# taz.de -- Künstlergruppe besetzt Bürgersteig: Kunstaktion gegen Verdrängung | |
> Die Künstlergruppe LA 54 protestiert in Friedrichshain mit einem | |
> Protestcamp gegen Nichteinhalten von Abmachungen. Es geht um eine | |
> ehemalige Brauerei. | |
Bild: Das Künstlerkollektiv LA54 macht mit der Roten-Block-Kolonie auf den Lee… | |
Fünf rote Blöcke und ein paar Meter Bürgersteig – mehr braucht es nicht f�… | |
das symbolische Exil der Künstlergruppe LA 54. Vor den Toren der | |
zerfallenden Brauerei-Ruine in Friedrichshain haben sie die „Rote Block | |
Kolonie“ errichtet – ein Protestcamp, mit dem sie auf jahrelangen Leerstand | |
und nicht eingehaltene Abmachungen aufmerksam machen wollen. | |
Seit 10 Tagen besetzen die Aktivisten den Bürgersteig vor ihrem ehemaligen | |
Arbeits- und Ausstellungsort in der Landsberger Allee 54. Das Protestcamp | |
besteht aus fünf begehbaren Stahlwürfeln, die Schlafplätze, ein Büro, | |
Küche, Bad und sogar eine kleine Galerie beherbergen. Für die Aktivisten | |
ist die Kolonie eine symbolische Wiederaneignung kreativen Raumes, welcher | |
durch das Profitstreben der Investoren in der Stadt verloren geht. Die | |
auffälligen roten Blöcke machen den Konflikt sichtbar, der seit Jahren um | |
das brachliegende Gelände schwelt: Investoren wollen Gewerbefläche; | |
Kreative und Bezirk kulturelle Freiräume. | |
Mitinitiator und Kollektivmitglied Gustav Kleinschmidt würde das Gelände | |
gerne wieder nutzen: „wir wollen ein offenes, sozialkritisches Kunstzentrum | |
am Puls der Zeit“. Ein Ausstellungsraum, mehrere Ateliers, Platz für | |
Workshops und Filminstallationen sollen auf einem Teil des 3.000m² großen | |
Areals entstehen, das das Kollektiv bereits von 2006 bis 2012 als Arbeits- | |
und Veranstaltungsort nutzte. | |
Kleinschmidt formuliert dabei keine Wunschträume, sondern beharrt auf einer | |
Einigung, die bereits 2014 zwischen Eigentümer, Bezirk und | |
Künstlerkollektiv getroffen worden ist. Nach langwierigen Verhandlungen sah | |
der gemeinsam entwickelte Bebauungsplan unter anderem Sozialwohnungen, eine | |
Kita und eine Restfläche von rund 500m² für die Künstler vor. Die | |
Bezirksverordnetenversammlung bewilligte das Vorhaben. Der Vertrag sah eine | |
Nutzung von 10 Jahren zum Betriebskostenpreis durch das Kollektiv vor. Laut | |
Kleinschmidt gab es vom damaligen Eigentümer eine mündliche Zusage. | |
## Eigentümer hält sich bedeckt | |
Doch zu einem offiziellen Vertragsabschluss kam es nie; auf dem Gelände | |
passierte jahrelang nichts. Dafür wechselten die Eigentümer umso häufiger, | |
laut Handelsregister zuletzt im Juli. Wie schon ihre beiden Vorgänger, ist | |
die aktuelle Geschäftsführerin weder telefonisch noch per Mail zu | |
erreichen, jegliche Kontaktversuche seitens der KünstlerInnen scheitern. | |
Auch alle Anfragen der taz bleiben unbeantwortet. „Wir finden es legal | |
grenzwertig, vor allem stellt es aber einen Vertrauensbruch gegenüber der | |
Öffentlichkeit dar“, bewertet Kleinschmidt das Verhalten des Eigentümers. | |
Das Kollektiv drängt auf eine Einigung, zumal der Bezirk verlauten ließ, | |
dass der Bebauungsplan von 2014 wieder verworfen wurde: „die letzte | |
Information ist, das der Eigentümer zum alten Bebauungsplan zurückkehrt“, | |
heißt es aus der Pressestelle der Kulturstadträtin Clara Herrmann. Der neue | |
alte Plan sieht eine überwiegend gewerbliche Nutzung des Geländes vor. | |
Kleinschmidt vermutet Kalkül seitens der Eigentümer: „die Rendite für eine | |
gewerbliche Vermietung ist höher, deswegen die Umplanung. Man will uns | |
hinhalten und am liebsten ganz raushaben.“ | |
Am Freitagabend läuft die Duldung für das Protestcamp aus, dann muss der | |
Bürgersteig geräumt sein. Das Kollektiv gibt sich kämpferisch: „Wir | |
besetzen diesen Ort, bis wir eine Antwort des Eigentümers kriegen!“ | |
3 Aug 2018 | |
## AUTOREN | |
Jonas Wahmkow | |
## TAGS | |
Verdrängung | |
Gentrifizierung | |
Besetzung | |
Aktionskunst | |
Neues Bauen | |
Stadtplanung | |
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin | |
Investor | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wohnungsbau auf einem Friedhof: Früher war das alles unmöglich | |
In der Prenzlauer Allee 7 gehen Kirche und Baugruppe neue Wege. Das | |
Grundstück auf dem Gottesacker wurde nur minimal bebaut und lässt viel Raum | |
für Gärten. | |
Dialogwerkstatt fürs RAW-Gelände: Weichen für die Zukunft | |
Partymeile, Kulturstandort, Investorenträume: auf dem RAW-Gelände in | |
Friedrichshain werden die unterschiedlichen Interessen neu geordnet. | |
Kreuzberger Mischung gefährdet: Kreativer Protest gegen Hausverkauf | |
MieterInnen eines Eckhauses in Kreuzberg wehren sich gegen den Verkauf | |
ihres unsaniertes Hauses. Es ging bei einer Versteigerung an einen anonymen | |
Käufer. | |
Protest gegen Verdrängung in Berlin: Roter Block für die Kunst | |
Künstler*innen in Friedrichshain kämpfen um Ateliers in einer Ex-Brauerei. | |
Mit einer Aktion suchen sie Aufmerksamkeit – und Kontakt zum Besitzer. |