| # taz.de -- Wahlkampf im Kongo: Krieg ist viel schöner | |
| > Kongos Präsident Joseph Kabila tritt nicht zu den Wahlen an. Das deutet | |
| > auf andere Zukunftspläne. Die Gefahr neuer Kriege ist groß. | |
| Bild: Eingeengt: Emmanuel Ramazani Shadary winkt seinen Unterstützern aus dem … | |
| Kinshasa taz | Kongos Präsident Joseph Kabila hat einen Nachfolger | |
| designiert. Aber ob es wirklich Wahlen am 23. Dezember geben wird, ohne | |
| Kabila – das bleibt fraglich. Beobachter fürchten: Es wird Krieg geben. Und | |
| dieser Krieg wird Kabila an der Macht halten. | |
| Erst vor zwei Wochen hat der Präsident seine Armee reformiert. Er hat ihm | |
| ergebene Generäle befördert, um wichtige Regionen zu verteidigen: die | |
| Hauptstadt Kinshasa, den rohstoffreichen Osten, die Kupfer- und | |
| Kobaltprovinz Katanga. | |
| Die meisten dieser Generäle stehen seit Jahren wegen Kriegsverbrechen auf | |
| internationalen Sanktionslisten. Sie waren auf internationalen Druck in den | |
| Ruhestand geschickt worden. Jetzt hat Kabila sie zurückgeholt. | |
| Im Kongo gilt das Gegenteil des Spruches „Die Ratten verlassen das sinkende | |
| Schiff“. Die „Ratten“ auf den Sanktionslisten, die international gar nicht | |
| reisen können – die können das Schiff gar nicht verlassen. Sie werden | |
| Kabila auf dem Schiff bis aufs Messer verteidigen und ihn womöglich vor dem | |
| Untergang retten. | |
| Auch Kabilas Wunschnachfolger Emmanuel Ramazani Shadary steht auf der | |
| Sanktionsliste der EU und der USA. Auch er ist zum Verharren auf dem Schiff | |
| verdammt. Doch er gilt als schwache Persönlichkeit ohne eigene Machtbasis. | |
| Er hat auch keinen Einfluss auf das Militär – die wichtigste Machtsäule des | |
| Präsidenten. Als Präsident könnte Shadary seine Macht gar nicht ausspielen | |
| ohne Kabila im Hintergrund. | |
| ## Erstmal Pfründe erwirtschaften | |
| Die Generäle sitzen jetzt nicht auf ihren neuen Posten, um das Ende des | |
| Regimes einzuläuten und dann unter einem neuen Präsidenten womöglich wieder | |
| abgesetzt zu werden. Sie wollen jetzt erst einmal ihre Pfründen | |
| erwirtschaften. | |
| Dazu benötigen sie einen Krieg, damit die Gelder in ihre Richtung fließen. | |
| Das ist die grundlegende Logik des Systems Kabila. | |
| Es gibt Gerüchte, dass einige dieser Generäle derzeit durch die Wälder | |
| Ostkongos tingeln. Dort tummeln sich laut UN-Angaben bis zu 150 Milizen – | |
| ein enormes Chaospotenzial. Diese Milizen werden jetzt von Kinshasa gezielt | |
| aufgerüstet, um Chaos anzuzetteln. | |
| Dann kann Kabila seine Armee zum Marsch blasen, um wieder „Ordnung“ zu | |
| schaffen. Und solange das Land sich im Kriegszustand befindet, muss er laut | |
| Verfassung keine Wahlen abhalten. | |
| ## FDLR greift wieder Ruanda an | |
| Eine dieser Milizen ist die ruandische Hutu-Miliz FDLR (Demokratische | |
| Kräfte zur Befreiung Ruandas). Sie wird jetzt neu aufgerüstet. Erst vor | |
| wenigen Tagen hat sie vom Kongo aus erneut einen Angriff auf Ruanda | |
| gestartet. | |
| Das wird sich Ruandas Regierung nicht lange gefallen lassen. Ruanda hat das | |
| Potenzial, im Kongo Krieg anzuzetteln. | |
| Dazu passt, dass Kongos Oppositionsführer Moise Katumbi, der gar nicht erst | |
| ins Land gelassen wurde, um seine Kandidatur einzureichen, sauer ist. Schon | |
| zu Beginn des Jahres knüpfte er Kontakte nach Ruanda und suchte Kontakt zur | |
| einstigen kongolesischen Tutsi-Rebellion M23 (Bewegung des 23. März), die | |
| sich jetzt wieder entlang der ruandischen Grenze in Ostkongos Bergen | |
| eingenistet hat. | |
| M23-General Sultani Makenga sucht gerade Waffen. Er hat Kontakt zu Katumbi. | |
| Der könnte der M23 Waffen finanzieren, wenn diese ihm die Rückkehr in den | |
| Kongo ermöglicht. | |
| ## Jeder braucht ein Pferd im Rennen | |
| Jean-Pierre Bemba von der Oppositionspartei MLC (Kongolesische | |
| Befreiungsbewegung) spielt ebenfalls gern die militärische Karte. Er hat | |
| bereits 1998 bis 2003 gegen Kabila gekämpft. Damals bauten ihm Ugandas | |
| Generäle seine Rebellenarmee auf. | |
| Bembas Freundschaft mit Ugandas Präsident Yoweri Museveni hält bis heute. | |
| Auch Museveni hätte gern im Kongo wieder ein Pferd im Rennen. Sollte Bemba | |
| demnächst in Uganda um Unterstützung bitten, wird diese ihm sicher nicht | |
| verwehrt. | |
| Krieg ist im Kongo stets ein einfaches Mittel, schnell Macht zu generieren | |
| – einfacher als der politische Zirkus von Wahlen und Wahlkampf. | |
| Im Krieg muss man nicht um Wähler werben, im Gegenteil: Da kann man sich | |
| über die Interessen des Volkes hinwegsetzen. Das ist das Spiel, das Kabila | |
| und seine Gegner beherrschen. | |
| 10 Aug 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schlindwein | |
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