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# taz.de -- Schwimm-EM in Glasgow: Freiwassertest für Olympia
> Der beste deutsche EM-Schwimmer, Florian Wellbrock, startet im
> Freigewässer. Henning Lambertz, Cheftrainer der Beckenschwimmer,
> missfällt das.
Bild: Entschlossen: Florian Wellbrock strebt drinnen und draußen nach olympisc…
Loch Lomond taz | Stefan Lurz steht am Ufer des Loch Lomond, schiebt mit
dem Fuß vorsichtig einen Stein zur Seite und spricht über Florian
Wellbrock. Der 20-Jährige vom SC Magdeburg ist neuerdings die große Nummer
im deutschen Schwimmsport – im Becken, aber auch im freien Gewässer.
Deshalb geht Lurz nun gezielt in die Offensive, der Bundestrainer der
Open-Water-Abteilung sagt: „Mich würde es richtig freuen, wenn er bei
Olympia beides schwimmen würde.“
Der mögliche Doppelstart von Wellbrock in Tokio ist ein sensibles Thema
unter den verantwortlichen Trainern. Bei der WM im Vorjahr etwa war der
schlanke Langstreckenspezialist sowohl für die Wettbewerbe im Pool wie auch
für die der Freiwasserschwimmer im Plattensee qualifiziert. Dort sollte der
gebürtige Bremer über die fünf Kilometer starten, Chefbundestrainer Henning
Lambertz jedoch erhob Einspruch – die Vorbereitung auf die Beckenrennen
solle nicht gestört werden.
„Ich war ein bisschen enttäuscht, aber ich musste mich damit abfinden“,
kommentierte Wellbrock seine Rolle als verbandsinterner Zankapfel damals.
Jetzt hingegen darf er sich nach Gold und Bronze über 1.500 und 800 Meter
auf einen Start im Loch Lomond freuen. Am Samstag um 11 Uhr Ortszeit ist es
so weit, dann springen die gemischten Mannschaften in Schottlands größten
und nach der vorherrschenden Meinung auch schönsten See.
## Besonderer Reiz
Wellbrock soll im DSV-Quartett die letzten 1,25 Kilometer schwimmen. Wobei
der Termin 25 Kilometer nordwestlich von Glasgow für ihn einen ganz
besonderen Reiz hat – weil unter anderem seine Freundin Sarah Köhler mit
ihm um die Medaillen krault. Auf dem Siegerpodest gemeinsam in die Kameras
zu lächeln, das wäre für das Paar und seine Mitstreiter Leonie Beck und
Sören Meißner ein charmantes Extra bei dieser EM. Doch speziell für
Wellbrock ist das Rennen auch ein erster kleiner Test für einen möglichen
olympischen Doppeleinsatz 2020.
Henning Lambertz öffnet sich der Idee inzwischen so weit, dass er für die
WM im nächsten Jahr im südkoreanischen Gwangju bereits grünes Licht gab.
„Eigentlich klappt das mit dem Doppelstart bei kaum jemandem – aber wir
wissen ja nicht, ob’s bei Florian auch nicht klappt“, erläutert der
47-Jährige seine Abmachung mit Stefan Lurz und Wellbrocks Heimtrainer Bernd
Berkhahn. Denn: „Wir können ja nicht, ohne dass wir ihm jemals erlaubt
haben, es auszuprobieren, so ein pauschales Urteil fällen. Deshalb soll und
darf er das im nächsten Jahr versuchen.“
Ein kleines Risiko sei mit im Spiel, erwähnt Lambertz noch. „Aber Bernd
Berkhahn ist der Meinung, dass er das kann. Dem Urteil schließe ich mich
natürlich an – und dann müssen wir hoffen, dass er es wirklich kann.
Ansonsten haben wir ein Jahr vor Olympia zumindest die Erkenntnis, dass es
auch bei ihm nicht geht.“
Lambertz’ Skepsis ist nicht zu überhören, Bundestrainerkollege Lurz klingt
da deutlich zuversichtlicher. „Florian Wellbrock ist sehr clever im
Freiwasser, positioniert sich sehr geschickt und teilt sich seine Kraft gut
ein. Er ist eine Klasse für sich und definitiv ein Medaillenanwärter für
2020“, betont der Chef der Freiwasserschwimmer. Inhaltlich unterstützt von
Heimcoach Berkhahn, der ähnlich offensiv argumentiert: „Er soll ja nicht
nur im Becken, sondern auch im Freiwasser etwas präsentieren. Da hat er
eine große Perspektive für die nächsten Jahre.“
Mit Blick auf die Tokio-Spiele spricht für den Doppelplan, dass die
olympischen zehn Kilometer dort nach Abschluss der Beckenwettbewerbe
terminiert sind. „Bei dieser Reihenfolge habe ich damit nicht so große
Probleme“, lächelt Chefbundestrainer Lambertz – und macht Wellbrocks groß…
Sportlertraum damit noch etwas weiter.
Die Spiele von Rio waren für Deutschlands neuen Schwimmstar eine riesige
Enttäuschung, er schied als abgeschlagener Letzter seines Vorlaufs sang-
und klanglos aus. „Kläglich gescheitert“, rekapituliert Wellbrock – und
richtet nun seine ganze Aufmerksamkeit entschlossen Richtung Japan. In
Brasilien sei er unter dem Druck ein bisschen zusammengebrochen, habe aber
auch sehr viel Positives mitgenommen, betont er. Diese These hat Florian
Wellbrock in Glasgow eindrucksvoll untermauert, nun beschäftigt er sich
äußerst intensiv mit der Zukunft: „Überall diese olympischen Ringe zu sehen
– dafür stehe ich jeden Tag auf und arbeite.“
11 Aug 2018
## AUTOREN
Andreas Morbach
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DSV
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