
| Teil 15 Minuten und lief unter „Gefahrenabwehr“ – wegen der verbalen | |
| Auseinandersetzung zwischen dem Mann mit dem Deutschlandhut und den | |
| Journalisten. „Dass das etwas länger gedauert hat, lag auch daran, dass | |
| einer der Journalisten seinen Presseausweis nicht bei sich trug, sondern | |
| ihn erst aus dem Auto holen musste. Aber mehr als 15 Minuten ist schon | |
| lang, eigentlich geht so etwas schneller“, sagt Geithner. | |
| ## Arbeitsrechtliche Schritte | |
| Allerdings musste Geithner einräumen, dass nur die Journalisten | |
| kontrolliert wurden, nicht der Hütchen-Mann vom LKA. „Um die Situation zu | |
| deeskalieren, haben die Kollegen ihn gebeten, einfach weiterzugehen“, sagte | |
| er der taz. | |
| Da die Personalien nicht festgestellt wurden, bekam das LKA dann auch erst | |
| am Montag einen Tipp, dass es sich bei dem Mann um einen LKA-Mitarbeiter | |
| handelte. Es dauerte etwas, bis sie ihn ans Telefon bekamen, da der Mann im | |
| Urlaub war. Er habe sich nicht strafbar gemacht und es liege auch keine | |
| Anzeige gegen ihn vor, betont Tom Bernhardt, Sprecher des LKA. | |
| Man prüfe arbeitsrechtliche Schritte. „Möglicherweise greift die | |
| Wohlverhaltenspflicht aus dem Arbeitsrecht.“ Weitere Angaben wollte er | |
| nicht machen. „Was die Angestellten des LKA in ihrer Freizeit tun, habe ich | |
| überhaupt nicht zu bewerten.“ | |
| Auf dem Videomaterial ist zu sehen, wie die Journalisten zu ihrem Auto | |
| laufen. Plötzlich kommt wieder der blonde Polizist auf die Journalisten zu, | |
| der den Kameramann ganz am Anfang angesprochen hatte. „Ich bräuchte noch | |
| mal Ihre Personalien“, sagt er. „Wieso?“, fragt Ginzel. „Ich soll sie m… | |
| notieren“, sagt der blonde Polizist. „Warum?“, fragt Ginzel. Der blonde | |
| Polizist macht eine unbestimmte Geste und schweigt. Zwei weitere Polizisten | |
| kommen dazu. | |
| „Das ist jetzt eine polizeiliche Maßnahme“, sagt ein Polizist mit Bart. | |
| „Die sich gegen einen Kameramann richtet, ja?“, sagt Ginzel. „Das ist ja | |
| erst mal vollkommen egal“, sagt der Polizist mit Bart. „Wir machen hier | |
| kein Interview. Sie packen das Mikrofon weg.“ „Entschuldigung, ich bin | |
| Journalist“, sagt Ginzel. „Sie sind ja zu uns gekommen“, sagt der | |
| Kameramann. Ein dritter Polizist setzt sich eine Sonnenbrille auf und packt | |
| seine Videokamera aus. Er stellt sie auf ein Stativ und filmt die Szene. | |
| ## Polizeiliche Maßnahmen | |
| „Wir gehen nicht gegen die Presse vor“, sagt der Polizist mit Bart. „Doch, | |
| Sie gehen gerade gegen einen Kameramann vor, ohne dass es irgendeinen | |
| belastenden Grund gibt“, sagt Ginzel. „Das stimmt doch gar nicht“, sagt d… | |
| Polizist mit Bart. „Na ja, was ist denn der Grund?“, fragt Ginzel. „Was i… | |
| denn der Verdacht?“ Der Polizist mit Bart macht eine Geste mit der Hand, er | |
| stammelt, schaut zu Boden, sagt nichts, aber der Ton läuft weiter. „Wollen | |
| Sie uns verprügeln oder verhaften?“, fragt Ginzel. „Filmen einstellen“, | |
| sagt der Polizist mit der Kamera. Die Aufnahme bricht ab. | |
| In der nächsten Aufnahme sagt der blonde Polizist: „Ich bräuchte mal Ihren | |
| Presseausweis.“ „Den habe ich gerade eben doch schon gezeigt“, sagt der | |
| Kameramann. „Wollen Sie mich veralbern oder was?“ Ginzel trägt seinen | |
| Ausweis um den Hals, er hält ihn dem blonden Polizisten hin. „Und was ist | |
| denn jetzt die polizeiliche Maßnahme?“, fragt Ginzel. „Wir kontrollieren | |
| den Presseausweis“, sagt der Polizist mit Bart. „Und mit welcher | |
| Berechtigung?“, fragt Ginzel. „Dass Sie Leute abfilmen“, sagt der Polizist | |
| mit Bart. „Wir filmen Leute ab auf einer Demonstration. Das ist verboten?“, | |
| fragt Ginzel. „Da drüben ist keine Demonstration“, sagt der Polizist mit | |
| Bart. „Das waren aber Demonstrationsgänger“, sagt Ginzel. „Aber die | |
| Demonstration wurde doch beendet, die wurde doch aufgelöst“, sagt der | |
| Polizist mit Bart. „Die sind gerade da rübergegangen“, sagt Ginzel, „um | |
| dann weiter zu demonstrieren, falls Ihnen das entgangen ist. Und das wollen | |
| Sie verhindern, ja? Sie wollen uns unsere Arbeit schwermachen, dass wir | |
| nicht rechtzeitig dort sind.“ | |
| Auftritt René Seyfried, es ist inzwischen 18 Uhr. „Ich würde gerne gegen | |
| den Mann Anzeige erstatten. Der hat uns als Hartz-IV-Empfänger beschimpft.“ | |
| René Seyfried ist ein Transportunternehmer aus einem Nachbarort von | |
| Freital, ehemaliger Bürgermeisterkandidat der Bürgerinitiative „Freital | |
| steht auf“ und führte im Jahr 2015 die Proteste vor der | |
| Asylbewerberunterkunft an. Aus diesen Protesten heraus gründete sich die | |
| Terrorzelle „Gruppe Freital“, deren Mitglieder Anfang dieses Jahres wegen | |
| Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte und linke Politiker zu langen | |
| Haftstrafen verurteilt wurden. Mit Leuten aus der Gruppe Freital war | |
| Seyfried zumindest bekannt, erzählen Beobachter der Szene. Anfang 2016 | |
| gedachte er der Verhafteten bei einer öffentlichen Kundgebung: Er wünschte | |
| sich, dass „sie bald wieder unter uns sind und mit uns kämpfen“. | |
| Nun steht er in Dresden und zeigt einen Journalisten wegen Beleidigung an. | |
| „Alles gut“, sagt ein Polizist zu Seyfried. „Kommen Sie erst mal mit.“ … | |
| blonde Polizist nimmt immer noch die Personalien der Journalisten auf. | |
| „Dann können Sie gleich mal meine Strafanzeige aufnehmen“, sagt Ginzel. | |
| „Gegen den Herrn. Dass der ’ne üble Nachrede, Verleumdung durchführt.“ | |
| ## Videomaterial und Polizeibericht stimmen nicht überein | |
| Hier brechen die Aufnahmen ab. Ginzel erzählt, dass der Kameramann einen | |
| Schritt in Richtung Seyfried macht und sagt: „Ich kann das aufklären.“ | |
| Immerhin hat er den Mann mit dem roten Basecap auf Band, der Seyfried | |
| tatsächlich beschimpft hat. Das scheint die Polizisten aber nicht zu | |
| interessieren. Ein Polizist nimmt Ginzel beiseite, um mit ihm unter vier | |
| Augen zu sprechen – so erzählt es Ginzel. Er sagt ihm, dass er einer | |
| Straftat verdächtig ist. Da die Polizisten daran zweifeln, dass die | |
| Journalisten fürs ZDF arbeiten, ruft Ginzel schließlich die Redaktion an. | |
| Der Pressesprecher der Polizei kommt und telefoniert mit dem | |
| Redaktionsleiter. Durch seinen Anruf in der Redaktion ist keine Verzögerung | |
| entstanden, sagt Ginzel. Während des Gesprächs mit dem Pressesprecher wurde | |
| die Anzeige noch aufgenommen. | |
| Die Polizei stellt das anders dar: Das Gespräch zwischen dem Pressesprecher | |
| und den Journalisten soll 15 Minuten gedauert haben. „Die eigentliche | |
| polizeiliche Maßnahme war da aber schon beendet“, sagt der Sprecher | |
| Geithner. | |
| Er gibt außerdem an, dass der Grund für die zweite Kontrolle die Anzeige | |
| von Seyfried war. Allerdings geht aus dem Videomaterial hervor, dass | |
| Seyfried erst nach der zweiten Kontrolle dazukam. Auch auf Nachfrage bleibt | |
| die Polizei bei ihrer Version. Als die Polizisten die Anzeige von Seyfried | |
| aufgenommen haben und die Journalisten gehen dürfen, bleibt für Ginzels | |
| Anzeige wegen Verleumdung keine Zeit mehr, erzählt er: Wenn sie an diesem | |
| Tag noch drehen wollen, müssen sie schleunigst los. Auch vor diesem | |
| Hintergrund erscheint es unplausibel, dass sie 15 Minuten mit dem | |
| Pressesprecher geplaudert haben. | |
| Einige Tage später zieht Seyfried seine Anzeige gegen Ginzel zurück. Am | |
| Mittwoch entschuldigt er sich öffentlich bei Facebook auf der Seite der | |
| „Bürgerinitiative Freital“. Er habe den Mann mit dem Basecap | |
| fälschlicherweise für Ginzel gehalten. Ob es wirklich eine Verwechslung gab | |
| oder ob er absichtlich vor der Polizei gelogen hat, um die Journalisten zu | |
| behindern, bleibt unklar. | |
| Das Video der Journalisten hat in dieser Woche weite Kreise gezogen und in | |
| Sachsen eine Regierungskrise ausgelöst. Sachsens SPD-Chef und | |
| stellvertretender Ministerpräsident Martin Dulig warf dem Koalitionspartner | |
| CDU nach Kretschmers Äußerungen eine Verharmlosung rechter Tendenzen vor. | |
| An diesem Donnerstag hat das Video den Innenausschuss des Landtags | |
| beschäftigt – vor allem wegen des LKA-Mitarbeiters. Seither wollen alle mit | |
| Ginzel sprechen. Seyfried will es; das Polizeipräsidium hat die | |
| Journalisten ebenfalls eingeladen. | |
| Ginzel hat das Angebot von Seyfried ignoriert. „Soll ich mich mit dem an | |
| einen Tisch setzen und sagen: Alles ist dufte?“ Er ist am Donnerstag schon | |
| wieder auf Recherche gefahren und war den ganzen Tag unterwegs. Er will | |
| mehr über den Mann mit Deutschlandhut herausfinden, der beim | |
| Landeskriminalamt angestellt ist. | |
| Dass Menschen aus der rechten Szene Polizisten auffordern, die Personalien | |
| von „angeblichen Journalisten“ zu überprüfen, hat Ginzel jetzt schon öft… | |
| gehört und auch erlebt. Und auch, dass Polizisten sich instrumentalisieren | |
| lassen. Er fürchtet, dass sich das pressefeindliche Klima weiter aufheizt. | |
| Deshalb, sagt er, war es wichtig, dass sie an die Öffentlichkeit gegangen | |
| sind. | |
| Bleibt die Frage: Was wäre gewesen, wenn niemand die Polizeikontrolle | |
| gefilmt hätte? Ob man Ginzel geglaubt hätte? | |
| Mitarbeit: Konrad Litschko | |
| 24 Aug 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Steffi Unsleber | |
| Malene Gürgen | |
| ## TAGS | |
| Polizei Sachsen | |
| Schwerpunkt Pegida | |
| Sachsen | |
| Polizei Sachsen | |
| Fanartikel | |
| Behördenversagen | |
| Polizei Sachsen | |
| Polizei Sachsen | |
| Polizei Sachsen | |
| Polizei Sachsen | |
| Polizei Sachsen | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Polizei in Sachsen: Bewaffnete Charmeoffensive | |
| Zwischen Nachwuchssorgen und rechten Skandalen: Sachsens Polizei versucht, | |
| ihren Ruf zu verbessern – und fängt bei den Ausbildungsstätten an. | |
| Dinge des Jahres 2018: „Die Leute verkleiden sich gerne“ | |
| Ein Deutschland-Schlapphut wurde 2018 zum politisch aufgeladensten | |
| WM-Accessoire. Aber wie hat das den Umsatz von Fanartikeln beeinflusst? | |
| LKA Sachsen entschuldigt sich: NSU-Decknamen bei Erdoğan-Besuch | |
| Zwei sächsische LKA-Beamte tragen sich mit dem Namen des Rechtsterroristen | |
| Uwe Böhnhardt in eine Dienstliste. Kurz vor ihrem Einsatz in Berlin werden | |
| sie abgezogen. | |
| Linken-Politikerin über Hass in Chemnitz: „Es gibt einige rechte Hotspots“ | |
| Die Gewaltbereitschaft bei Demonstrationen nach dem Tod eines 35-Jährigen | |
| sorgt für Entsetzen. Die Linken-Politikerin Juliane Nagel wirft der Polizei | |
| Versagen vor. | |
| Forderung der Grünen: „Kretschmer muss sich entschuldigen“ | |
| Nach einem Treffen mit dem ZDF-Team entschuldigte sich der Dresdener | |
| Polizeipräsident. Grünen fordern dasselbe vom sächsichen | |
| Ministerpräsidenten Kretschmer. | |
| Fotograf über Polizei und Presse: „Was ist ihre Arbeit, was ist unsere?“ | |
| Groß ist der Aufschrei nach der Störung eines ZDF-Teams auf einer | |
| Pegida-Demo. Fotograf Christian Ditsch glaubt trotzdem nicht, dass sich | |
| etwas ändern wird. | |
| Neue Erkenntnisse zu Pöbel-Demonstrant: Hat LKAler Zugriff auf sensible Daten? | |
| Der Mann mit dem Deutschlandhut soll Zugang zu einer polizeilichen | |
| Datenbank über Straftäter haben. Verbindungen zur rechten Szene werden | |
| überprüft. | |
| Politiker über rechte Struktur in Sachsen: „Ein Spiegelbild der Gesellschaft… | |
| Auch bei Polizei und Justiz in Sachsen gebe es leider viel zu viele | |
| Anhänger von AfD und Pegida, sagt der Linkenpolitiker André Hahn. Die | |
| Politik sei gefragt. |